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Manager

Manager2Natürlich immer schick in Schale.
Die Wangen glatt und gut gebräunt.
Krawatte: strenge Vertikale.
Und sportlich fit. Kein Tabakfreund.

Daran gewöhnt, zu kommandieren.
Wo nötig, auch mal mit Gekläff.
Sein Hobby ist das Bilanzieren.
Man sieht: Von Kopf bis Fuß ein Chef.

Dass, spitze er an Rang und Gage,
auch baulich stets am höchsten hock,
liegt seine Residenzetage
dem Himmel nah im letzten Stock.

Und näher auch den Göttersphären
als dem Portier und dem Pedell
und all den Klammern, Heftern, Scheren
vom unteren Gehaltsmodell.

Wer’s wagt indessen vorzudringen
bis an den heiligen Bezirk,
muss erst die Sekretärin zwingen,
dass Audienz sie ihm erwirk.

Da kann man allerdings verschimmeln.
Denn darauf ist sie ja geeicht,
zunächst mal alles abzuwimmeln:
„Nicht heut, nicht morgen. Doch vielleicht…“

So weiß den Nimbus er zu wahren.
So hält er alle auf Distanz.
Im Äther thront er hoch, im klaren.
Und unter ihm der Rattenschwanz.

Büro, gewiss, mit Großraummaßen.
Gestühl und Schreibtisch exquisit –
was Gästen, die da schon mal saßen,
gediegenen Geschmack verriet.

(Und weil ein solcher Wirtschaftsführer
nicht wie’n Banause haust im Loch,
hängt da die „Sternennacht“ von Dürer
sowie der „Hase“ von van Gogh.)

Versteht sich aufs Repräsentieren.
Füllt Räume, wo er geht und steht.
Wird nie den Überblick verlieren.
Geborene Autorität.

Im Wellenschlag bewegter Zeiten
wie’n Kapitän auf seinem Schiff.
Die Kurse lässt er nicht entgleiten –
er hat den Laden fest im Griff.

Und wie der Alte auf der Brücke
bestimmt er seiner Crew Geschick:
den einen zum Beförd’rungsglücke,
den andern zum Karriereknick.

Wie’n Gott kann schalten er und walten.
Die Firma macht vor ihm Kotau.
Kritik nur heimlich und verhalten.
(Erlaubt nur der Vorzimmerfrau.)

Lässt sich im Leben mehr erwerben
als Status, Kompetenz, Respekt
und Wohlstand, den man seinen Erben
als Bonus in die Wiege steckt?

Wie lange hat er sich geschunden,
bis er auf diesem Gipfel stand –
und manchmal auch verflucht die Stunden,
da er so hoch sich einsam fand!

Und schaut in seltnen Augenblicken
er fragend auf die Lebensuhr,
dann zeigt sich, dass in ihrem Ticken
zerrann auch seiner Jahre Spur.

Erfolg, die Leib- und Magenspeise,
die ihm die Schinderei gewürzt,
was nützt er auf der letzten Reise,
wenn’s Kartenhaus zusammenstürzt?

Zu spät, um noch Bilanz zu ziehen
für eine Revision zur Not.
Bald lässt der wahre Boss ihn knien:
im Souterrain der Tod.