Vermessung von Erbsen

Er war nicht grade groß zu nennen,
was ja im Grunde nichts besagt,
indes uns hilft, um zu erkennen,
dass andre gern er überragt.

Am liebsten gab den Vorgesetzten
er wöchentlich im Sitzungssaal,
wo den Kollegen, den „geschätzten“,
er sich als neunmalklug empfahl.

Dabei will ich nicht unterstellen,
dass er nur dummes Zeug geschwätzt,
doch sicher hat in vielen Fällen
er seine Wirkung überschätzt.

Natürlich war er selbst der Letzte,
dem Kritisches zu Ohren kam,
und während er „Akzente setzte“,
fand ihn die Mehrheit eher lahm.

Das mochte zwar für vieles gelten,
doch nicht für sein Naturtalent –
im heil’gen Hain Apolls zu zelten
als erster Schriftgut-Rezensent.

O was für Fehler er gefunden –
ein Spürhund war nichts gegen ihn!
Er ließ sich jedes Komma munden,
das ihm nicht recht zu schmecken schien.

Auch schätzte er als Leckerbissen,
wenn Groß und Klein wer bös vermischt –
das hat mit sauberem Gewissen
demselben er dann aufgetischt.

Ja, seinen ems’gen Späherblicken
entging nicht mal der weiße Fleck,
vergaß dem Satz man anzuflicken
des Punkts finalen Fliegendreck.

Jetzt greif ich tief mal in die Kiste,
aus der der Staub der Bildung weht:
Ich seh ihn unten auf der Liste,
wo Zoilus ganz oben steht!

Ein Kritikaster erster Güte,
der alles gnadenlos verriss,
dass selbst im friedlichsten Gemüte
er einst erregte Ärgernis.

Drum nahm er auch ein schlimmes Ende
(im Altertum) von Henkershand.
Ein Glückskind schöner Zeitenwende,
traf unsren nur der Ruhestand.