Schlagwort-Archive: Spanien

Herausspaziert!

In jeder Chronik wird es stehen,
sofern von Spanien sie erzählt:
Erlaubnis zum Spazierengehen,
allein, verbandelt und vermählt!

Erteilt an diesem Maientage
und unterzeichnet nach Gebühr,
dass straflos seine Füße trage
der Bürger wieder vor die Tür.

Da solln sie endlich Auslauf kriegen
nach wochenlanger Abstinenz
und der Natur am Busen liegen,
wie sich’s gehört im schönen Lenz.

Ihr könnt euch denken: Völkerscharen
ha’m in die Puschen sich gezwängt,
auch solche, die nie scharf drauf waren,
dass man sich unter Veilchen mengt.

Und wuselten, Insektenhaufen,
nach Herzenslust so kreuz und quer,
um gleich den Rat zu unterlaufen:
Zwei Meter Abstand ungefähr!

Wolln hoffen, dass den Lockerungen
rundum Erfolg beschieden wird
und auf den Futterplatz der Lungen
sich nun kein Flegel mehr verirrt.

Zunächst sind noch begrenzt die Zeiten,
zu denen man nach draußen darf,
doch ein Signal, um einzuleiten
Beschränkungen, die nicht so scharf.

In wohlbedachten kleinen Schritten
die Schraube lockerer man dreht
bis dahin, wo nur leicht beschnitten,
erreicht der Punkt „Normalität“.

Doch was Experten nicht verschweigen,
die unermüdlich ja am Ball:
Die wird indes ein Bild uns zeigen,
das anders als vorm Krisenfall.

Könnt irgendwie auch ich mir denken –
was schützend man verordnen musst,
ist sicher schwer nur einzurenken
in hiesige Umarmungslust.

Kann man beim Küsschen Abstand halten?
Das wär des Kreises Quadratur!
Doch wird die Liebe drum erkalten
ein Meter fünfzig weiter nur?

Ein Tischgespräch

Mit sich und mit der Welt zufrieden,
den Plastikstuhl ins Eck gerückt,
scheint just er bei den Hesperiden
die goldnen Äpfelchen gepflückt.

Er birgt sich unter einer Krempe,
die breiter als beim Cowboy-Hut,
als wär er Künstler oder Kämpe
mit wildem Revoluzzer-Mut.

Wozu indes nicht richtig passen
Bermudashorts und Hula-Hemd,
die freie Körperstellen lassen,
weil um den Bauch herum es klemmt.

Tut Abbruch nicht der guten Laune,
mit der er seine Zähne zeigt,
dass man sie allerseits bestaune –
weshalb er auch nur selten schweigt.

Ihm gegenüber eine Dame,
die ihm vermutlich angetraut
und dass sein Wortschwall nicht erlahme,
geduldig ihm ins Auge schaut.

Doch dem gebornen Schwadroneure
scheint diese Hörerschaft zu klein,
er dreht noch auf mit dem Geröhre
und redet auf die Nachbarn ein.

Grüß Gott, ich komm aus Sabbelhausen
und wohn da drüben vis-à-vis,
wolln heute hier mal anders schmausen
als ewig Fisch und Schalenvieh.

Geht doch nichts über deutsche Küche,
ganz selten, dass ich da mal nöl,
allein in Spanien die Gerüche
von Knoblauch und Olivenöl!

Von wo hat’s euch denn her verschlagen?
Soso, ihr kommt aus Zwergenbach –
ein nettes Fleckchen, muss ich sagen,
ich war mal da, weiß ich noch schwach.

Seid Rentner ihr und Residenten
oder nur kurz auf Urlaub hier?
Was uns betrifft, nach Jahren trennten
wir uns vom hiesigen Quartier.

Denn Enkelchen sind angekommen –
ach, wem die Bälger nicht gefieln!
Da haben wir uns vorgenommen,
die lieben Großeltern zu spieln.

Wir fliegen also nächste Woche.
Euch alles Gute und viel Glück!
So endet leider ‘ne Epoche,
doch kehrn fürn Urlaub wir zurück.

Im gleichen Sinne Kontra gaben
die Frohnaturn vom Nebentisch,
aus bierbeseelten alten Knaben
und Klunkermuttis ein Gemisch.

Selbst wen’ger aufmerksamen Hörern
entging kein Wort, das nicht geraunt,
nein, ungleich heimlichen Verschwörern
sie in die Welt hinausposaunt.

Ja, mehr an aufschlussreichen Fakten
von sich aus haben sie gesagt
als mancher, den laut Kirchenakten
man „peinlich“ einst dazu befragt.

Eins eins. Debatte unentschieden.
Die Punkte brüderlich geteilt.
Doch in dem beispielhaften Frieden
nur eine Mannschaft noch verweilt.

Team A erhob die müden Glieder,
ein letzter Ruf die Reihn entlang:
„Mit Sicherheit sehn wir uns wieder!“ –
Was eher wie ‘ne Drohung klang.