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Auf Sonnenkurs

Wie ich wohl öfter schon erwähnte,
kein Hahn mich aus den Federn kräht;
mein Ruhstand sich inzwischen dehnte
auf … Kinder, wie die Zeit vergeht!

Wie wehrt man diesem steten Fließen?
Verändrung, Wechsel, dacht ich halt.
Und: Ist der Sommer zu genießen,
doch nicht der Winter, nass und kalt.

So habe ich mich denn entschlossen,
zu überlisten Vater Frost,
‘ne Abschiedsträne noch vergossen –
und auf nach Süden, ab die Post!

Drei Stunden Fluges abgesessen
und raus in eine andre Welt.
Zwar wird auch hier in Grad gemessen,
doch selten nur die Säule fällt.

Fast hätt gejauchzt ich vor Vergnügen,
die Sonne schien noch pur und prall,
doch wie’s halt ist bei solchen Flügen,
man ist als Mensch kein Einzelfall.

Die Rentner schweben zu Millionen
hier mit dem Billigflieger ein,
in ihrem Wabenturm zu wohnen,
Balkon in Richtung Sonnenschein.

(Ich lass die kleine Schar beiseite,
die Finca-Freuden hier genießt
mit Meerblick oder sonst’ger Weite,
die von den Hügeln sich erschließt.)

Da kriegt‘ ich gleich den ersten Dämpfer
für mein naives Wagestück –
ich bin wohl gar kein Einzelkämpfer,
wenn ich den Tag hier unten pflück.

Und sah auch bald an Strand und Hafen
Betagte viel und nordisch blass,
die Herbst und Winter hier verschlafen
bei Rotwein, Bier und Klaberjass.

Doch wenn im Frühling dann ihr Feuer
die Sonne immer stärker schürt,
ist manchem schon nicht mehr geheuer
die Glut, die ihn hierhergeführt.

Allmählich lichten sich die Reihen,
die Rentnerquote siecht dahin,
und Ende Juni sieht von dreien
nur einer noch im Bleiben Sinn.

Die Flieger füllen sich nun wieder
mit Passagiern bis an den Rand
und kommen erst in Ländern nieder,
wo dieser Vögel Wiege stand.

So mag es die Vernunft gebieten
im Schulterschluss mit dem Verstand,
doch ich, Novize dieser Riten,
wies sie entschieden von der Hand.

Ich lass mich nicht ins Bockshorn jagen
von einer Hitze Schreckensbild,
die so sehr aus der Art geschlagen,
dass sie womöglich Keime killt.

Der Winter ist ‘ne harte Schule,
die man im Norden wuppen muss,
und dieses Völkchen nahe Thule
auch sonst nicht grad aus Zuckerguss.

Drum werde ich die Stellung halten,
was immer auch ins Haus mir steht –
soll sich der Sommer doch entfalten,
bis Tauben er im Fluge brät!

‘nen Vorgeschmack konnt ich schon kriegen,
so einen Tag mit Wüstenhauch:
Den ließ ich links noch locker liegen –
doch etwas mulmig war mir auch.

Winter ade

Winter adeIhr kennt sie ja, die Wetterzwänge –
man setzt den Fuß nicht unbedingt
hinaus aus seiner Stubenenge,
wenn Petrus seine Wäsche wringt.

Was in den seligen Gefilden
Iberiens selten ja im Schnitt,
doch in dem Winter hier, dem milden,
Schnee, Eis und Hagel stellvertritt.

Bleibt nur noch einer zu erwähnen,
der öfter mal Randale macht –
der Wind, der aus dem großen Gähnen
zu tierischem Gebrüll erwacht.

Klar, geht auch dem man aus dem Wege,
weil wild er deinen Skalp begehrt
und dir zwecks weitrer Körperpflege
gern eisig in den Kragen fährt.

Doch abgesehn von diesen Fällen
hemmt weiter nichts die Wanderlust,
zu baden sich in goldnen Wellen
aus Helios‘ heißer Heldenbrust.

Und hast du ‘nen Balkon am Wickel,
der seewärts schön nach Süden geht,
dann hock dich auf den Hosenzwickel,
da wo im Licht die Liege steht…

Und lass die Plautze dir bescheinen,
Visage, Backen, Stirn und Kinn
bis runter zu den Spargelbeinen
als Therapie im Ganzheitssinn.

Wie lernten einst wir in der Schule:
„Der Winter ist ein rechter Mann“?
Ja, aber nur im „letzten Thule“ –
hier unten geht er’s „softer“ an.