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Zum Tag des Dankes

Gewiss hab ich’s schon ausgeplaudert,
weil’s längst mir auf der Zunge brennt,
dass es mich ganz und gar nicht schaudert
vor Weinen, die man trocken nennt.

Da hab ich einen grad zu fassen
von ebendieser Qualität,
vor dem die anderen verblassen,
weil frisch er durch die Kehle geht.

Er schnürt sie nicht miteins zusammen,
dass beinah ihr der Atem stockt,
als würd er von ‘ner Traube stammen,
die keinen Fabelfuchs verlockt.

Und lässt auch nicht im Ansatz ahnen
den Schimmer einer Lieblichkeit,
um auch bei dem noch abzusahnen,
der mehr sich dem Lambrusco weiht.

Mit einem Wort, er flößt Behagen
mit jedem Aufguss mir ins Glas
als Gruß von jenen Sonnenlagen,
wo er als Pflänzchen gerne saß.

Ließ er sich’s damals wohl schon träumen,
wohin ihn führt die Lebensfahrt?
Gereift, gepresst, in Kellerräumen
in Tanks und Fässern aufbewahrt?

Um einst die Gurgel zu durchschießen
von so ‘nem durst’gen Menschenkind,
in die auch andre Stoffe fließen,
die lange nicht so edel sind?

Wär sicher lieber ihm gewesen,
als Beere friedlich zu vergehn,
als von ‘ner Winzerhand gelesen
die Kelterfolter durchzustehn.

Würd gern ein bisschen Trost ihm spenden,
sofern grad mir das möglich wär –
doch, doch, die Botschaft will ich senden,
dass fleißig ich den Bembel leer.

So ist vergeblich nicht sein Leiden,
so schrecklich nicht sein Opfergang,
gilt es doch, aus ‘ner Welt zu scheiden,
in der er Achtung sich errang.

Die will ich freudig ihm erweisen,
und wenn ich mir ‘nen Kater hol –
sieh her, ich lass den Becher kreisen:
Auf dich, mein Lieber, auf dein Wohl!

Weinselig

Wenn nach des Tages Last und Launen
erleichtert man zum Griffel greift,
lässt gern man sich in diesen raunen
ein Liedchen, wie der Spatz es pfeift.

Doch manchmal, auch bei langem Lauschen,
hält sich die Fantasie bedeckt
und schickt mir nur das Meeresrauschen,
das eher Müdigkeit erweckt.

Bevor ich mich geschlagen gebe
und meine Muse schlafen schick,
such ich erst Rat noch bei der Rebe,
dass sie mich mit Ideen spick.

Und wirklich, zwei, drei Schlückchen weiter
fühlt sich das Hirn schon so beschwingt,
dass es der Töne ganze Leiter
fast mühelos aufs Blatt mir wringt.

Nun ja, die Rebe anzupreisen,
ist wohl so ungefährlich nicht,
bedeutet’s doch auch zu beweisen
den guten Einfluss aufs Gedicht.

Da aber liegt der Hund begraben:
Nicht jeder Tropfen hat die Kraft,
dass er bescheidnen Dichtergaben
die höchste Sangeskunst verschafft.

Mal klappt es und mal geht’s daneben
mit dem erhofften Höhenflug,
und dieses Motto „Einen heben“
entpuppt sich oft als Selbstbetrug.

So viel ist sicher zu erkennen:
Hat man den Bogen überspannt,
die Verse einem nur so rennen
aus dem benebelten Verstand.

Doch nur in diesen beiden Sorten:
Banalität und Albernheit,
mit denen an der Musen Pforten
vergeblich man nach Einlass schreit.

Heißt aber nicht, die Zeit vertrödeln,
dass reuig ich nun Trübsal blas,
denn einfach nur mal rumzublödeln,
ist schließlich auch ein Heidenspaß!

Hab so mein Pulver ich verschossen,
dass nichts ich mehr zustande bring,
hab ich die Rebe doch genossen –
der hiermit ich ein Loblied sing.