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Lyrische Kehrtwende

Lyrische Kehrtwende, Josef ManesWenn ich dereinst, vom Aktenbock entbunden,
mich musischen Geschäften nur noch weih,
dann wähl ich mir die schönsten Morgenstunden
zur Frühgymnastik meiner Reimerei.

Vor Tau und Tag werd ich zur Leier greifen,
die ich bisher dem Abend nur geliehn,
um diese Bilder endlich abzustreifen,
auf die der Unstern alles Finstren schien.

Die Sonne werde täglich ich begrüßen
wie einen Bruder, der nach Hause kehrt,
den Sternenstaub zu schütteln von den Füßen
an seinem heimelig erhellten Herd.

Den Vögelchen, die auf geheimen Zweigen
mit süßen Seufzern aus dem Schlafe fahrn,
werd ich mein Ohr in stiller Andacht neigen,
ihr Tagelied in Strophen zu bewahrn.

Und an den Gräsern werde ich mich weiden,
wenn noch der Tropfen Silberfracht sie beugt
und feine Fäden zwischendurch beeiden,
dass Spinnen unermüdlich sie erzeugt.

Dem Morgen, der mit nachgewachsnen Schwingen
sich wie ein Phönix aus der Nacht erhebt,
will ich in Zukunft stets mein Ständchen bringen,
weil alles er erweckt und neu belebt.

Versiegend, werd die Quelle ich besingen,
verdämmernd, wie der lichte Tag beginnt.
Ist fort das Joch, mich in den Trott zu zwingen,
dann bin ich wieder frei – wie einst als Kind!

Feuerzeichen

FeuerzeichenDas Flämmchen seh ich heftig schwanken
auf seinem blütengelben Pfühl,
als trüg es sich mit Fluchtgedanken
vom halb verkohlten Dochtgestühl.

Mir will es jedenfalls so scheinen,
es möcht sich lösen von dem Halt,
der da an seinen Feuerbeinen
gekrümmt sich in die Wade krallt.

Will es sich nur vom Sitz erheben,
um einmal kreuz und quer zu gehn,
den steifen Gliedern Raum zu geben,
die in den blauen Bauch ihm stehn?

Will`s übern Rand nur einmal lugen,
der seine winz`ge Welt umgibt
und dennoch wie aus allen Fugen
beharrlich sich nach unten schiebt?

Vielleicht will`s sogar weiter fliegen,
hat es die Fessel erst verlorn,
und hoch sich in den Wolken wiegen,
so wie der Phönix neugeborn?

Und sich am Ende gar vereinen
mit jener fern geballten Glut,
die als verwandt ihm mag erscheinen
mit ihrem hitzig wallnden Blut?

Nur Fragen. In die Feuerseele
dring mit Gewissheit ich nicht ein,
heißt unumwunden ich verfehle,
ihr irgend Sinn und Zweck zu leihn.

Um „Flammenflüstrer“ sich zu nennen,
hat keiner wohl den Bogen raus –
entweder würde er verbrennen
oder erstickt sie, löscht sie aus!

Kurs Frühling

Kurs FrühlingWenn ich des Morgens jetzt erwache,
hör ich schon Vögel überall,
und ihre Stimme, ihre schwache,
wie eines Waldes Widerhall.

Wenn ich des Morgens mich erhebe,
des Tages Spuren ich schon find,
da heller schon sein Lichtgewebe
der Dämmer um die Firste spinnt.

Wenn halb im Schlaf noch ich die Füße
des Morgens übers Pflaster wälz,
schickt neckisch mir schon Liebesgrüße
die Sonne auf den Winterpelz.

Wenn ich die Pilgerfahrt beende,
die morgens ins Büro mich scheucht,
erkenn ich gleich die Aktenbände,
auch ohne dass ich Neon bräucht.

Und wenn ich schließlich dieser Asche
wie Phönix wieder mich entriss,
schwenk heimwärts ich die Plastiktasche
noch vor der nächsten Finsternis.

In summa: Alle Zeichen deuten
auf Frühlingstage, lau und lind –
genauso wie das stille Läuten
des Schneeglöckchens im zahmen Wind.

Entronnen ihren eis’gen Banden,
hebt Aug um Aug die Welt zum Licht,
indes millionenfach Girlanden
sie blühend in ihr Jauchzen flicht.

Wie gern würd ich den Jubel teilen,
erwachter Fluren Morgenlied,
säh ich in diesem Vorwärtseilen
nicht auch die Zeit, die so entflieht.

 

Der Feiertage letzte Stunden

Der Feiertage letzte StundenDer Feiertage letzte Stunden.
Die Schatten dunkeln schon zur Nacht.
Wie unter Zauberhand verschwunden,
was Lärm und was Spektakel macht.

Das große Himmelsaug’ gebrochen,
das stechend auf dem Tage lag.
Der Sterne goldne Herzen pochen
und pumpen Licht bei jedem Schlag.

Ein kühler Wind streift durch die Gassen
und stößt ganz leicht die Blätter an,
die scheu die Kronen noch umfassen,
da grad erst ihre Zeit begann.

Die Wendigen, die nach den Wonnen
von Wasser, Grün und Strand begehrt,
sind allen Stopps und Staus entronnen
und glücklich wieder heimgekehrt.

Und auch wenn sie schon alle schwächeln –
von Müdigkeit ist keine Spur,
noch die Strapazen durchzuhecheln
im Lauf ihrer Erholungstour.

Weshalb noch viel erhellte Zimmer
im Dunkel der Fassaden glühn.
Doch nach und nach erlischt ihr Schimmer;
Erschöpfte sich um Schlaf bemühn.

Wie Phönix aus der Asche: Frieden.
Nach Festgetümmel Grabesruh.
Im Wechsel strebt akust’scher Tiden
die Stille ihrem Gipfel zu

Nur ein paar Stunden zu verweilen
bis morgens, wenn der Wecker schrillt,
um als Fanal vorauszueilen
dem Lärm, der mählich wieder schwillt.

Hinaus ins Leben, Brot verdienen!
Genug geruht auf fauler Haut!
Papiere tummeln und Maschinen –
die Arbeit ist des Bürgers Braut!

Doch wird wohl mancher erst beim Schinden,
bei der Maloche, oft verflucht,
Kolumbus’ Ei der Muße finden,
das Ostern er umsonst gesucht.