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Wahrheiten

Wahrheiten„O saeculum, o litterae,
es ist ‘ne Lust, in dir zu leben!“
Wenn ich die Frontfrau recht versteh,
soll’s überall nur Wohlstand geben!

Doch mag sie’s ständig auch beteuern
in zwanghaft psychopath’scher Art,
sie kann auf Dauer nicht bescheuern
ein Volk, das sich Verstand bewahrt.

Was schenken uns die nackten Zahlen,
gesammelt vom Statistikamt?
Der Wahrheit Beigeschmack, den schalen,
der nicht der Heuchelei entstammt.

In diesen gottverdammten Jahren,
da diese Rotte uns regiert,
hat ohne Scham man an den Haaren
Gewinne nur herbeizitiert

Um so den Eindruck zu erwecken,
als kämen jedem sie zugut,
obwohl doch nur die Reichen stecken
den Beutebruch sich an den Hut.

Heißt: Zehn Prozent in diesem Laden
haben’s so dick wie Dagobert
und können in ‘nem Pool sich baden,
der ‘s halbe Volksvermögen wert.

Und wie in diesem Pfuhl gestiegen
des Eigners warmer Wasserstand,
so mussten nasse Füße kriegen
die armen Schlucker um den Rand.

Die Fakten! Doch die Akrobaten,
die uns mit allen Tricks regiern,
jonglieren gerne mit den Daten –
und manche ganz eskamotiern.

(Das mag die Frontchristfrau entlasten,
so war es immer ja schon Brauch –
und sie dreht nur den Leierkasten
wie ihre Vorklugscheißer auch.)

Der Abstieg für die große Masse:
negiert, verschwiegen, Asche drauf!
Wer eh schon hat, macht weiter Kasse.
Wer eh nichts hat, der füllt sie auf.

Wie’n Warenhaus, nicht auszumalen!,
das alles führt und alles hat,
und wo die Armen doppelt zahlen
und für die Reichen gibt’s Rabatt!

Die ahnungslosen brechtschen Kälber,
die blindlings ihrem Schlächter traun,
wann merken sie denn endlich selber,
dass die sie nur in Stücke haun?

Ach, einmal wird es ihnen dämmern,
dass alles nur ein schöner Schein
und sie die Ob’ren nur behämmern
mit ihrem Tarn-Politlatein.*

(*Die Kälber werden weiter trotten
‘ne Weile wohl noch dämlich hier,
doch mag man ihrer Schwäche spotten:
Sind sie nicht eines Tages Stier?)

Denn abgesteckt sind schon die Trassen,
die Weichen lange schon gestellt,
dass künftig wen’ge mehr noch prassen,
die Mehrheit mehr ins Elend fällt.

Der lange Marsch der Billiglöhne
kommt ja im Alter einst zur Ruh –
dann, Rententöchter, Rentensöhne,
drückt’s richtig euch die Gurgel zu!

Die Armut weiter auszubreiten,
gelingt perfekt dem Hohen Haus –
und stellt ihm selbst für alle Zeiten
das beste Armutszeugnis aus!

Warum indes die ganzen Lügen?
Der vielen Stimmen wegen nur,
die’s braucht, die Leute zu betrügen
‘ne weitere Legislatur?

Wenn so auf Kreuze sie versessen,
auf ew’ges Herrschen wohl bedacht,
wie können sie dann nur vergessen,
dass auch Freund Hein gern Kreuze macht?