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Osterschau

Die Osterwoche: Prozessionen
an manchem Ort von früh bis spät,
mit Heiligen auf hohen Thronen,
die man auf tausend Schultern lädt.

Und so, die Bürde auf dem Nacken,
im retardierten Wiegeschritt,
macht, Überdruck bis auf die Hacken,
der Träger ihre Leiden mit.

Viel Volk pflegt sich da einzufinden,
wie einem Schauspiel es gebührt,
in dem nach Schmähen und nach Schinden
das Opfer man zur Schlachtbank führt.

Hier wankt mit seiner Dornenkrone
ein Christus, bleich und blutverschmiert,
da dort als strahlende Ikone
die Himmelsjungfrau triumphiert.

Die großen, gloriosen Szenen,
sie machen sich noch immer gut –
zu Seufzern rühren sie, zu Tränen,
zu Abscheu, Trauer oder Wut.

Ja, manchem wird es gar im Herzen
so gallenbitter und so bang,
dass von der Last geschauter Schmerzen
er sich befreit mit Wehgesang.

Der Festzug aber schreitet weiter,
den ein Mysterium umgibt,
bis man am Fuß der Himmelsleiter
die Puppen in die Hütte schiebt.

Da lagern sie wie eitel Krempel
zur Sommer-, Herbst- und Winterzeit
ganz ohne ihren Gütestempel
als Stützen der Dreifaltigkeit.

Und dösen, bis die Osterglocken
sie wieder locken aus dem Bau
und man beginnt, sie aufzubocken
zur nächsten Kreuzparadeschau.

Etwas Frohsinn

Etwas FrohsinnNa bitte, geht doch, lauthals lachen
kann man in diesem Hause auch,
wo meistens nur die Türen krachen
nach antifonischem Gefauch.

Und wo die liebenswerten Kleinen,
die man zu Duckmäusern dressiert,
des Öftern herzerweichend weinen,
weil man ihr Seelchen ignoriert.

Lang könnt ich im Gedächtnis kramen
und käm so was nicht auf die Spur –
die Fröhlichkeit fällt aus dem Rahmen
der häuslichen Geräuschkultur.

Und klingt mir deshalb in den Ohren
nur umso lieber allemal,
als wenn wie sonst, humorverloren,
man kläffend diesen sich empfahl.

Wer aber, blabla, mein Erstaunen,
als dies Empfinden stärker noch
und durch die Wände wie ein Raunen
es, blabla, in die Muschel kroch?

Ein Liedchen, leicht dahingeträllert
in jugendlichem Überschwang
und schön mit Worten unterkellert,
in deren Dunkel ich nicht drang.

Na, wird wohl an der Woche liegen,
die zuläuft auf das Osterfest
und sich aufs Bunte-Eier-Kriegen
den Christenmenschen freuen lässt.

Man muss nicht an der Kasse kleben,
wo tausend Kunden defiliern,
um aus dem Korb aufs Band zu heben,
was nach der Zahlung sie kassiern.

Man muss nicht mit dem Hammer hauen
bei Leuten, die man sonst nicht kennt,
um hübsch ein Nestchen auszubauen,
wie man es nie sein eigen nennt.

Und losgelöst von allen Pflichten,
die so der Alltag mit sich bringt,
muss nach sich selbst man nur noch richten –
was an und für sich schon beschwingt!

Ich schließ daraus: Mehr Feiertage,
und schon das Barometer steigt
der allgemeinen Stimmungslage,
die mehr zu Mußestunden neigt.

Das aber, meint der Arbeitgeber,
wär Gift für unser Glückssystem,
wenn jeder frisch nur von der Leber
beliebig zur Maloche käm.

Was mag er unter Glück verstehen?
Was man an laus’gem Lohn gewinnt,
der, magst du jeden Cent umdrehen,
dir untern Fingern gleich zerrinnt?

Vielmehr wird ihn die Sorge treiben,
dass ihm an Reibach was entgeht,
falls fern die Antriebskräfte bleiben
der Mühle, die für ihn sich dreht.

Wie dem auch sei: Nicht räsonnieren,
was nur den schönen Eindruck schwächt.
Oh, jetzt Gesang zu dritt, zu vieren –
so wär’s mir jeden Abend recht!

Auf die Glocke

Auf die GlockeNun schweigen sie, die Osterglocken,
und baumeln still im Dachgestühl,
um Fledermäuse anzulocken
und Käuze ohne Klanggefühl.

Sie haben sich verdient die Pause
nach ausgesprochner Festtagsfron –
‘ner vollen Woche Passahsause
mit Gottesdienst und Prozession.

Und überall galt’s zu begleiten
mit dem vertrauten Zungenschlag
die Feier zu bestimmten Zeiten
den ganzen lieben langen Tag.

Ihr Einsatz – und mit jähem Schwunge
schlug gleichsam es die Beine weg
dem Klöppel, der in wildem Sprunge
sein Verslein prustete vor Schreck.

Doch konnte da von Tonroutine
bei Weitem keine Rede sein –
mal bimmelt’s wie beim Tamburine,
mal dröhnte es durch Mark und Bein.

Wie da nicht aus der Puste kommen,
selbst wenn die Lunge eisern ist,
und seufzen über all die Frommen
mit ihrem ew’gen „Jesus Christ“?

Das Letztere nur zu vermuten –
wer kennt schon einer Glocke Herz?
Nur ungehört kann’s sich verbluten,
nur jubelnd hallt es himmelwärts.