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Erfrischung erwünscht

erfrischung-erwuenschtWeit offen steht die Pforte zum Balkone,
die Zephir gastlich einzutreten lädt,
doch „Pustekuchen“ denkt sich die Zyklone
und dass – August! – ein andrer Wind nun weht.

Sprich: keiner. Lastet doch seit vielen Tagen
wie Brei-Extrakt ‘ne Schwüle auf der Stadt,
um jeden Windhauch aus dem Feld zu schlagen,
der keinen Sinn für diese Suppe hat.

Tagsüber sucht in ungezählten Bächen
der Schweiß am ganzen Leibe sich sein Bett
und fleckt das Hemd dir überall mit Flächen,
die von der Feuchte glänzen wie von Fett.

Und nachts umspülen dich die lauen Schwaden
und treiben in den Kissen dich herum,
um dich in warmem Morgentau zu baden,
vollendend deines Schlafs Martyrium.

Charybdis hier und Scylla da vor Augen,
kurvt meine Feder fieberhaft bewegt,
indes umwabert von den Lüftelaugen
das Blatt Papier schon leichte Wellen schlägt.

Von draußen höre ich nur Menschenlaute,
kein einz‘ger Vogel meldet sich zu Wort.
Null Bock auf Flug gewiss bei dieser Flaute,
trug’s sie in schattenreiche Nester fort.

Doch ich kann meinem Käfig nicht entkommen,
mir Kühle zu verschaffen irgendwo,
die Arbeit hat mich in die Pflicht genommen,
der Wecker jagt mich pünktlich ins Büro.

(Willst, einz’ger Leser du, Mäzen zu gleichen,
mit Münzen wiegen mein bescheidnes Lied,
soll dieses stets zur Ehre dir gereichen,
wie jenem von Catull das und Ovid!)

Ein Lichtblick immerhin in laus’gen Zeiten,
da jeder gierig seine Schätze mehrt,
lässt sich zur Wohltat jemand noch verleiten,
die doch gewiss an seinem Säckel zehrt.

Doch sind Mäzene heut von solchem Schlage,
dass sie Projekte statt Personen wähln –
ein Opernhaus in bester Stimmenlage
kann eher auf ihr Spendenkonto zähln.

Da sie an Gut und Geld ihr Herz verloren,
sind sie auf Kunst nur marginal bedacht,
doch umso fester darum eingeschworen
auf das, was dabei groß Furore macht.

Pardon, dass ich ein wenig abgewichen
und dummerweise mich noch mehr erhitzt.
Zwar litt ich niemals unter Sonnenstichen,
doch hab auch nie so höllisch ich geschwitzt.

Ich schau mich also um in meiner Klause,
gewiss, sie müsse nass und dampfend sein,
und seh doch unverändert dies Zuhause
im alten traulich-trüben Lampenschein.

Die Leiden, die der Witterung entspringen,
den Kühlschrank lassen ohnehin sie kalt.
Mag auch die Glut in jeden Winkel dringen,
vor seiner Tür, der wucht‘gen, macht sie halt.

Das Radio wird es umgekehrt nicht stören,
wenn Wärme es im Übermaß umfließt:
Von Olim her gewöhnt an heiße Röhren,
ist eher zu vermuten: Es genießt.

Na, und die Heizung? Selbst dazu geboren,
dass ihre Wallung Wohlbefinden schenk,
wird die Kollegin sie von den Azoren
mit Freundlichkeit begrüßen statt Gezänk.

Vom Herd ist auch kein Mitleid zu erwarten,
da er doch selber feuriger Natur,
was all die Speisen, die darauf schon garten,
wohl schmerzlich würden uns bestät’gen nur.

So werd ich einsam sie ertragen müssen,
die Schwüle, wie das salz’ge Meer der Fels,
wenn fiebernd ich nach kühlen Regengüssen
mich schlaflos gleich in meinem Kissen wälz.