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Lieferservice

Zurzeit hieß jeder Schlemmertempel
wohl besser „Zur Corona-Ruh“;
selbst mit Drei-Sterne-Gütestempel
ist er für Publikum tabu.

Ein Schlupfloch aber ist geblieben,
‘ne Hintertür für den Gourmet –
denn online darum angeschrieben,
kreiert er dir dein Wunschsouper,

Du musst dich nur aufs Fahrrad schwingen
und holst dir selbst den Gaumenschmaus,
es sei denn, dass sie ihn dir bringen
per Nachtkurier direkt ins Haus,

Ambiente nicht mit eingeschlossen,
das gibt’s natürlich nur vor Ort.
Doch hilft man sich mit Tischgenossen
nicht auch daheim passabel fort?

Man hat auch so davon den Nutzen.
Die ganze Kocherei entfällt,
Kartoffeln schäln, Gemüse putzen,
was dir schon halb den Spaß vergällt.

Platzierst nur noch die „guten“ Teller,
die Gläser und das Essbesteck
und holst ‘nen Tropfen aus dem Keller,
der wie geschaffen für den Zweck.

Und schon erscheint auch wie gerufen
der Bote mit den Leckerein
und händigt dir, was Könner schufen,
mit schönster Ofenwärme ein.

Dann geht es endlich voll zur Sache.
Jetzt bitte keine Störung mehr!
Sodass ich nicht viel Worte mache
und erst zum Nachtisch wiederkehr.

Da hockt man satt schon und zufrieden
gemütlich plaudernd im Karree
und lässt nur noch das Wasser sieden
fürn starken Gute-Nacht-Kaffee.

Dann abgeräumt mit heitrer Miene,
türmt schmutzig das Geschirr sich auch,
den Abwasch macht die Spülmaschine,
die steht darum nicht auf dem Schlauch.

Genügend Gründe, wie ich denke,
lieber zu Hause zu diniern,
statt in der attraktivsten Schänke
sich mit ‘nem Keim zu infiziern.

Am höchsten ist darum zu preisen
der hier zuletzt genannte Grund –
wie viel und fettig wir auch speisen,
wir speisen jedenfalls gesund.

Der Gourmet

Vielleicht hätt Koch er werden sollen,
denn nicht ein einz’ger Tag vergeht,
an dem er nicht mit Augenrollen
ins Schwärmen vor Genuss gerät.

Doch hat es ihn ins Amt verschlagen,
wo eher Akten man goutiert
und einem so sensiblen Magen
gezählte Erbsen nicht püriert.

Ob grade das ihn erst bewogen,
der Kost nie an Kantinen maß,
dass innerlich er fortgezogen
und ins Schlaraffenland sich fraß?

Ich weiß es nicht. Und auch er selber
den Kopf sich drüber nicht zerbricht.
Denkt nur an Schweine, Kühe, Kälber
und an sein nächstes Leibgericht.

Doch hoppla: Nicht nach Mütterweise
als Hausmannskost der schlichten Art –
er tafelt wie im Götterkreise
ambrosisch immer und apart.

Dazu hat er auf vielen Fahrten,
die um den Globus ihn geführt,
dem schönen Paradiesesgarten
der Gaumenfreuden nachgespürt.

Nenn ein Ragout ihm, einen Braten,
der auf der Zunge dir zerfloss,
er wird ‘ne Anschrift dir verraten,
wo er ihn feiner noch genoss.

Hors d’œuvres, Haupt- und Nebengänge
hat er wo immer auch probiert,
die Karten in der ganzen Länge
bis zum Erbrechen durchstudiert.

Den Sinn für Flüssiges verloren?
Schlürft er zum Hummer grünen Tee?
Als Schlemmer nun einmal geboren,
ist er nicht wen’ger Sommelier!

Nicht nur, dass er ‘nen guten Tropfen
bis hin zur Spitzenlage schätzt,
er schilt auch, dass als Flaschenpfropfen
den Korken man durch Blech ersetzt.

Sollten wir Connaisseur ihn nennen?
Er störte sich nicht an dem Wort –
glaubt jedes Weinchen zu erkennen
nach Sorte, Jahrgang und so fort.

Kollegen auf ‘ne Probe drängen.
Daneben! Er von dannen schleicht.
Ach, manche Trauben höher hängen,
als dass sie selbst ein Fuchs erreicht!