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Zu neuen Ufern

Zig Sonden, technisch hoch gerüstet,
schickten ins All wir schon auf Tour,
weil es zu wissen uns gelüstet,
wie weiter draußen die Natur.

Bis zum entferntesten Planeten
trieb uns die Neugier schon hinaus,
wobei bei jedem wir erspähten
die Oberfläche seines Baus.

Desgleichen diese Wackersteine,
mit denen er sich gern umringt
und die an unsichtbarer Leine
im Kreise er zur Kugel schwingt.

Kometen auch, Asteroiden
und weiteres Geröll der Art
wird mit den feinsten Unterschieden
schon fotografisch aufbewahrt.

Ein Bild ist dabei rausgekommen
vom ganzen Sonnenkarussell,
das zwar in Teilen noch verschwommen,
doch super als Erkenntnisquell.

Die aber scheint nicht zu beflügeln
allein der bloße Forscherdrang –
auch Flucht von unsern grünen Hügeln,
wenn anders Rettung nicht gelang.

Wohin verzweifelt sich denn wenden,
wenn man dies Haus mal räumen muss –
zerdeppert von den eignen Händen
oder verglüht im Sonnenkuss?

Zu schwach sind noch die Wanderbotten,
wie sie der Schuster heute baut,
um lichtjahrlang dahinzutrotten,
bis Land das Hühnerauge schaut.

Da haben sie im Umkreis eben
den rüden Mars sich ausgeguckt,
obwohl den unser Weiterleben
anscheinend nicht besonders juckt.

Böt er denn eine luft’ge Hülle,
die unsre durst’ge Lunge nährt
mit einer unsichtbaren Fülle
von Stoff, der durch die Adern fährt?

Und die auch diesen Strahlenschauern,
die aus dem Kosmos niedergehn,
gleich unsern irdschen Brandschutzmauern
gewachsen ist zu widerstehn?

Und böte er bescheidne Grade
von Hitze und von Kälte an,
dass unsre zarte Hautfassade
es unversehrt ertragen kann?

Und böte er der trocknen Kehle
‘nen Quell auch hier und da zum Gruß,
dass an Erfrischung ihr’s nicht fehle
und Feuchtigkeit dem staub’gen Fuß?

Indem auch rings die Krume tränke,
auf dass ihr üppig Gras entsprieß
und jeder Berg und jede Senke
von Blüten manchmal überfließ?

Ach, alles, alles Pustekuchen.
Da bräucht’s schon einen Sisyphus,
um einen Horrortrip zu buchen,
der im Desaster enden muss.

Dass artgerecht er für uns werde,
der lebensfeindliche Planet,
gehörte ihm das Kleid der Erde
ans widerborst’ge Fell genäht.

Was müsste man fürn Aufwand treiben,
und über die Entfernung gar!
Und wer am Schluss zu Hause bleiben,
weil die Raketenplätze rar?

Das klingt nicht wirklich praktikabel,
eh’r nach dem Strohhalm, den man packt,
wenn schon des Geiers harter Schnabel
bedrohlich nach der Beute hackt!

Da heißt es doch sich ernstlich fragen,
wann endlich man zu Rate zieht
die, die wie niemand sonst beschlagen
auf diesem himmlischen Gebiet.

Jahrtausende uns schon beteuern
Schamanen, Geistliche und Co,
dass Götter da die Sterne steuern
und sie nur wüssten, wie und wo.

Und dass die düstren Regionen,
in die sich dieser Raum verliert,
grad die, wo blonde Engel wohnen
und man mit Harfen konzertiert.

Und da gibt man sich heut zufrieden
mit so ‘nem Globus zweiter Wahl,
der ja noch schlimmer als hienieden
das viel gescholtne Jammertal?

Der Schlüssel liegt bei Kirchenschiffen
und ihrer Lotsenbrüderschaft,
dass man mit vigelienschen Kniffen
den rechten Kurs da oben rafft!

Ist so ein Bruder auf der Brücke
als Lynkeus für die Sternenflut,
wer zweifelt, dass die Reise glücke
in dieses Ausgebufften Hut?

Ein Pfaffe und ein Theologe,
wenn die man in den Orbit schießt –
das müsste wirken wie ‘ne Droge,
die Paradiese uns erschließt!

Eingeflüstert

EingeflüstertGern lässt er sich für dumm verkaufen,
der Mensch, der für so schlau sich hält,
und eilt, den Fallen nachzulaufen,
die man „zu seinem Besten“ stellt.

Die Ersten, die ihn hintergehen,
sind die mit Macht und Staatsgewalt.
Sie wolln ihn still und willig sehen,
selbst wenn die Kriegstrompete schallt.

Dann soll sein Leben er riskieren
fürs „liebe Volk und Vaterland“,
indes die Butter dicker schmieren,
die immer weit vom Schuss man fand.

Und die als blut’gen Lohn ihm zahlen,
sofern, wie’s harmlos heißt, er „fällt“,
den Ruhm als staatsetatneutralen
nebst ‘nem bescheidnen Witwengeld.

Verarschung II: Die Religiösen,
die ‘n Himmel stets im Munde führn,
um sich Gewinne zu „erlösen“
als Pächter seiner Torgebühr.

Und die mit Höllenqualen drohen
dem Sünder, den „verstockt“ man heißt,
wobei die schrecklichste der Lohen
für Sünden gegen ihren Geist.

Extra ecclesiam nulla salus –
„nur durch die Kirche kommt das Heil“ –
wer daran zweifelt, kriegt ‘nen Malus,
einst auch per Brand und Henkerbeil.

Und alles dies in Christi Namen,
der wie kein andrer auf der Welt
gesprengt des Glaubens starren Rahmen,
dem Mitleid er vorangestellt.

Indes die Pfaffen stets bekannten
mit großer Lippe milden Sinn,
da schon die Scheiterhaufen brannten
und Menschen schmorend mittendrin.

Nun drittens noch zu den Schamanen,
die heut beschwörn mit Schall und Rauch –
nicht unter Staats- und Kirchenfahnen,
doch ebenso verlogen auch.

Das sind die fleiß’gen Beutelschneider,
die in der Wirtschaft führn Regie
und fabrizieren jene Kleider,
die Leute machen – sagen sie.

Mit andern Worten jene Sachen,
die man zum Leben braucht – und nicht,
doch wolln sie ständig weis uns machen,
der größte Fehler wär Verzicht.

Dann, schrecklich!, ginge uns ja flöten
(wie es die Werbung täglich lehrt)
so viel, was unbedingt vonnöten
für unser Wohl und unsern Wert.

„Denn nur an dem, was wir uns leisten,
erkennt der andre, was man hat.
Der Wahrheit folgen schon die meisten –
und ihrem Glück. Auch auf Rabatt.

Wer wird denn auf den Euro schielen
wie’n freudlos geldbesessner Greis
bei diesen unsren edlen Zielen:
Höchstqualität und Niedrigpreis!“

Und mit dem fotogenen Lächeln,
für das man Models sich geliehn,
kann die, die geistig etwas schwächeln,
schön übern Ladentisch man ziehn.

Auch hierbei wieder das Fatale:
Die Wahrheit weicht der Illusion.
Der Mensch schafft tausend Ideale –
die grad die Menschlichkeit bedrohn.

Wie rasch die Leidenschaften lodern,
wenn es um „heil’gen“ Unsinn geht!
Wer sich verweigert, mag vermodern –
so heillos ist die Welt verdreht!

Irdische Größe

Irdische GrößeDas unter einen Hut zu bringen –
ein Ding wohl der Unmöglichkeit:
Die Sphären, die im Raume klingen;
der Mensch, der lautlos sich verschreit.

In einem Räderwerk von Sternen
vollzieht sich unser flücht’ges Sein,
aus dem die Jahre uns entfernen
wie Flecken oder Wasserstein.

Doch da wir Flöhe sind auf Erden
und winzig unser Horizont,
hat alles leicht galaktisch werden
dem eitlen Spatzenhirn gekonnt.

Da kränzten manche sich mit Kronen
der Marke „Gottesgnadentum“
und ließen sich mit Leichen lohnen
den allerhöchsten Schlachtenruhm.

Und andre finstre Majestäten
erlogen gleich von A bis Z,
sie würden Gott höchstselbst vertreten
und wurden damit reich und fett.

Ach, über diese Psychopathen
könnt eigentlich man lachen nur,
wär nicht das Unheil ihrer Taten
und ihres Dünkels blut’ge Spur.

Doch Volksverächter und Schamanen
sind nicht allein von gestern bloß.
Sie ziehn noch immer ihre Bahnen –
geblähte Nullen, gernegroß.

Ziemlicher Fortschritt

Ziemlicher FortschrittHat irgendwer schon mal dem Regen
gezürnt, dass hinterm Berg er hält,
ja, ihm sogar gedroht mit Schlägen,
falls er nicht aus alln Wolken fällt?

Nun, unsre sehr entfernten Ahnen,
die mit dem Faustkeil in der Hand,
bedienten gern sich des Schamanen,
der sich mit so was ausgekannt.

Der hatte so seine Methode,
die äußerlich recht eindrucksvoll,
doch irgendwann nicht mehr in Mode,
denn sie verfehlte meist ihr Soll.

In jüngren Zeiten ließ die Wellen
ein König peitschen bis aufs Blut
des Bosporus (der Dardanellen?),
weil aufzumucken sie geruht.

Vielleicht dass selbst in heut’gen Tagen,
so auf dem fünften Kontinent,
in derart heiklen Wetterfragen
man noch zum Geisterseher rennt.

Wir Aufgeklärten sind da weiter,
wir wissen alles ungefähr,
und ob es trüb wird oder heiter
ist längst uns kein Geheimnis mehr.

Doch was zum Teufel nützt das Wissen,
wenn man dem Fakt sich fügen muss?
Die ew’ge Schwüle jetzt: beschissen.
Zehn Kachelmanns für einen Guss!