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Rot und Schwarz

Rot und SchwarzDie Dienerschaft ist schwarz gewandet,
der gute König ganz in Rot.
In welchem Reich sind wir gelandet,
wer singt hier ‘s Lied zu wessen Brot?

Wie eifrig wackeln die Lakaien
mit Tellern, Schüsseln auf dem Arm
zur Tafel hin der Faulen, Freien,
die brummen wie ein Bienenschwarm!

Der Herrscher hat zum Mahl gebeten.
Der Festsaal ist gerammelt voll.
Schön schlucken und die Bissen kneten,
mehr fordert nicht das Protokoll.

Die Schwarzbehemdet, -hosten hasten,
der Rotrock schreitet wie ein Pfau.
Nicht ein Geladner soll mir fasten –
macht einen drauf und morgen blau!

Er hat die Helfer an der Leine,
belauert alle wie ein Luchs,
macht noch dem Schnellsten manchmal Beine,
der dann noch zulegt ohne Mucks.

Wie stehn sie unter seiner Knute,
wie scheucht sie Seine Majestät!
Doch mancher Gast verzieht die Schnute:
Wo bleibt denn nur mein Fresspaket!

Ein Sonntagmittag auf dem Lande.
In der Taverne geht’s hoch her.
Der Wirt kommt königlich zu Rande.
Die Kellner tragen alle schwer.

 

Herr Ober

Herr OberGott und die Welt wird er wohl kennen,
die Gäste wechseln Tag für Tag.
Bis auf den Stamm, der sich nicht trennen
von seinem „Zum Ambiente“ mag.

(Der Name hier ist frei erfunden,
ein solches Haus, das gibt es nicht,
obwohl, ich sag es unumwunden,
im Grunde nichts dagegen spricht.)

Versuchen wir, sie zu beschreiben,
wär das Verbindende wohl dies:
dass ein Gewerbe sie betreiben,
das sie noch niemals hungern ließ.

Die halbwegs seidene Elite,
die gerne mal was Bessres kaut
und für ‘ne Restaurantvisite
nicht kleinlich auf ‘n Fuffi schaut.

Der Kreis, ums noch mal zu betonen,
in dem auch unser Held verkehrt –
allabendlich mit Millionen
inkognito an Geldeswert.

Wer aber so mit reichen Mackern
und Damen umgeht, die mondän,
wird nicht nur gern als Ober ackern
und stets Gewehr bei Fuße stehn

(Geruhten Sie bereits zu wählen?
Die Schnecken…Das Filet…Sehr gern.
Heut ganz besonders zu empfehlen.
Noch mal das Gleiche für den Herrn…)

Nein, irgendwann wird er sich fühlen
in einem geistigen Spagat
so zwischen den sozialen Stühlen
auch selber als ‘ne Art Magnat.

Der Gäste vornehmes Gebaren,
ihr Ruch der Exklusivität,
ist längst ihm schon ins Kreuz gefahren,
das wie ‘ne Fahnenstange steht.

Genauso steif wie seine Miene,
der keine Regung anzusehn,
wenn Worte wie „la haute cuisine“
ihm auf der Zunge glatt zergehn.

Dazu als approbate Würze
ein Näseln, das Noblesse verrät –
so denk ich mir in aller Kürze
den Promi-Kellner als Poet.

(Und ist doch Borcherts Schischyphusch,
der immer Teller schleppen musch,
achtarmig gleich dem Oktopusch,
ergeben wie ein Hindu. Kusch!)