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Weltoffen

Empfängt man sie mit offnen Armen,
zeigt man die Zähne ihnen eh’r?
Die einen haben wohl Erbarmen,
die andern stelln sich lieber quer.

Wenn Menschen aus der Heimat fliehen,
weil Krieg und Elend ihnen reicht,
sie haben’s selbst, wenn nicht verschrien,
auf fremdem Boden niemals leicht.

Auch wenn da Milch und Honig fließen
und keiner mit der Knarre knallt,
ihr ganzes Hab und Gut sie ließen
und finden neues nicht so bald.

Statt der geliebten Möbelstücke
sie kaltes Mauerwerk umhüllt,
das fast bis auf die letzte Lücke
mit Spind und Pritsche angefüllt.

An ihrem Gastland zwar gemessen
lebt es sich nun in großer Not,
ein schönes Märchen weiß indessen:
noch immer besser als der Tod.

Und dessen künft’ge Musikanten,
Esel und Katze, Hund und Hahn,
sie hatten es ja mit Briganten
zu tun auf ihrer Lebensbahn.

Ein Flüchtling aber mit Faktoten
von meist geringem Feingefühl,
die oft bereit, ihn auszubooten
aus seinem sicheren Asyl.

Allein schon die Formalitäten!
Zig Stunden fürn Behördengang!
Der auch noch zeigt, dass ungebeten,
wer über ihre Schwelle drang!

Wie leicht kann da es nicht passieren
(ein Nachweis fehlt!) zum bösen Schluss,
dass noch einmal antichambrieren
wer ewig und drei Tage muss!

Enttäuschung. Wut. Und sogar Tränen.
Man kann sich anders ja nicht wehrn.
Indes sich höchst bedeutsam wähnen
Beamte, wenn sie wen belehrn.

Die schön verbriefte Menschenwürde
steht auf geduldigem Papier –
wie dumme Schafe in der Hürde
blökt oft man an „Petenten“ hier.

Da fragt sich mancher noch betroffen,
woher der Fremdenhass denn stammt –
den vielen, die auf Hilfe hoffen,
begegnet er schon auf dem Amt!

Sofern wir kritisch dies bedenken,
fällt uns die Antwort nicht mehr schwer.
Wohin wir auch den Riecher schwenken:
Der Fisch, er stinkt vom Kopfe her.

 

Papiergeschäfte

Am liebsten würde man sich drücken.
Man schleppt sich so den Weg entlang.
Gezwungen. Nicht aus freien Stücken.
Ein Montag. Und Behördengang.

Den Stier gleich bei den Hörnern packen,
sonst wird auch morgen es nichts mehr!
Obwohl mir sogar Holz zu hacken
im Augenblick willkommner wär.

Erst schmorst du da in aller Regel
in ‘nem Kabuff, das überfüllt,
und stierst dir auf die Fingernägel,
bis deine Nummer durchgebrüllt.

Dann hockst du da ‘ne ganze Weile
vor einem, der im Dienst ergraut
und ohne sonderliche Eile
das Zeugnis, „beigebracht“, beschaut.

Um dann nach etlichen Bedenken,
bei denen dir das Blut gefriert,
die höchste Gnade dir zu schenken –
‘nen Wisch, besiegelt und signiert.

Wie schwebst du dann auf frischen Schwingen
erleichtert deiner Bleibe zu,
da dir im Kopf die Worte klingen:
Vom Eise ist, vom Eis die Kuh!

Das kann man auch ganz anders haben.
Ich kenn da so ‘ne Art Kanzlei,
die geizt nicht grad mit Liebesgaben,
und das fürn Appel und ‘n Ei.

Hilft dir im Dschungel von Papieren,
in dem du heillos dich verirrt,
dich wieder gut zu orientieren,
indem das Dickicht sie entwirrt.

Auch tritt kein Griesgram dir entgegen,
der, seiner Amtsgewalt bewusst,
sich mit verbalen Nackenschlägen
entschädigt fürn Befördrungsfrust.

Als König Kunde stets empfangen,
wirst du auch fürstlich stets bedient
und musst um den Erfolg nicht bangen,
in Demut vor ‘nem Büttel kniend.

Gerade erst vor ein paar Tagen
bin ich da wieder reingeschneit
und kriegt‘ auf kniffelige Fragen
im Handumdrehn auch schon Bescheid.

So wär denn, dachte ich zufrieden,
auch dieser heikle Punkt geklärt
und bin aus dem Büro geschieden
als einer, der’s nicht gern entbehrt.

Ich kann es euch nur warm empfehlen,
die Groll ihr gegen Ämter hegt,
will auch die Anschrift nicht verhehlen –
Moment, Moment … o Schreck, verlegt!