Schlagwort-Archive: schöne Reden

Waffenbrüder

Die schönen Reden sind verklungen.
Der Festsaal ist gespenstisch leer.
Politiker leihn ihre Zungen
dem Handel wieder und Verkehr.

Grad haben sie sich noch versammelt
an einem einstgen Höllenort
und ihr Entsetzen rausgestammelt
mit kühl vorherbedachtem Wort.

Die Stimme haben sie erhoben
zum Zeigefinger der Moral
und sind zufrieden abgeschoben
zum wohlverdienten Mittagsmahl.

Gedenken an ein Todeslager,
das an dem Tage man befreit –
und ich bekenn mich als Versager:
Mein Vers verstummt vor diesem Leid.

Die aber da mit Trauermienen
geredet oder still gelauscht,
ob wirklich einer Welt sie dienen,
die sich an Blut nicht mehr berauscht?

Sie kehrn der Stätte ihren Rücken,
zu Hause ebenfalls begehrt,
wo die Regierungsbank sie drücken,
von Sorgen andrer Art beschwert.

Die allerdings gewöhnlich kreisen
ums ew’ge Haushaltsdefizit,
was man als Staatsmann, der auf Reisen,
dann doch nicht so verbissen sieht.

Indes die lukrativen Quellen
sind ja so üppig nicht gesät,
so dass man in gewissen Fällen
sein Fähnchen nach dem Winde dreht.

Das machen alle Potentaten
quer durch Parteien und weltweit,
sobald in Geldnot sie geraten –
das heißt im Grunde jederzeit.

Doch ausgerechnet hierzulande,
wo so bestialisch man gequält,
dass es auf ewig noch zur Schande
der scheußlichsten Verbrechen zählt

Setzt wieder einmal man auf Waffen,
um, hocus pocus fidibus,
der Welt mehr Frieden zu verschaffen
mit jedem gutgezielten Schuss!

Da kann denn auch der Fiskus strahlen,
weil diese Haushaltsspritze wirkt –
auch wenn hier hinter schwarzen Zahlen
ein Berg von Toten sich verbirgt.

Und überall die Kinder weinen,
die achtlos man zu Waisen macht,
zu hausen unter Trümmersteinen,
die „wir“ vielleicht zu Fall gebracht.

Und während abends wir beglotzen
das Elend, das global grassiert,
finden wohl manches wir zum Kotzen,
was selbst wir dorthin exportiert.

Hat’s Massakrieren dann ein Ende,
weil nicht zu steigern, was man litt,
wäscht der in Unschuld seine Hände,
der ihm verdankt den guten Schnitt.

Profite aber einzustreichen
hat stets ‘nen höhren Stellenwert
als ‘ne Million verkohlter Leichen,
die man posthum mit Worten ehrt!

Auch unter „friedlichen“ Granaten
ja wer sein Leben lassen muss;
an Reden fehlt’s nicht, sondern Taten
gegen Export mit Über-Schuss.

Man trifft sich auf den nächsten Feiern,
mit Horror wurd ja nie gespart,
um sein Lamento herzuleiern.
Der Tod, er bleibt auf großer Fahrt.