Das schöne Recht, zu demonstrieren,
wie’s im Gesetz ja Fuß gefasst,
hab nie genutzt ich, zu forcieren
Kritik an dem, was mir nicht passt.
Nicht dass mir alles nur gefiele,
ich seh schon, wo es hakt und hinkt,
doch auch dass zum ersehnen Ziele
mein eigner stiller Pfad mich bringt.
Ich kann mich nicht so hell empören,
dass es mich aus dem Häuschen trägt,
lass gerne meine Stimme hören,
sofern sie sich nicht überschlägt.
Und auch soldatisch vorzurücken
in breiter Front mit Schulterschluss
kann mich nicht sonderlich entzücken,
weil ich mich frei bewegen muss.
Womöglich noch mit ‘nem Plakate,
wie‘s hoch man in den Himmel hält,
dass wie Fronleichnam die Oblate
es allen in die Augen fällt!
Indes die Arme dir erlahmen
und heisrer deine Kehle schallt,
siehst nach dem Knüppel du schon kramen
die kampfbereite Staatsgewalt.
Ein Feigling also, eine Memme,
die vor der Obrigkeit sich duckt
und, bringt sie auch nur in die Klemme,
geduldig jede Pille schluckt?
Ich weiß, dass mit den Füßen scharren
schon glatter manchen Weg gemacht,
doch die auch, die zu Hause harren,
oft fälschlich unter Fluchtverdacht.
Denn jeder macht’s auf seine Weise.
Die Stiefel ich nicht gerne schnür,
ich protestiere lieber leise
durch die private Hintertür.
Halt mit Kritik nicht hinterm Berge –
vertraue sie der Feder an,
dass jeder Schnüffler, jeder Scherge
sie unverhohlen lesen kann.
Jetzt könnt ich manchen lächeln sehen:
Was ist das gegen Demos schon?
Die Menschenmenge! Fahnen wehen!
Parolen via Megafon!
Na klar, das muss man ihnen lassen:
Es klingt ihr Echo weit und breit
direkt ins Ohr der großen Massen.
Verbeugung ohne Dichterneid!
Könnt dem Poeten auch gelingen,
sofern er’s mit der Stimme Kraft,
selbst tote Steine zu bezwingen,
wie einst der Sänger Orpheus schafft.
Oder, was auch ein Wunder wäre,
man riss ihm plötzlich aus der Hand,
was zu der Musen Ruhm und Ehre
geduldig er dem Hirn entwand.
Drum tret ich besser aus dem Schatten
und schreiend durch die Lande zieh:
Zuhauf, ihr müden Leseratten,
mehr Eifer für die Poesie!