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Verse schmieden

verse-schmieden-adrien-gaudezSo hin und wieder mache ich Gedichte,
gereimtes Zeug zu Themen aller Art,
sei’s ein Ereignis aus der Weltgeschichte,
sei’s ein Kuriosum aus der Gegenwart.

Daran wird es mir schwerlich jemals fehlen,
passiert ja ohnehin im Grund zu viel,
muss möglichst nur die rechten Worte wählen
und auf Grammatik achten und auf Stil.

Der Rest geht sozusagen von alleine.
Ich brüte auf den Versen nicht herum.
Die Fantasie macht meinen Fingern Beine –
die laufen quasi sich die Knöchel krumm.

Doch wird am Ende sich ihr Einsatz lohnen,
wird Kunst man lesen aus dem Zeilengut –
geschicktes Handwerk nicht des Epigonen,
den Troubadour von eignem Fleisch und Blut?

Doch etwas wagen heißt‘s nicht auch was hoffen?
Ich tät’s nicht, wär ich meiner nicht gewiss.
Bei einem Stück, gut, sei das Urteil offen,
für alle fürcht ich keinerlei Verriss.

(Was da durch Fibeln und Gazetten geistert
als unsre mustergült‘ge Poesie,
sind häufig Verse, mäßig nur bemeistert
und voller Bilder trend‘ger Fantasie.)

Ist nicht mein Ding, zu pusseln und polieren,
wie’s weiland so ein Arbiter empfahl.
Soll seinen Rat sich in die Haare schmieren,
nichts Glattes will ich, Herrgott noch einmal!

Der erste Funke, soll er doch so bleiben,
wie glücklich er entsprungen dem Gehirn.
Ich will mir ja was von der Seele schreiben
und wen‘ger von der kühlen Denkerstirn.

Kann auch für die Ästhetik mich entzünden
der Meister, die dem Buddha sich geweiht,
im schönsten Kunstwerk pflege zu begründen
ein kleiner Makel die Vollkommenheit.

Drum will ich auch der Mängel mich nicht schämen,
solang die Musen nicht ihr Haupt verhülln,
und ab und zu mir nur die Freiheit nehmen,
den Kokolores in den Korb zu knülln.

Ach, ist der Winterabend angebrochen?
Ein blasser Mond verschwimmt am Firmament.
Ich dichte viel in diesen Weihnachtswochen,
denn stiller geht die Zeit, die immer rennt.

Auf der Küchenbank

auf-der-kuechenban-hendrik-terbrugghenSo wie ich’s, einz’ge Les‘rin, dir versprochen,
bring wieder Ernstes ich hier aufs Tapet.
Was hälst du etwa von den Diadochen,
Karthagos Fall und Nero als Poet?

Das träf den Nagel auf den Kopf mitnichten?
Dir graut’s vor so was wie Geschichte gar?
Vor Fakten, die zu Zahlen sich verdichten
als unentwegter Schlachten Jammerjahr?

Versteh, versteh. Es soll an mir nicht liegen,
hab schließlich auch noch andre Themen drauf.
Was Biologisches gefällig: Fliegen?
Lass ich für sie den Worten freien Lauf?

Da seh ich wieder dich die Mähne schütteln
und wie’s im Auge widerwillig blitzt:
Du lässt nicht an der Überzeugung rütteln,
dass so ein Brummer keinen Charme besitzt.

Liegt’s an dem Tierchen nur, dem naseweisen,
das uns mit seinen Kapriolen narrt
und seinem planlos unerschrocknen Kreisen
auf des Instinkts verbrieftem Recht beharrt?

Ich kann’s dir auch ‘ne Nummer größer bieten –
willst etwa von den Bestien du hörn,
von Meister Nobel und den Katz-Eliten,
erklärten Feinden von Spinat und Möhrn?

Daneben! Wieder nicht den Punkt getroffen.
Ich seh’s dir, Les‘rin, an der Nase an.
Für Zoologisches bist du nicht offen,
sei’s in der Stube, sei’s in der Savann.

Doch bin ich, der in mancherlei beschlagen,
auch von Physik nicht völlig unbeleckt;
ein Verslein über diese Kunst zu wagen,
wär nichts, was meine spitze Feder schreckt.

Erzähl ich dir von Keplers Geistesblitzen,
die uns erleuchtet der Planeten Bahn,
dass sie elliptisch um die Sonne flitzen,
Gesetzen folgend, ewig und profan?

Soll ich auf Newton einen Hymnus singen,
der gleichfalls Wundersames offenbart –
dass bei den zig zig körperlichen Dingen
die Attraktion sich mit der Masse paart?

Du wendest, einz’ge Les‘rin, dich mit Grausen,
pfeifst auf den strengen Kodex der Natur?
Dein Recht. Indes soll mich der Affe lausen,
weiß ich nicht anderweitig Remedur.

Schon immer machte mich die Heilkunst schwärmen,
die unsre Leiden lindert und behebt,
die Kenntnis von Gefäßen und Gedärmen
und allem, was intern so in uns lebt.

(Damit sie läuft, die flotte Limousine,
muss man die Haube lüften dann und wann,
damit man hier, im Herzen der Maschine,
des Ganzen Wohl und Wehe prüfen kann.)

Da liegst du eines Tages siech zu Bette
und fühlst dich grad so elend wie ein Hund.
Mit matter Hand ergreifst du die Tablette
und schluck!, bist du schon wieder kerngesund!

Dies scheint dir größre Neugier zu entlocken,
doch ist noch immer nicht das A und O.
Da heißt es weitermachen unerschrocken,
bis du der Verse endlich rundum froh.

Chemie? Um faustisch Antwort dir zu geben,
was diesen ganzen Sums zusammenhält?
Den Teppich aus Atomen nachzuweben
zum bunten, lückenlosen Bild der Welt?

Ein schwerer Kern, umschwirrt von Elektronen,
geladen beides, doch im Gegensinn,
ihr schöner Bund besiegelt von Photonen
und andren Wichten, geisterhaft, mit Spin?

Du bist so ehrlich, mir nicht zu verhehlen,
dass dir auch dieses Genre nicht gefällt
und eher solche Dinge für dich zählen,
dern Dasein bloßes Tageslicht erhellt.

Nun sieh mich doch an meine Grenze kommen:
Was tun, wenn alle Wissenschaft versagt?
Verzeih, gehörst du etwa zu den Frommen,
die auch poetisch auf Erlösungsjagd?

Erwartest du, dass ich in Göttersphären
auf Schwingen süßer Hymnen dich entführ,
die Hoffnung auf ein Paradies zu nähren
mit Petrus an der goldnen Flügeltür?

Mit Engeln, die auf ewig Harfe zupfen,
unnahbar nonnenhaft in Weiß gehüllt,
da Lämmer mannagleiche Gräser rupfen
und unser Münchner Halleluja brüllt?

Bist du des Ostens Weisheit gar erlegen
und wandelst Buddhas achtfach rechten Pfad,
dem Wolln und Wirken unsrer Welt entgegen
und zum Nirwana mit dem besten Draht?

Ach, welcher Unsinn wär es zu vermuten,
dass dir Erbauliches am liebsten wär!
Hätt’s dich denn sonst in meinen Versefluten
so sicher fortgetrieben bis hierher?

Mein Geist, verzweifelt ringt er nun die Hände,
will wissen, was dich bei der Stange hielt –
indes das Auge träge streift die Wände
der Küche, wo ja diese Leier spielt!

Du lächelst! Oh, was bin ich blöd gewesen
(wofern nicht aus Bescheidenheit gar blind)!
Gern sollst du wieder Neues von ihr lesen –
ich hol nur noch ein frisches Blatt geschwind.

Heilslehrer

Heilslehrer1Na, kommt doch schneller durch die Schranken,
die meinem Brägen vorgebaut,
und naht euch zügig den Gedanken,
die wundersam er schon geschaut!

Ihr glaubt, dass sie den euren gleichen?
Ein Holzweg, wertes Publikum!
Da eure in der Gosse schleichen,
weiln meine im Elysium!

So hat er wörtlich nicht gesprochen,
der Bursche, der mich fast geschafft,
als heut ich meine müden Knochen
zu einem Ausflug aufgerafft.

Doch sinngemäß – wenn ich bedenke,
was er da so vom Stapel ließ
am sonn’gen Plätzchen vor der Schänke,
wo unversehns er zu mir stieß.

Ich sag mal: Hippie alter Schule,
der die Verspießerung verschlief –
und voll noch hatte auf der Spule
den ganzen Esoterik-Mief.

Kaum dass ich nur ‘ne halbe Stunde
dem Guru höflich zugehört,
hat er mit Kreuz- und Karma-Kunde
mich hirschgerecht schon vollgeröhrt.

Den ganzen Katalog der Weisen,
den die Geschichte uns tradiert,
ließ flink er auf der Zunge kreisen
wie wer mit Bällen rumjongliert

So von der Rechten in die Linke
und vice versa unverwandt,
dass Christ und Buddha sich die Klinke
mit Laotse gaben in die Hand.

In gleicher Weise hielt vom Leben
er nach dem Tod nicht hinterm Berg,
dass mit der Seele Weiterschweben
er mir die weichen Knie stärk.

Klar, dass die Götter, die uns lieben,
behütend uns von früh bis spät,
die Speisen uns auch vorgeschrieben,
uns zu erlösen per Diät.

Und auch beim Kampfe, den Dämonen
mit Engeln fechten um die Welt,
würden sie reichlich den belohnen,
der’s mit den guten Geistern hält.

Warum ihn so viel Weisheit ziere
nebst Heilungskraft bei Knochenbruch?
Weil er in Höhlen meditiere
und lauschend auf der Erde Spruch!

Nun, so ein Lehrer oder Heiler
lebt sicher komfortabel hier
und hat im nächstgelegnen Weiler
gewiss ein himmlisches Quartier.

Ich frag: ‘ne Finca seine Bleibe,
in der er nur als Wächter wohnt,
dass dreiste Diebe er vertreibe,
für die das Gartenobst sich lohnt.

Hat er nicht unter Mangoblüten
sein Domizil geschickt gewählt,
um in der Stille auszubrüten,
was seiner Weisheit wohl noch fehlt?