Schlagwort-Archive: der lauteste Schreier gewinnt

Verlautbarungen

Aufmerksamkeit willst du erregen
mit Logik und Besonnenheit?
Dann lass dir mal die Karten legen:
Die kriegt nur, wer vernünftig schreit!

Besonders auf der großen Bühne,
auf der Politiker agiern,
wird wen’ger der Gedankenkühne
als der mit Stimme reüssiern.

Hab so ein Beispiel grad vor Augen
in einem fernen Nachbarland,
wo für das höchste Amt zu taugen
man so ‘ne Tröte just befand.

Den wählten nämlich da die meisten,
bezirzt von seinem Redeschwall,
um einen Gockel sich zu leisten,
der mächtig kräht von Fall zu Fall.

Ein ganzes Land darf er nun führen
für längre ungewisse Zeit
dank selbstgefäll‘ger Starallüren
und weil aus vollem Hals er schreit.

Für höchste Ämter braucht’s ja leider
kein Fähigkeitszertifikat:
Da fordert man von einem Schneider
schon mehr für einen Sonntagsstaat.

Jetzt thront er also himmeloben
und kann sich in sein Fäustchen freun,
um erst einmal sich auszutoben
mit Posten-unter-Freunde-Streun.

Bald aber melden sich Probleme,
die seiner klugen Lösung harrn,
auf dass er sich nicht nur bequeme,
sie in den Akten zu verscharrn.

Vollmundig wird er sie ergreifen,
wie er es vor der Wahl versprach,
die Ärmel zackig höherstreifen
und dann mit Schwung der Nase nach!

Ein Teilerfolg lässt ihn frohlocken:
Schaut her, mein erstes Meisterstück!
Doch bleibt er auf den Lorbeern hocken,
wie’s oft so geht: Anfängerglück.

Des Weitren keine Resultate
von größerer Bedeutsamkeit.
Schon wandelt er auf schmalem Grate,
weshalb er umso lauter schreit.

Das ganze Pulver ist verschossen.
Und er entlarvt als Bramarbas.
Schon tauchen tausend Zeitungsglossen
ihn in ihr schwarzes Tintenfass.

Die ersten Rufe, abzudanken.
Er tut, als ob er sie nicht hört.
Nichts lässt ihn in der Meinung schwanken,
dass alle Welt noch auf ihn schwört.

Und dann mit einem Mal das Ende.
Man hat die Nase von ihm voll.
Die Gegner reiben sich die Hände.
„Rücktritt um zehn“ laut Protokoll.

Natürlich fällt er auf die Füße.
Er ist ja nicht nur irgendwer.
Dass man den Abschied ihm versüße,
schafft man ihm noch ein Pöstchen her.

Das heißt, man schamlos sich erdreistet,
ihn mit ‘nem Traumjob zu versehn,
weil „gute Arbeit er geleistet“
(und warum musste er dann gehn?).

Jetzt rasch noch einen Neuen wählen,
um ihm des Staates Last zu leihn.
An Kandidaten wird‘s nicht fehlen –
der erste fängt schon an zu schrein!