Schlagwort-Archive: Oleander

Balkon-Schau

Weit kann der Blick von hier nicht schweifen,
verfängt sich rasch in Busch und Baum;
das Dickicht wuchert schon zum Greifen
bis unten an den Kellerraum.

Doch lässt nur umso höherschlagen
ein Herz, das der Natur geneigt,
ums hoch auf den Balkon zu tragen,
wo sie ihr ganzes Können zeigt.

Dies große Grün, mit dem die Schöne
sich stolz bis an den Himmel reckt,
ist ja ein Spiel der feinsten Töne,
das jede Krone anders fleckt.

Zu mannigfachen Höhenstufen
sind auch die Wipfel aufgeführt,
die damit zig Etagen schufen,
in denen sich das Leben rührt.

Da flattert grad ‘ne Ringeltaube
der Birke auf den höchsten Ast,
wo schwankend sie im lichten Laube
den Flugverkehr ins Auge fasst.

Bald folgt ihr auch schon eine andre
auf dieser schmalen Stiege nach,
dass scheu sie ihr entgegenwandre
ins weit gewölbte Brautgemach.

Ich will nicht weiter sie belauschen,
auch hier sei Diskretion gewahrt.
Die Blätter hör ich ringsum rauschen
und jeden Baum auf seine Art.

Auch Kühlung sie mir rüberfächeln
zu meinem luft’gen Logensitz,
ersparn mir, wie ein Hund zu hecheln
und dass ich Blut und Wasser schwitz.

Doch muss ihr Grün nicht auch ermüden
den Blick, der sich an Farben schärft
und von den Chlorophyll-Etüden
vielleicht zu guter Letzt genervt?

Das wär gewiss kein rechter Sommer,
hätt er den Pinsel nicht dabei
und nur ein Wunsch es wär, ein frommer,
dass er ein Tintoretto sei!

Am Fuß der monochromen Szene,
ein Dutzend Meter nur vom Haus,
packt er nach kurzer Quarantäne
die blühendste Palette aus.

Hier strahlend weiß der Oleander
als Quintessenz der Farbenpracht,
da rosig kriechender Gamander,
der höflich ihm den Buckel macht.

Doch alles in den Schatten stellen,
zu ganzen Büschen schon gediehn,
Hortensien, die zu Kugeln schwellen
von Lila und von Karmesin.

Vor dem Abflug

Vor dem AbflugHibiskus blühte, blühte, blühte,
orangengelb, orangenrot,
auf dünnen Hälsen Trichterhüte,
die züngelnd aus Gezweig geloht.

Der Biene Summen, Summen, Summen,
die Blüten, rot und gelb, umkreist.
Geschäft mit Honig schien zu brummen –
schon kam die nächste angereist.

Am Palmenstamm ein Salamander,
gespreizte Beine, totgestellt.
Beim Gartentor der Oleander:
Zartrosa, sattem Grün gesellt.

Vorm glatten Grund geweißter Wände
der Bougainvillea Gerank –
o Lila, Lila ohne Ende
vom Dach bis auf die Gartenbank!

Wohin des Weges, du Geselle?
Ein Käfer trippelte vorbei.
Wo hat er Fingerhut und Elle?
Ich schwor, dass auf der Walz er sei.

Betrat man unversehns die Wiese,
o wie es hüpfte da und sprang –
in jene Richtung und in diese
ein Heupferd alle Nase lang!

Huhu, huhu klang aus der Krone
der Turteltaube kauz’ger Ruf,
huhu in diesem trüben Tone,
wie Gott ihn auch den Geistern schuf.

Noch einmal tief in mich gesogen
die Szenerie als Souvenir.
Schon morgen heißt‘s: Zurückgeflogen!
Im Austausch lass mein Herz ich hier.