Schlagwort-Archive: Märzenbecher

Frühlingserwartung

FrühlingserwartungHerrscht Frühling jetzt? Würd ich vermuten –
mit frischen Blüten, um die ‘s summt und schwärmt,
mit Düften, die sich in die Luft verbluten,
dem Abendhauch, der wunderbar noch wärmt.

Gewiss in jenen südlichen Regionen,
die sich der Sonne freuen rund ums Jahr
und die seit je in unsren Träumen wohnen:
Hawaii, Tahiti oder Sansibar.

Doch so weit muss man sie nicht einmal strecken,
die feinen Fühler unsrer Fantasie –
auch in Europas südlich fernen Ecken
beugt schon der Winter, schwächlich eh, sein Knie.

Die Mandelbäumchen sieht man schon sich schmücken,
noch wartet Phyllis ja auf Demophon –
auf Thrakiens , Andalusiens Bergesrücken
die schönste Blüte ihrer Liebe Lohn.

Im Jänner schon verwandeln sie die Erde,
wo üppig man sie Wurzeln fassen ließ,
mit stolzer, weithin sichtbarer Gebärde
in ein ironisch schneeig Paradies.

So nah! Doch schau ich durch die Fensterscheibe,
starrt mich die Straße kalt und leblos an.
Zwei Hemden trug ich heute auf dem Leibe,
zwei Socken heute über Zeh und Spann!

Nicht anders war die Kälte auszuhalten,
die in die Ohren sich so fest verbiss,
dass es sie, schutzlos vor des Winters Walten,
gefühlt beinahe von den Schläfen riss.

Um wie viel wärmer werd ich ihn begrüßen,
zieht auch bei uns er bunt und fröhlich ein –
Millionen Märzenbecher ihm zu Füßen,
in denen’s nur so schäumt von Sonnenschein!

Frühlings Erwachen

Frühlings ErwachenWird das ein fröhliches Erwachen!
Wo man doch Februar schon schreibt!
Den Dachs stell ich mir vor: Zum Lachen,
wie er sich träg die Augen reibt!

Aus ihrem Schlummer aufzufliegen,
sich auch die Biene schon bemüht.
Man wird sie bald zu hören kriegen –
noch brummig, weil so wenig blüht.

Und auch im Walde hämmert wieder
sich einer dann da was zurecht –
wie immer hölzern seine Lieder,
ein bunter Vogel, dieser Specht!

Na, und die andern Sommergäste,
die trudeln auch bald wieder ein.
Man sehnt sich nach dem alten Neste;
es muss nicht immer Spanien sein.

Gern kommt der Kiebitz mal nach Hause,
was gleichfalls von der Lerche gilt;
so ist auch nach der Winterpause
der Star aufs Eheleben wild.

Ja, auch die noch in dunkler Erde
die halb erstarrten Glieder rührt,
die kunterbunte Blumenherde
wird bald ins grüne Gras geführt.

Schneeglöckchen oder Märzenbecher,
so ruft man sie wohl bei Bedarf –
ganz wichtig für die fleiß’gen Zecher,
die nur auf ihre Säfte scharf.

Ach, was für Fantasiegebilde
für einen, der im Ghetto lebt,
wo die Beton- und Asphaltgilde
stets kalt den ersten Stein erhebt!

Kann man was Schöneres sich denken
als eines Frühlings Morgenrot?
Da muss ich leider mich beschränken –
drei Bäumchen wachsen hier mit Not.

Doch immerhin in dieser Öde
der Amsel trautes Lied erschallt –
Migrantin sie, vertrieben schnöde
aus ihrem angestammten Wald!

Wie seltsam doch, bei Licht besehen,
dass in den Lenz ich mich verbohr:
Schlimm muss um die Natur es stehen,
zieht ihr Zement ein Vogel vor!

Märzabschied

MärzabschiedEin Stückchen ist noch ungegessen
von diesem schönen Kuchenkranz,
der über dreißig mal besessen,
als er gebacken grad und ganz.

Doch auch das letzte wird noch landen
im ewig mahl’nden Maul der Zeit,
die nicht ‘nen Krümel lässt vorhanden
vom Tag in der Vergangenheit.

Dann ist auch dieser März zu Ende,
verblichen auf der Jahresuhr,
und bleibt als Nachhall im Gelände
nur noch der Blumen bunte Spur.

(Dass seiner Lebenslust entgegen
sein Name auch für Unheil steht,
ist ja nicht ihm zur Last zu legen,
nein, auf des Menschen Kappe geht

Der, den Instinkten treu geblieben,
die unverdunkelt vom Verstand,
von Macht- und Geldgier angetrieben
den Krieg sowie den GAU erfand.)

Wie’n frühlingslüftetrunkner Zecher
des Krokus Kelch nach Füllung schreit,
ein hochgereckter „Märzenbecher“ –
gäb’s dafür noch kein Copyright.

Mehr Blumen will ich nicht bemühen.
Was bräucht es auch ‘ne Inventur?
Seht sie mit eignen Augen blühen
selbst in der Stadt bescheidner Flur!

Dies Erbteil macht dem Monat Ehre,
gerecht für alle ausgestreut,
dass jeder ‘s mit dem Blick verzehre
und frohen Herzens wiederkäut.

Und wenn er selber längst entschwunden,
kein Hahnenfuß mehr nach ihm kräht,
dann wuchert noch mit seinen Pfunden
der Sommer, der sich drauf versteht.

Erst wenn im Herbst, im rauen Winde
an Ast und Halm verdorrt das Laub,
droht auch dem Blumenenkelkinde
des Frühlings dieser Erde Staub.

Geht’s so nicht auch den Menschenwesen,
die, kaum im schönen Dasein drin,
schon weggefegt von Chronos’ Besen –
und auch, was bleibt, fährt bald dahin?

Doch ob mit ihrem Schicksal hadern
die Blätter, die’s vom Stängel reißt?
Wer weiß, ob in den welken Adern
nicht längst schon neues Leben kreist.