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Der Wettergott

Der WettergottDer Wettergott ließ Gnade walten,
so fiel der Tag passabel aus:
Was sollt mich in der Bude halten?
Schnell in die Jacke rein – und raus!

Kaum war ich vor die Tür gelaufen,
durchströmte mich ein Glücksgefühl,
als meinen Scheitel ich da taufen
ein Lüftchen spürte, lind und kühl.

Nun, nicht allein die Sonne droben
beherrschte heut das Himmelsrund,
denn immer wieder Wolken schoben
sich rauchend vor den Feuerschlund.

So schlug mir Hitze nicht entgegen,
indes ich auch nicht frösteln musst –
dies Temperierte kam entgegen
des Wetterfühl’gen Wanderlust.

Was für ein Wunder war geschehen
mit Büschen und mit Bäumen rings!
Wo kürzlich Knospen nur zu sehen,
schon halbe Blätter neuerdings!

Von diesen Blüten ganz zu schweigen –
wo kamen die so plötzlich her?
So dicht an dicht auf allen Zweigen,
als ob’s ein Schwarm von Vögeln wär!

Und wie viel Leute auf den Straßen,
ich war da sichtlich nicht allein!
Sie schlenderten oder sie saßen
vor Kneipen und Konditorein.

Und sie ergingen sich in Scharen
auf jeder nur begrünten Flur,
mit allen Sinnen zu erfahren
den schönen Wandel der Natur.

Ja, auch wo sich die Weiden neigten
ins Wasser mit der Zweige Lot,
sich fröhlich an den Riemen zeigten
die Promeneurs im Ruderboot.

Ein Frohsinn herrschte ohnegleichen –
der reinste Frühling im Gemüt.
Was brauchte es noch mehr an Zeichen?
Der Mensch ist endlich aufgeblüht!

Ein Frühlingsgefühl

Ein FrühlingsgefühlZwar sah ich keine Blumen sprießen,
und auch die Sonne blieb verdeckt,
anstatt mit Kübeln auszugießen,
was so an Power in ihr steckt.

Auch Knospen, die aus Zweigen drangen,
ach was, schon Blüten, schmal und fein,
sie müssen ebenso entgangen
dem frühjahrsmüden Auge sein.

Ich zottelte mit trägen Quanten
apathisch übers Trottoir
und glich wohl mehr ‘nem Elefanten
als Bruder Leichtfuß Adebar.

Ringsum begrenzten meine Schritte
Gebäude der diversen Art,
bei denen, wie es heute Sitte,
der Zweck sich mit Tristesse gepaart.

Da klang auch nirgendwo Geflöte,
das Vögel auf der Balz verriet,
und selbst die rüst’ge Wanderkröte
mein stämm’ges Bein zu kreuzen mied.

Ja, von den ungezählten Ohren
des Baumes in der Häuserschlucht
fiel noch, im Winter unverloren,
als Schmuck die raue Kugelfrucht.

Doch fühlt’ ich irgendwas im Gange,
das teilte sich mir plötzlich mit,
als warm mir eine Ätherschlange
so wohlig übern Nacken glitt.

War das ein Streicheln und Berühren –
wie heiße Küsse auf die Haut!
Nie konnt den Lenz ich schöner spüren:
als süßen Atem einer Braut.

Wärmeeinbruch

WärmeeinbruchWann hab die Jacke ich getragen
zuletzt so offen und leger,
wann mich begnügt mit bloßem Kragen
auch ohne Halstuch ringsumher?

Nach ungezählten Winterwochen
mit Schnee und Kälte Tag für Tag
ist unverhofft nun eingebrochen
die Wärme wie ein Hammerschlag.

So weit, so gut. Nur dass die Wende,
so jäh, die Freude mir vergällt.
Kaum bringt es ein Extrem zu Ende,
das Wetter schon ins nächste fällt.

Was Wunder dass ich prompt geraten
von Kopf bis Fuß in Dauerschweiß:
Kaum da, macht dieser Teufelsbraten
von Frühling mir die Hölle heiß!

Ich würd ihm allerdings vergeben,
brächt er das Kunststück auf die Reih,
die Flurn im März schon zu beleben
mit Blüten wie im tiefsten Mai!

Da müsste er nun Dampf mal machen,
hat nur noch ein paar Tage Frist,
und ich werd argusäugig wachen,
ob da der kleinste Fortschritt ist.

So pack ich erst einmal beiseite
den Kiel, der diese Zeilen kleckst,
dass ich gespannt zu Bette schreite
und lausche, wie die Wiese wächst.

Vielleicht ausgestanden

Vielleicht ausgestandenIst es nun endlich ausgestanden?
Allmählich setzt sich Wärme fest.
Die größren Flächen schon verschwanden,
jetzt schmilzt auch noch der schnöde Rest.

Doch Vorsicht walte noch, bewusste,
vor allem wo’s in Matsch zerfließt,
denn unter dieser morschen Kruste
sich tückisch oft noch Eis ergießt.

(Erst heute, als ich ausgegangen,
sah jemand ich den Halt verliern –
er konnte grade sich noch fangen,
anstatt nach unten abzuschmiern.)

Gewiss die typischen Schikanen,
die auf dem Rückzug wer verübt,
dass er des Siegers strahlnde Fahnen
noch im Triumph nach Kräften trübt.

Was soll’s. Ein flücht’ger Blick zum Himmel
verrät den Willen der Natur:
Wo ewig grau’n Gewölks Gewimmel –
ein einz’ges Meer jetzt von Azur!

Mit offnen Armen harrt die Erde,
die diesen langen Winter leid,
des Hirten mit der Blumenherde,
dass froh sie ihr am Busen weid!

Der wird nicht auf sich warten lassen,
er ist ja ohnehin spät dran:
Die Schäfchen aller Blütenklassen,
im Eilmarsch führt er sie heran.

Mal eben kurz die Augen schließen:
Vernehmt ihr das Getrappel nicht?
Die Stängel sind es, die da sprießen
und galoppiern zum Sonnenlicht!

Sobald der Rüpel aus dem Lande,
geht es auch wieder feiner her –
der Frühling als ein Herr von Stande
trägt sogar Sträußchen am Revers!

Frostiger Abend

Frostiger AbendHeut Abend, dachte ich noch so,
da könnt ich mal vom Frühling schreiben:
Der Winter hockt nun im Depot,
jetzt geht das los mit Blütentreiben.

Es hat mich nicht bloß so gejuckt,
so ohne groß zu überlegen:
Hab auf die Straße ja geguckt
und sah so was wie Lenz sich regen.

Das Sprichwort hatt ich nicht bedacht:
„Den Tag nicht usw. loben“ –
nun ist sie plötzlich da, die Nacht,
und alles anders – siehe oben.

Da guck ich so von ungefähr
mal eben durch die Fensterscheibe,
und seh, als ob’s ein Trugbild wäre,
dass ich mir fast die Augen reibe

Wohin ich schau, ein Tuch, gebleicht,
auf Fahrbahn und auf Bürgersteigen,
und drüber tänzelnd, federleicht,
ein regelloser Flockenreigen.

Dass heuer der nicht locker lässt
mit Schnee und so, der alte Knacker!
Sonst gibt der März ihm meist den Rest,
bläst lauwarm einfach ihn vom Acker.

Wie immer auch, das war wohl nix.
Wer konnt den Wettersturz auch ahnen!
So’n Winter ist ja kein Jour fixe,
der lässt sich nicht nach Datum planen.

Er soll uns so willkommen sein,
als würd er nur die Zeit uns rauben,
wie Freunde, die ins Haus uns schnein,
da in Australien wir sie glauben.

Von Frost und Eis und Rutschgefahr
will ich erst gar nicht groß hier reden –
man weiß ja, wie es neulich war,
das schützt gewiss vor „Straßenschäden“.

Und überhaupt: Das hält nicht vor,
das ist ‘ne Sache nur von Tagen –
der Kerl bäumt sich noch mal empor,
bevor sie ihn zu Grabe tragen.

Doch hat er heute mir versaut,
dass lyrisch ich am Lenz gerochen.
Drum abgewartet, bis es taut:
Ich hol es, Les’rin, nach. Versprochen!

Da wüsste ich schon ein Gedicht,
ich fühl es schon im Kopfe kreisen,
allein verrat ich’s hier noch nicht –
erst wolln wir in den Frühling reisen!

Ein Vorfrühlingslied

Ein VorfrühlingsliedSchon geh ich wieder hinterm Pflug
der Feder, die mir Furchen zieht,
nicht grade, aber gut genug,
dass sprießt daraus ein Frühlingslied.

So eil dem Lenz voraus ich gar,
des Acker ja noch öde liegt,
weil er noch immer Rad und Schar
nicht in die frost’ge Krume kriegt.

Doch ist gewiss der Vorsprung klein:
Es schaut, zwar spärlich noch besonnt,
doch immerhin, es schaut herein
der März schon mal als Wärmefront.

Heut früh vernahm ich Vogelsang
– ich weiß nicht, ob’s die Amsel war,
ein süßer, doch verhaltner Klang –
zum ersten Mal in diesem Jahr.

In ein’gen Tagen, drauf mein Eid,
da hat sich’s mit dem Winterfrust,
da strahlt die Welt im Hochzeitskleid,
Millionen Sträußchen an der Brust.

Dann schnuppert wieder naseweis
der Krokus aus dem Wiesengrund,
so wie aus seinem Loch im Eis
der Robbe borstenbärt’ger Mund.

Dann wiegt sich wieder auch im Wind
die Osterglocke zum Geläut,
des Frühlings zweitgebornes Kind,
das schaukelnd seiner selbst sich freut.

Dann leuchten auch Forsythien schon,
Magnolien mit dem Lilienleib,
und lauthals weiht die Luftschwadron
dem Zwitschern sich als Zeitvertreib.

Dann wäre auch der Lenz so weit
und hätte seine Flur bestellt.
Mein Vorteil vor der Jahreszeit:
Die Küche, winterwarm, mein Feld.

Frühling spielt auf

Frühling spielt auf„Frühling“ heißt die blaue Band,
die wir sehnlichst schon erwarten.
Wer sich zu dem Sound bekennt,
hat gewiss schon lange Karten.

Wie die fetzen, Mann o Mann –
hab sie öfter schon gesehen.
Wer da ruhig sitzen kann!
Alle auf den Stühlen stehen!

Kraftvoll und doch virtuos,
wie sie in die Saiten greifen!
So was können Meister bloß,
die schon zur Vollendung reifen.

Leidenschaft die Zunge löst
farb’gen Tönen zu Millionen,
dass die Kunst an Grenzen stößt,
hinter denen Götter wohnen.

Auch der Zusatz passt – und wie!
So entfesselt spieln die „Blauen“,
dass den Instrumenten sie
sozusagen Veilchen hauen.

Und die Stimmung dann im Saal –
wie in einer Hexenküche!
Lichter zucken Strahl für Strahl,
Jubel, Klatschen, Schweißgerüche!

Ja, die Fans sind hin und weg
bei den ersten kruden Klängen,
dass beim jährlichen Comeback
sie sich an den Kassen drängen.

Freut euch also, denn im März
solln die Typen endlich kommen.
Wie? Das hab ich, Hand aufs Herz,
dem Tourneeplan so entnommen.