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Am Sattelplatz

Am SattelplatzWie immer pünktlich mir zur Stelle:
Kopierpapier, so weiß wie Schnee,
die Kerze, Sinnbild sanfter Helle,
und, inspirierend, Chardonnay.

Schon hat mit Dunkelheit und Schweigen
im Häuserkampf die Nacht gesiegt,
Fassaden ihre Wunden zeigen
als Licht, das auf den Scheiben liegt.

Und wo mit Lampen zu Millionen
der eis’ge Himmel sonst besät,
sind, Energien wohl zu schonen,
auf Null die Flammen nun gedreht.

Selbst der Trabant, der, um zu glänzen,
sich doch mit fremden Federn schmückt,
hat, seinen Auftritt heut zu schwänzen,
sich still vom Firmament verdrückt.

Die Finsternis soll mich nicht schrecken,
da ich ja zum Parnass nur muss
und zu dem abgelegnen Flecken
als Navi hab den Pegasus.

Wenn ich mich durch die Lüfte schwinge,
in seine Mähne festgekrallt,
vor Angst ich und Begeist’rung singe,
dass weit es in die Räume hallt.

Und steh ich endlich vor den Musen,
die Lippen bebend noch vom Lied,
frag ich beklommen mich im Busen,
ob man als Stümper mich nicht sieht.

Sind dies die Verse, die den Schwestern
gefällig in die Ohren gehn,
ach, oder werden heimlich lästern
die Schönen, die sich drauf verstehn?

Doch halt! Warum sich Sorgen machen?
Bist du erst oben angelangt,
mag dich die halbe Welt belachen,
der Rest dich doch mit Ruhm berankt!

So bring gelassen ich zu Ende
die Zeilen, einz’ge Les’rin, hier
und geb getrost in deine Hände
sie als der zehnten Muse dir.

Papierverbrauch

PapierverbrauchHeißt es denn nicht Papier vergeuden,
bläu Tintenzeilen ich ihm ein,
mir selber zwar zu tausend Freuden,
doch nicht der Menschheit allgemein?

Viel Holz hab ich auf alle Fälle,
doch ohne Schaden auch geritzt,
da ja der Wald als seine Quelle
auf wachsenden Reserven sitzt.

Vom Vorwurf, Raubbau zu betreiben,
bin ich damit zumindest frei.
Und dennoch bleibt dies „Warum schreiben?“
‘ne Frage, die erörtert sei.

Ich will’s auf einen Nenner bringen,
wenn’s hinterm Komma auch nicht stimmt:
Die Dinge sind’s, die mit da schwingen,
wenn Bolle den Parnass erklimmt.

Ambiente, sag ich nur, Ambiente!
Man witschert ja nicht so drauf los!
Ein Talglicht fördert die Talente,
ein Riesling zieht Poeten groß!

Dass man beim Dichten sich entspanne,
das ist das ganze A und O –
man hockt am Tisch wie in ‘ner Wanne,
wo’s wohlig schwappt um Herz und Po

Und sich die steifen Glieder lösen
im Spiel der badesalz’gen Flut,
dass man sich fühlt, als würd man dösen
zur Siesta unterm Sonnenhut.

Das ist so gut wie Meditieren –
nur dass man nicht die Lider klappt
und, um den Bauch zu amüsieren,
sich ab und zu ein Häppchen schnappt.

Der teure Haushalt der Gefühle,
hier kommt er wohl ins Gleichgewicht –
so völlig fern der Alltagsmühle
in deines Stübchens Abendlicht.

Das Schreiben? Reine Nebensache.
Nur dass die Hand nicht müßig geht.
Ein andrer Mann von andrem Fache
zum gleichen Zwecke Schrauben dreht.

Doch mag es manchmal sich ergeben,
dass mit mehr Dusel als Verstand
ein Meistervers sich schleicht ins Leben,
im wahrsten Sinn unter der Hand.

Ein Beifang nur der Atmosphäre,
in der nach goldner Ruh ich fisch.
Doch nicht ein Grund auch, dass ich mehre
die Zeit am Musen-Mußetisch?