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Unrentierlich

UnrentierlichDass man als Rentner kürzer trete,
als Muss nahm ich es immer hin –
wie sehr indes man kappt die Knete,
weiß erst ich, seit ich’s selber bin.

Der Fiskus, dies gefräß’ge Wesen,
das selbst an blanken Knochen nagt,
er hat mir ohne Federlesen
‘nen dicken Brocken abgejagt.

Und dass ihm’s fehle nie am Fraße,
gleich mit ‘ner Fristenübersicht:
„In dem blabla etcet’ra Maße
ergibt sich Ihre Zahlungspflicht.“

Kann man die Frage mir verdenken:
„Womit verdien ich dieses ‘Glück’?“
Bevor es galt, mich zu beschränken,
kriegt ich vom Staat noch was zurück!

Doch jetzt, da dürft’ger ich mich nähre
vom Ehrensold der Schaffenszeit,
kommt so ein Schnarchsack mit der Schere
und schnippelt dran per Amtsbescheid.

Das heißt die Armen ärmer machen.
Was ja weiß Gott kein Zufall ist:
Fürs Rentenkürzen und so Sachen
ist unser Staat ja Spezialist.

Er lässt die Gürtel enger schnallen
entsprechend seiner Schuldenlast –
indes die Gürtel nicht von allen:
nur die, die eh schon eng gefasst.

Drum müssen die die Bürde tragen,
die sowieso gebeugt schon gehn
und mühsam sich durchs Leben schlagen,
ohne je einmal Land zu sehn.

Doch denen, die es dicke haben,
macht unser Fiskus keinen Dampf:
Vom Krösus auch noch Sondergaben –
das wär, o Gott, ja Klassenkampf!

(Klar, dass zu schröpfen seinesgleichen
es ‘nem Politiker nicht passt:
gehört er selbst doch zu den Reichen
und sägt nicht gern am eignen Ast.

Und auch das Sprichwort von den Krähen
trifft hier den Nagel auf den Kopf:
Die als Elite sich verstehen,
sie pinkeln stets in einen Topf.)

Na gut. Ich will mal überschlagen,
was mir am Ende noch so bleibt.
Oha, ich kann von Glück noch sagen,
dass es ins Elend mich nicht treibt!

Komm grade so über die Runden,
wenn hier und da ich üb Verzicht –
und zähl doch nicht zu ‘n armen Hunden
in dieser breiten Rentnerschicht.

Die aber wen’ger kriegen,
wie fülln sie ihren Bauch?
Der Staat lässt links sie liegen
und die Gesellschaft auch.

Sie hausen in der Kälte
‘ner mitleidlosen Welt,
beziehen eher Schelte
als was sie brauchen: Geld.

Stattdessen gute Elfen:
Minister-Ehefraun,
die wohltätlich da helfen,
wo ihre Gatten klaun.

Alle Zeit der Welt

Alle Zeit der WeltNa, nun mal raus aus der Matratze,
aus deinem weichen Rentnerpfühl!
Die Uhr zeigt neun schon, und ich ratze
wie’n Kleriker im Chorgestühl.

So ist das mit ‘ner Pfründe eben:
Du bist von jeder Pflicht entblößt
und kriegst die Mittel doch zum Leben,
ob du nun wach bist oder döst.

Jetzt kannst du dir die Faulheit leisten,
da dich der Fiskus zwangsernährt –
nicht als ‘nen Arbeitsscheuen, dreisten,
nein, weil du dich im Dienst bewährt.

Nach ungezählten harten Jahren,
die an ‘nem Schreibtisch du verschwitzt,
gilt’s nun die Euros einzufahren,
die man im Sessel sich ersitzt.

Ist es ein Wunder, dass die Muße
nach Strich und Faden man genießt?
Steht man denn nicht auf gutem Fuße
mit einer Zeit, die zäher fließt?

Nicht in den prasselnden Kaskaden,
in denen sie ab Montag rann,
ins „Wochen-Bett“ sich zu entladen,
als ich noch übern Akten sann?

Und aus dem Wirbel der Gezeiten,
der jeden Arbeitstag berennt,
mich ein paar Stunden nur befreiten
am heiß ersehnten Wochenend?

Doch wenn ich’s ehrlich überdenke
und objektiv Vergleiche zieh:
Die Zeit spinnt immer ihre Ränke
und bricht sich selbst gern übers Knie.

Ob ich im Kissen sie verschlafe,
ob wachend im Büro ich weil –
als Vorgeschmack der Todesstrafe
schwingt stets sie ihr Sekundenbeil.

Und ohne jemals Luft zu holen
und dass sie je ermüdet wär,
stürmt vorwärts sie auf Gummisohlen,
beständig hinterm Leben her.

Wie dieser Furie begegnen?
Geschlossnen Lids sie ignoriern,
dass ihre Sprünge, die verwegnen,
in tiefen Träumen sich verliern?

Ach, lieber anders sich entscheiden:
Der Zeit nicht aus dem Wege gehen.
Denn täglich länger an ihr leiden
heißt länger auch ins Aug’ ihr sehn.