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Manchmal sprachlos

Vor langer Zeit, als ich beschlossen,
dem harten Winter zu entfliehn,
ist mir der Satz ins Hirn geschossen:
Nicht sprachlos in die Fremde ziehn!

Auf keinen Fall. Doch muss nicht reichen,
dass man auf Englisch radebrecht
und notfalls mit Gebärdenzeichen
sich weiterhilft mehr schlecht als recht?

Das wollt dem Ehrgeiz nicht gefallen,
der mit den Jahren zwar ergraut,
doch das In-jeder-Zunge-Lallen
sich immerhin noch zugetraut.

Und überhaupt, die Sprachbarriere
kann doch wer weiß wie hoch nicht sein –
belegt nicht meine Schulkarriere
Meriten sogar mit Latein?

Soll ich wie weiland die Wandalen
mir alles hier vom Munde stehln?
Ich möcht mit gleicher Münze zahlen,
auch wenn mir mal die Worte fehln.

Natürlich wird sich manchmal rächen
der Eifer, der im Halse brennt,
lass bei Gelegenheit ich sprechen
mein eher dürftiges Talent.

So etwa an der Ladenkasse,
wo ich ‘ne Lippe mal riskier
und doch, obwohl ich kurz mich fasse,
den Faden ab und zu verlier.

In der Taverne beim Bestellen
geht’s prima noch mit „Bier und Brot“,
doch hakt man nach, in solchen Fällen
komm prompt ich in Erklärungsnot.

Und im Geschäft gleich um die Ecke
mit Eisenwaren aller Art,
ich, schwups, in der Bredouille stecke,
gerät die Chefin erst in Fahrt!

Kaum hab gefragt nach Nägeln, Schrauben
ich flüssig, frei fast von Akzent,
dass sie in völlig falschem Glauben
mich mit ‘nem Wortschwall überrennt.

Ich aber, in des Sturmes Auge,
indem ich mich wohl gar entfärb,
krieg Zweifel, ob ich wirklich tauge
für diesen späten Spracherwerb.

Dann aber seh ich den und jenen,
der auch kein großes Kirchenlicht,
wie er in ganz verschiednen Szenen
geläufig mit dem Volke spricht.

Soll ich das auf mir sitzen lassen?
Sind die vom Geiste angehaucht?
Kann meine Birne nicht auch fassen
die paar Sentenzen, die man braucht?

Und Eitelkeit, schon fast verglommen,
sich flammend aus der Asche reckt:
Da soll man nicht ins Schwimmen kommen –
bei diesem finstren Dialekt!

 

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Sprachbarrieren

Lebt man in einem andern Lande
zig Meilen weit vom Mutterlaut,
ist es doch wirklich keine Schande,
wenn man sich sprachlich mal verhaut.

Hat früher öfter man gelächelt,
wenn jemand Deutsch geradebrecht,
sieht selbst man nun, wie leicht man schwächelt
bei Wortschatz, Beugung und Geschlecht!

Doch nicht, dass irgendeiner griene
noch dir an den Sentenzen feil,
nein, man verzieht hier keine Miene
und denkt sich höchstens seinen Teil.

So kann man zwar kein Schwätzchen halten,
das sich um tausend Dinge dreht,
doch immerhin die Kunst entfalten,
die sich aufs Minimum versteht.

So etwa an der Ladenkasse:
Gefragt, ob man ‘nen Beutel braucht,
reicht schon aus der Vokabelmasse
„ja“ oder „nein“, dahingehaucht.

Auch die Visite von Lokalen
nimmt ohne Hürden ihren Lauf:
„Ein Wein“, „ein Bier“ und „Bitte, zahlen“,
das hat der letzte Touri drauf.

Wie aber in ‘nem Tabakladen,
wenn du ‘ner Lulle auf der Spur?
Auch da musst du in Schweiß nicht baden:
Nenn einfach deine Marke nur!

Hat jeder auch ‘nen eignen Schnabel,
dass er an seinen Phrasen kau –
es ruht nicht wie im alten Babel
die ganze Arbeit gleich am Bau.

Mit Gesten kannst du und Grimassen
dir helfen, wenn die Worte fehln,
und zeichensprachlich ganz gelassen
auf deines Partners Scharfsinn zähln.

Zum Schluss kratz allen Polyglotten
ich doch ein bisschen noch am Lack:
Es gibt auch Leute, hartgesotten,
die pflegen ihren Bauernschnack.

Könnt noch so sehr die Ohren spitzen,
dass nichts die Botschaft euch verfälsch –
die Stimme schießt da durch die Ritzen
beharrlich nur als Kauderwelsch.

Da steht ihr wie der Ochs vorm Berge
und eure Lehrbuchweisheit mit –
vom Geistesriesen bis zum -zwerge
ist auch hienieden nur ein Schritt.

Was aber hat euch Koryphäen
auf einmal Grenzen denn gesteckt?
Das ist, vollkommen zu verstehen,
der eingeborne Dialekt!