Schlagwort-Archive: Engel

Nachklang

NachklangSoll ich euch einmal was verraten?
Komm grade aus dem Hospital,
wo unter Pilln und Apparaten
ich mich dem Äskulap empfahl

Der würdevoll mit grauen Ecken
persönlich sich ans Bett bemüht,
Vertraun und Ehrfurcht zu erwecken
beim Kranken, dem wer weiß was blüht.

In ruhig fließenden Sentenzen
aus unfehlbarem Göttermund
tat er der Krankheit Grund und Grenzen
und seinen schönen Heilsplan kund.

Den weisungsmäßig auszuführen
er seinem Hilfskorps überließ,
das wen’ger göttliche Allüren
als edlen Eifer mir bewies.

Ein ganzer Schwarm von Amoretten
umkreiste mich den ganzen Tag,
als ob sie nur den Auftrag hätten
mich zu erfreun, wie ich da lag.

Mit Instrumenten in den Händen,
die wunderlich wohl von Gestalt,
doch wussten sie sie zu verwenden
so meisterlich wie Putten halt.

Aus Gummi eins, das wie ‘ne Klette
an beiden Enden spitz und rau,
das schlang man mir wie ‘ne Manschette
um meines Armes Oberbau

Um lang an einer Schnur zu lauschen,
indes ich kunstverständig schwieg,
obwohl ich selbst nicht mal ein Rauschen
erhascht von seiner Sphär’nmusik.

Sie ließen immerhin mich wissen
der beiden Saiten Schwingungszahl,
dass in mein stilles Krankenkissen
die Ahnung eines Tons sich stahl.

Ein Röhrchen auch, aus Glas gegossen,
das vorne eine Nadel trug,
kam öfter auf mich zugeschossen
in seinem raschen Wespenflug

Und tauchte tief in eine Vene,
verweilend dort gedankenvoll,
bis ihm aus dieser Hippokrene
mein Dichterblut entgegenquoll.

Bisweilen ließen sie auch schwanken
‘ne Flasche hoch zu Häupten mir,
die, tropf, tropf, tropf, mir armem Kranken
im Takt verströmt ihr Elixier.

Es war ein wundersamer Reigen,
ganz einzigartig, ungeprahlt,
so wie die Hölle einst mit Geigen
der alte Meister Bosch gemalt.

Die liebsten, segensreichsten Wesen,
wie man nur im Spital sie sieht –
und doch, gerettet und genesen,
die einz’gen Engel, die man flieht!

 

Rund ums Fest

Rund ums FestMein Weihnachtsfest, wie soll ich sagen,
ist ohne Glanz und Gloria.
Mir reicht’s, die Zelte aufzuschlagen
wie stets der Krippe möglichst nah.

Werd also in der Küche hocken,
dass meine Fantasie sie nähr,
wenn in Sandalen (ohne Socken!)
ich Verse aus dem Bauch gebär.

Es bringt, um diese zu verehren,
kein König mir ‘ne Kostbarkeit,
doch werd vom Saft ich gerne zehren,
den willig mir die Rebe leiht.

Und da ich auf poet’schem Felde
der einz’ge Hirt wohl weit und breit,
erwarte ich auch nicht in Bälde
Besucher hier von dieser Seit.

Nicht einmal Freunde und Verwandte.
Nicht einmal Esel oder Ochs.
Doch bleib ich gerne der Verbannte,
der Eremit des dritten Stocks.

(‘nen Engel würd ich gern begrüßen,
der sich in meinen Stall verirrt
und gleichsam wie auf Freiersfüßen
beschwingt mir um die Ohren schwirrt.)

Ein Kerzlein ist ja stets zur Stelle,
beflackert heimelig den Raum
und dient mir mit bescheidner Helle
als ausgemachter Weihnachtsbaum.

Und blicke ich aus meinem Koben
zum klaren Winterhimmel auf,
seh ich im Lichtgestöber droben
den Stern von Bethlehem zuhauf.

Auf diese anspruchslose Weise
auch diesmal ich das Fest begeh:
so wie ich jeden Abend leise,
doch fest im Sold der Musen steh.

Und mit dem heiligsten Bestreben,
wie man es sich nur denken mag,
der Liebe will und Wahrheit leben.
Denn Weihnacht ist mir jeden Tag.