Schlagwort-Archive: November

Am grauen Strand

Da wo die Engel gerne singen
und musiziern nach Herzenslust,
heut einmal keine Geigen hingen
dem Himmel von der blauen Brust.

Es waren eher Kontrabässe
mit ihrem dumpf geächzten Laut,
die ‘nem Gewölk sich voller Nässe
für ihr Lamento anvertraut.

Verhüllt von einem grauen Schleier,
kam heut die Sonne nicht ans Licht –
wahrscheinlich hält der Wasserspeier
da oben nicht mehr lange dicht!

Ein bessres Los hat nur getroffen
das Meer am fernen Horizont;
da war ein Hintertürchen offen,
ein schmaler Streifen noch besonnt.

Und Regen kann es ja nicht schrecken,
der trommelt auf sein Fell nur weich,
ein leichtes Prickeln zu erwecken
und Blasen, die zerplatzen gleich.

Indes der Sturm, der unverfroren
ihm öfter in den Wellen wühlt,
lässt‘s heute einmal ungeschoren
und anderswo sein Mütchen kühlt.

Und seine ungeheure Masse,
die an entrückte Ufer schlägt,
wird wie die Furche der Barkasse
von einem Kräuseln nur bewegt.

November. Doch es drängt die Frage
dem Wetterkundigen sich auf:
Schon einer der halkyon’schen Tage,
der sich verguckt im Jahreslauf?

In dieser unverhofften Flaute
entspannt sich das gestresste Meer
und träumt, wie gern es wieder blaute
dem hohen Himmel hinterher.

Die schöne Stille zu genießen
war auch des Versemachers Zweck –
und selbst die lieben Nachbarn stießen
die Stühle leiser heut vom Fleck.

Herbstliches Gedenken

Herbstliche GedankenBald wird der Seelen man gedenken,
die schon verlassen diese Welt,
und schleppend seine Schritte lenken
zu ihrem Heim im Gräberfeld.

Entfärbte Blätter auf den Wegen
und eine Luft, die kalt und rau,
und überall schlägt dir entgegen
Geruch nach Moder, faulig-flau.

Zu Thuja- und zu Eibenhecken
mit ihrem trüben Immergrün,
wo unsre Toten wir verstecken,
muss sich der Trauernde bemühn.

Dann steht er vor dem stummen Steine,
der eines Lieben Namen trägt
und deckt die bleichenden Gebeine,
die hier zur ew’gen Ruh gelegt.

Vielleicht wird er ein Grübchen scharren
und setzt ein Licht hinein, das rot;
vielleicht wird er nur still verharren
im Angesicht von Zeit und Tod.

Ganz gleich indes, auf welche Weise
man an die letzten Dinge rührt –
es ist der Erde große Reise,
die jährlich uns zum Friedhof führt.

Denn wenn im Herbst sie angekommen,
Millionen Meiln vom Sommer fort,
macht sie uns traurig und beklommen,
dass wir uns sehnen nach dem Ort.

November. Alles abgestorben.
Im Nebel alles, Grau in Grau.
Die Stimmung, sonnig sonst, verdorben.
Wann, wenn nicht jetzt, zur Leichenschau?