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Eingeschränkter Seeverkehr

Mag sein, dass sich die Möwen wundern,
die vis-à-vis am Meer zu Haus,
dass auf Sardinen und auf Flundern
zurzeit kein Menschenjäger aus.

Klar können sie hier selbst ergattern,
was sie an Nahrung so begehrn,
doch gern sie schwärmend auch umflattern
die Dampfer, die vom Fang heimkehrn.

Da rutscht wohl manches durch die Maschen
und plumpst mit Platsch ins Meer zurück,
dass fast im Flug sie’s noch erhaschen
als leicht errungnes Beutestück.

Die Tafel ist für ihresgleichen
rund um die Trawler stets gedeckt –
doch heut heißt‘s übers Wasser streichen
und gucken, wo’s ein Schatten fleckt.

Sie werden sich zu helfen wissen;
ich hab noch nie davon gehört,
‘ne Möwe hätt ins Gras gebissen,
nur weil auf „leichte“ Kost sie schwört!

Sie braucht nur irgendwas zum Fressen
und fragt nicht viel nach dem Woher.
Ihr Möwenhirn hat bald vergessen,
wie unbefahren jetzt das Meer.

Der Mensch indessen sieht die Leere
und weiß den Grund dafür sofort –
führn Luxusliner jetzt und Fähre,
wärn Viren sicher bald an Bord.

Dabei hieß früher es doch immer:
Auf See steckt man sich niemals an.
Doch da gab’s ein, zwei Kohlentrimmer
und höchstens noch ein Dutzend Mann!

Jetzt karren riesenhafte Klötze
Touristen auf Vergnügungsfahrt,
dass man zu Tausenden ergötze,
die lang auf diesen Törn gespart.

Damit hat’s erst mal nun ein Ende,
bis dieser Albtraum wieder weicht
und sich der Mensch wie je die Hände
berührend zur Begrüßung reicht.

Doch muss ich um Verzeihung bitten
die Möwen für mein Seemannsgarn –
bin heut am Meer entlanggeschritten,
sah Boote dort auf Beute harrn!

Wir alle brauchen schließlich Speise
von Land so dringend wie von See –
schwirrt also weiterhin im Kreise
um euer schlingerndes Buffet!

Kultur im Blick

An Chinas legendärer Mauer
gibt sich die Welt ein Stelldichein,
und auch am funkelnd-finstren Tower
ist man wohl niemals ganz allein.

Und grade bei den Pyramiden
erhoff man keine Grabesruh –
von wegen: Wüste, abgeschieden:
Man tritt sich ständig auf die Schuh.

Paris auch hat ‘ne Menge Ecken,
die jeder Depp auf Erden kennt,
dass, um die Nase reinzustecken,
er um den halben Globus rennt.

Venedig mit Canale Grande –
ein Taubenschlag am Wasserlauf;
da kreuzt die ganze Gafferbande
gleich fahrgastschiffeweise auf.

Das kann in Rom zwar nicht passieren,
man landet hier auf luft’gem Sitz,
doch auch mit reichlich Passagieren,
die auf die Altertümer spitz.

Man sammelt sich in dichten Trauben
an den Relikten alter Zeit,
um einen flücht’gen Blick zu rauben,
die Kamera stets schussbereit.

Bei den gewalt’gen Menschenmassen,
die sich vor Monumenten staun,
kann ja das Auge nur erfassen,
was einem grad sie nicht verbaun.

Doch hast du mit dem Fotokasten
dir überall ein Bild gemacht,
kannst du getrost nach Hause hasten,
weil Bleibendes du mitgebracht.

Musst nach dem Petersdom du schmachten?
Nein, nicht nach diesem Blickkontakt!
Und um ihn näher zu betrachten –
nur noch die Bilder ausgepackt!

Meerbedarf

Gern würd ich stärker noch genießen
des Meeres Weite hinterm Haus,
die Welln, die ineinanderfließen
bei Stille und bei Sturmgebraus.

Die Möwen, die darübergleiten
und angestrengt nach Beute spähn,
um die bisweilen sie sich streiten,
indem sie kreischend Runden drehn.

Den Horizont, auf dem die Fähren
und Kreuzfahrtschiffe balanciern,
als ob sie aus der Puste wären
und kaum sich aus dem Blick verliern.

Die Fischer, die mit frischer Brise
frühmorgens schon zum Fangplatz eiln,
damit sie ihre fette Prise
noch zeitig auf dem Markt verteiln.

Auch die grazilen Segelboote
nicht allzu weit vom Ufer weg,
zwar mit geringer Trefferquote,
doch gut gesehn als weißer Fleck.

Indes als Fischlein nicht geboren
in dieser trüben Unterwelt,
bleib lieber ich vor ihren Toren,
wo Sonnenschein den Tag erhellt.

Auch den Artisten in den Lüften
schließ ich wohlweislich mich nicht an,
weil, leidlich lahm schon in den Hüften,
so rastlos ich nicht kreisen kann.

Auch fürchte ich, die Schiffsgiganten,
von fern betrachtet grandios,
sie wärn so ohne Mast und Wanten
im Grunde völlig ausdruckslos.

Und für die schöne Kunst zu kreuzen
hab ebenfalls ich keinen Hang,
halt auch nicht viel von diesen Käuzen
mit maritimem Fachwortzwang.

Da wärn die Louis mir schon lieber,
die nicht aus Spaß das Meer befahrn,
doch täglich mit dem Arbeitsfieber,
zu fülln ihr Netz aus Seemannsgarn.

Ein einz’ges Mal hab ich betreten
so’n Trawler hier am Hafenort,
weil nach ‘nem Umtrunk mich gebeten
ein Käpt‘n nächtlich noch an Bord.

Doch kann man ja nicht ewig zehren
vom Zufall einer Kneipentour –
all diese Dinge mich nur lehren,
dass ich auf falschem Dampfer fuhr.

Das Meer noch stärker zu verspüren,
fand jäh ich einen andren Weg,
dass selbst ich bei verschlossnen Türen
mein Ohr an seine Pulse leg.

Die wunderbar gemischte Würze
aus Wasser, Schuppen, Tang und Salz
beschaff ich mir in aller Kürze
im nächsten Laden jedenfalls.

So Würfel, die zu einem Sude
mit fischigem Geschmack zergehn –
dann riecht es in der ganzen Bude,
als würd sie auf der Mole stehn!

Meeresfreuden

Zum Strand muss man nicht lange laufen,
‘ne schmale Straße trennt ihn nur
von diesem kleinen Hüttenhaufen,
aus dem man einst das Meer befuhr.

Doch da Berufe sich vererben,
vielleicht wohnt ja da auch noch heut,
sein Brot mit Fischen zu erwerben,
ein Seebär, der die Flut nicht scheut.

Zumindest hätt er vor der Nase
sein grenzenloses Arbeitsfeld
und wüsst schon in der Frühstücksphase,
wie’s Neptun mit dem Wetter hält.

Denn falls die Welln sich überschlagen
wie vom Klabautermann gehetzt,
was soll er sich nach draußen wagen,
fehlt ihm der Fang zu guter Letzt?

Doch mag’s auch niemanden mehr geben,
der seinen Unterhalt erfischt,
wird doch den Leuten, die hier leben,
ein Augenschmaus stets aufgetischt.

Zieh nur den Vorhang leicht beiseite,
hock träge vor der Häuserfront,
es zeigt das Meer in ganzer Breite
und tief sich bis zum Horizont!

Und nicht nur als bewegte Masse,
die, blubbernd oder bleiern still,
mit Boot man, Dampfer und Barkasse
als Wasserweg befahren will!

Mal huschen ihm geformte Schatten
wie Flecken übers graue Fell,
die erst im Wolkenflug ermatten,
gibt sich der Himmel wieder hell.

Mal schüttet ihm aus voller Kanne
die Sonne Funken auf den Hals,
dass diese prall gefüllte Wanne
so glitzert wie nur Badesalz.

Dann wieder jagen schwarze, schwere
Gewitterwolken drüber weg
und schleudern ihre Feuerspeere
frenetisch ohne Sinn und Zweck.

Ob sie nur Lärm erregen wollen?
Sie rühren ja den Donner auf,
wie er mit unverhohlnem Grollen
stets folgt der Blitze Zackenlauf.

Schon tags darauf: Ein Tuch gezogen,
das hoch den Himmel überspannt,
sich spiegelnd jetzt in glatten Wogen,
dern Farbe dem Azur verwandt.

Auch sind ja jederzeit zur Stelle
die kleinen Trawler hier und da,
bei Nacht so gut wie Tageshelle,
der Heimatküste immer nah.

Die Rückfahrt dann aus allen Winden –
dies Bild hat ‘nen besondren Charme:
Wie um den Einlauf sie sich schinden,
beflügelt von ‘nem Möwenschwarm!

Und kaum, dass sie die Anker lichten,
den nächsten Hafen schon im Blick,
sind auf der Kimm sie auch zu sichten,
die Kreuzfahrtschiffe, superschick.

Man kann auch einfach angeln gehen
und warten, bis ‘n Brummer beißt,
sofern nicht dieses ew’ge Stehen
ermüdet selbst den Duldergeist.

Und, liebe Nordlandfraun und -männer,
gewickelt jetzt ins Wollgewand,
heut sah ich sogar, Ende Jänner,
im Badeanzug wen am Strand!

Es warn Bewohner dieser Katen,
wie wenig später ich erfuhr,
als ihrem Heim sie wieder nahten,
bedeckt von einem Handtuch nur.

Bei dieser Flut verschiedner Freuden
gleich hier vor meiner eignen Tür
wollt ich kein bisschen Zeit vergeuden,
bis selbst ich ihren Kitzel spür.

Und stürzte so mit flinken Füßen,
die erst am Ufer haltgemacht,
um dort das Wunder zu begrüßen
‘ner mondbeglänzten Meeresnacht.

Wie groß war aber mein Erstaunen,
als dies und jenes ich nicht fand –
nur, immer diese Wetterlaunen!,
‘ne watteweiße Nebelwand.

Doch die war auch nicht zu verachten,
gab Friedrich’sche Romantik her –
wie „Männer, die den Mond betrachten“
so „Wandrer überm Nebelmeer“.