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Im Meer des Himmels

Im Meer des HimmelsEin schöner Vollmond zieht am Himmel
in dunklen Wolken seine Bahn,
den Weg sich suchend durchs Gewimmel
wie durch die Welln ein Fischerkahn.

Sein Strahl, vorausgeworfen, mündet
ins Auf und Ab der dunst’gen Flut,
die in dem Kegel sich entzündet
zu kalter, diaphaner Glut.

Wie wild dahin die Wolken stürmen,
kopfüber wie ein Tümmlertrupp,
sich strecken, biegen, krümmen, türmen
den Wogen gleich im Salzgesupp!

Der Suchscheinwerfer aber gleitet,
dass er den rechten Weg ertast,
gemächlich, wie Selene schreitet
und sicher ihn am Henkel fasst.

Ich seh ihn noch ein Weilchen wandern,
von Strähnen grauen Rauchs meliert,
bis er von einem Nu zum andern
sich irgendwo im Nichts verliert.

Es folgt ihm niemand auf dem Fuße.
Leer liegt die Flur, wie abgebrannt.
Die Sterne auch, sie tun heut Buße
im sündhaft schwarzen Mönchsgewand.

Sonst ist von da nichts zu berichten.
Wird Zeit, dass ich der Ruhe frön.
Vielleicht werd ich den Guten sichten
im Traum erneut so voll und schön.

Bei Vollmond

Bei VollmondAls könnt man ihn mit Händen fassen,
so groß kommt heut der Mond daher.
Schon hat die Berge er verlassen
und schwebt verträumt in Richtung Meer.

Was mag wohl in ihm vor sich gehen,
wenn unter ihm dies schwarze Nichts,
in dem nur hier und da zu sehen
ein winz’ges Schiff als Pünktchen Lichts?

Wird er wie ich die Weite fühlen
und jener Wesen Einsamkeit,
die schwer sich durch die Wogen wühlen,
nur Wind und Wasser zum Geleit?

Doch wie? Muss er nicht selber kreisen
in noch viel größren Sphären da,
und ist kein Leuchtturm, ihm zu weisen
ein Ufer, heimatlich und nah?

Wir schwimmen ja auf schmalen Planken
mit etwas Dusel heil nach Haus
und solln dem Schicksal dafür danken.
Der Mond, der fährt nur immer aus.

Was will mir aber mehr gefallen:
zu leben für ‘ne Galgenfrist
oder als Klotz dahinzuwallen,
der nirgendwo zu Hause ist?

Ich werde sicher davon träumen,
dass mir der Schlaf sein Urteil spricht –
vom Mond in seinen ew’gen Räumen,
vom Kahn, der einmal wo zerbricht.

Ausnahmeerscheinung

AusnahmeerscheinungIn seinem prächtigsten Ornate,
dem Gegenteil von Schnäppchen-Kauf,
ging wie ‘ne goldene Oblate
er plötzlich übern Dächern auf.

Erst hab ich ihn nicht wahrgenommen,
weil tief ich übers Blatt gebeugt,
und dann nur flüchtig und verschwommen,
als kurz durchs Fenster ich geäugt.

Doch kam so glänzend er geschritten,
so herrlich übers Firmament,
dass mir die Augen davon litten,
als wär’s die Sonne, die da brennt.

Und wie so oft bei Majestäten
viel Sinn herrscht fürs Brimborium,
hat er die Szene heut betreten,
den ganzen Hof um sich herum.

Sein Pech nur, dass im Höhersteigen
der schöne Nimbus ihm verblasst
und von dem stolzen Flaggezeigen
nur blieb ein träg betuchter Mast!

Ich weiß, ich weiß: der Lauf der Dinge,
rasch ist der Lack ja wieder ab
und enger zieht sich nur die Schlinge
fürs letzte erdbelegne Schapp.

Doch mag dies auch für alles gelten,
fürn Mond nun mal gerade nicht,
der ewig haust in seinen Welten –
als großes oder kleines Licht.

Nicht schon wieder

Nicht schon wiederDen Vollmond könnte ich bedichten,
der funkelnd übern Himmel streicht,
bisweilen auch durch Wolkenschichten,
die er mit trüber Helle bleicht.

Dies Stück indessen steht so lange
schon auf dem Spielplan der Natur,
dass, tief gesunken heut im Range,
ein Gähnen würd’s entlocken nur.

Das kann ich zwar nicht richtig finden,
denn spannend ist die Welt allzeit
und monoton nur einem Blinden,
der ständig nach Spektakeln schreit.

Doch will ich mich der Mode beugen,
die Mond und Sterne fortgewischt,
und meine Fantasie bezeugen,
die immer neu die Karten mischt.

Mein Kühlschrank also von der Marke***
(ich hasse Werbung im Gedicht),
in einem Winkel ich ihn parke,
wo er mir stets ins Auge sticht.

Natürlich hat das gute Gründe,
die man mir sicher nicht verdenkt,
weshalb ich folgend sie verkünde,
wenn auch summarisch nur, gedrängt.

Als Erstes müsst ihr nämlich wissen,
dass stark der Kerl und untersetzt –
doch grade das möcht ich nicht missen,
auch die 1,70 nicht (geschätzt).

Was er denn da nicht auch an Bürde
von Tag zu Tag mir schultern muss!
Ich glaub, ein Schmächtigerer würde
verzweifeln an dem Überfluss.

Es steht ja gut gefüllt die Scheuer
mit fester und mit flüss’ger Last,
solang nicht höher steigt die Steuer,
mit der die Renten man erfasst.

(Dies ist mir peinlich fast zu sagen,
da’s immerhin zum Leben reicht –
was hätten jene erst zu klagen,
von deren Wen’gem man noch streicht?)

Kurzum, ein Magazin der Freuden,
nach dem sich gern der Gaumen reckt,
gewohnt, kein Fitzchen zu vergeuden,
das ihm nach seiner Mütze schmeckt.

Und dann, und dann – die Ohren spitzen! –
trägt er ‘ne geistige Mission;
mag er auch Eis und Wasser schwitzen,
er tut es nicht um Gotteslohn.

Denn wenn mit seinen schönen Gaben
er mir die Schaffenskraft genährt,
darf an den Versen er sich laben,
die meine Muse ihm verehrt.

Ich denkt, das weiß er nicht zu schätzen?
Da kennt ihr meinen Frigo schlecht!
Er schnurrt so wohlig zu den Sätzen,
als wärn sie ihm von Herzen recht!

He, was ist das? Ich seh euch gucken
so ausgesprochen teilnahmslos,
als würd das Thema euch nicht jucken,
von dem ich rede hier so groß.

So’n Kühlschrank ist nicht eure Sache?
Das seid ihr lyrisch nicht gewohnt?
Na gut. ‘nen Punkt ich dann mal mache.
Man sieht sich! Morgen wieder Mond?

 

Nach dem Vollmond

Nach dem VollmondSchon ist der Vollmond durchgezogen,
und einsam wieder liegt und leer
im bleichen Schaum der Wolkenwogen
das sternenlose Himmelsmeer.

Und diese Stadt an seinem Grunde,
die tags von Leben nur so sprüht,
verkümmert jetzt zur Abendstunde
wie eine Blume, die verblüht.

Von Schatten völlig übergossen
der Häuser steinernes Gesicht.
Wie unter Lidern, halb geschlossen,
glimmt spärlich nur noch Stubenlicht.

Und wo auf gegenläuf’gen Bahnen
nie, scheint es, der Verkehr versiegt,
kann man die Straße nur noch ahnen –
ein Asphaltbett, das trockenliegt.

Wie tief ist dies urbane Schweigen,
in das nicht mal ein Hofhund bellt
und nicht einmal Zikaden geigen
ihr Nachtkonzert vom Trümmerfeld!

Ja, wenn ich es nicht besser wüsste,
ich käm wohl noch auf die Idee,
die ganze Welt ging nun zur Rüste,
dass nie sie wieder aufersteh.

So werd ich ruhig schlafen gehen,
bis Eos ihre Flügel reckt.
Soll doch kein Hahn dann nach mir krähen –
wenn sanft mich nur die Sonne weckt!