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Kleines Nachbeben

Kleine NachwehenAllmählich ist der Schnupfen abgeklungen,
nur selten brauch ich noch ein Taschentuch.
Der Husten, konvulsivisch aus den Lungen,
schlägt nur als Räuspern manchmal noch zu Buch.

Die Stimme, die sich mit gebrochnen Lauten
unsäglich mühsam nur Gehör verschafft,
entwand sich ihres Atems Flüsterflauten
und segelt wieder mit gewohnter Kraft.

Verflüchtigt haben sich auch jene Zwingen,
die an die inn’re Schädelwand gepresst,
zum Bersten dieses spröde Haupt zu bringen
gleich einem Ei, das seine Brut entlässt.

Die Schlappheit schließlich raus aus allen Gliedern:
Zu alter Form und Stärke lauf ich auf!
Hier seht mich meine Worte schon befiedern,
dass ich um Dichterlorbeer wieder rauf.

Ist erst der Wurm aus deinem Leib gewichen,
muss auch dem Geist die Mattigkeit entfliehn:
Jetzt schweift er wieder in den Himmelsstrichen,
die auch die Musen sel’gen Sangs durchziehn.

Um dort…chrr…dort am göttlichen Gestade,
um…chrr…Pardon!…chrr, chrr…was soll das bloß?
Zum Teufel auch – die alte Keuchkaskade –
werd ich denn diesen Jammer niemals los?

Ich könnte schier vor Wut die Krätze kriegen,
dass ich mich grad so triumphal gezeigt!
Beschämt lass ich den Kugelschreiber liegen:
Pandora hat das Wort. Die Muse schweigt.

Dem Mai gesungen

Dem Mai gesungenNoch hat er sich nicht aufgeschwungen
zum besten Kunststück, das er kann.
Noch prustet er aus feuchten Lungen
die Erde, die erschauert, an.

Wie wunderbar kann er jonglieren,
hat er den Sonnenball dabei
und lässt ihn hoch im Blau spazieren,
so lang er will, der gute Mai!

Man braucht nicht einmal hinzusehen,
und dennoch geht es einem nah.
Den städt’schen Tauben selbst und Krähen
wird’s warm ums Herz – und nicht nur da.

Doch deutet nichts auf diese Nummer –
kein Zeichen, dass der Künstler zieht
aus seines Zauberhutes Schlummer
das heiß ersehnte Requisit.

Stattdessen stiert er, o Malesche,
wie’n Clown, wenn er auf traurig macht,
so melancholisch aus der Wäsche,
als würd der Weltenbrand entfacht.

Bindfäden regnet es, in Schnüren,
mit mehr mal, mal mit wen’ger Wind,
doch keiner, uns herauszuführen
aus diesem Schmuddel-Labyrinth.

Natürlich kann man Hoffnung hegen,
wie sie Pandoras Büchse birgt,
sich trösten, dass des Schauspiels Segen
verschoben, aber nicht verwirkt.

Ja, als Privatmann sozusagen
säng ich der Sonne hohes Lied,
die noch in diesen Maientagen
gewiss man fröhlich scheinen sieht!

Den Dichter lasst damit in Frieden!
Denn eins mit Sicherheit er weiß:
Der Verse Eisen muss er schmieden
– wie immer kalt -, solang es heiß!