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Glaubenssache

Noch immer füllt sie ihre Bänke,
sobald vom Turm die Glocke tönt,
und führt die Herde an die Tränke,
so wie vom Hirten sie’s gewöhnt.

Ich hab sie täglich ja vor Augen
und auch das hölzerne Portal,
das offensteht, um einzusaugen
die Schäfchen in den Vortragssaal.

Die meisten kreuzen da die Schwelle
gemessen, weil die Zeit nicht drängt,
doch mancher sich auch auf die Schnelle
noch husch! durch Tür und Angel zwängt.

Dann hob schon an die Feierstunde
mit Halleluja und Latein
und unser säum’ger Kirchenkunde
fängt sich verstohlne Blicke ein.

Der Pfarrer aber wird sich denken:
„Weiß Gott, spät kommt Ihr, doch Ihr kommt!“
und würd in keinem Fall verschenken
‘ne Stimme, die der Sache frommt.

Mag ihn auch der Leibhaft’ge zwacken,
dass ihm ein böses Wort entfährt,
er muss doch kleine Brötchen backen,
damit sein Tempel sich nicht leert.

Was warn das noch für sel’ge Zeiten
für diese strenge Priesterzunft,
als alles ließ sich willig leiten,
und sei’s entgegen der Vernunft!

Sie haben schlimm gehaust auf Erden
und jedes Wässerchen getrübt –
und heut als Hüter sich gebärden
‘ner Tugend, die sie nie geübt.

Wer jetzt da noch vor Kanzeln kauert,
als wär es vor der Weisheit Thron,
zeigt einen Geist, der eingemauert
im mächt’gen Turm der Tradition.