Zeitläufte

ZeitläufeSchon wieder Mittwoch; und erst gestern
hat auch den Tag man so genannt!
Sind es nicht Brüder alle, Schwestern,
sich alle ähnlich und verwandt?

Wie sie denn auseinanderhalten?
Sie zeigen mir nur ein Gesicht:
am Tag Beton und Mauerspalten,
das Gleiche nachts bei Neonlicht.

Dazu in ständ’gem Wiederkehren,
genauso monoton und stur,
die Zeiten, die sich vierfach jähren
im raschen Wandel der Natur.

Da steigt aus einem Meer von Blüten
ein junger Gott, der Frühling auf
und lässt die Vögel wieder brüten
und den Gefühlen ihren Lauf.

Doch kaum hat er die frost’ge Erde
zu neuer Lebenslust entfacht,
hat ihm das ew’ge Stirb und Werde
auch selbst den Garaus schon gemacht.

Triumph der Sonne: Sommertage
mit Licht und Lerche überm Feld;
wo alles reift, indes die Waage
schon früchteschwer zum Herbste fällt.

Dann müssen sich die Blätter färben,
dann stirbt, was erst der Lenz gesät:
Zeit des Verfalls – die zu beerben
der Winter schon gestiefelt steht.

Des Kosmos ew’ges Fliehn und Kreisen,
hier findet es gespiegelt sich:
ein Globus immer nur auf Reisen,
der Zeit nicht achtend, die verstrich.

Mag er sie meinethalb verschwenden,
er hat davon weiß Gott genug –
doch meine wird in Kürze enden
und schwindet dennoch wie im Flug!

Hab ich von Mittwoch grad gesprochen?
Auch er schon fort wie weggefegt:
Ein neuer Tag ist angebrochen.
Dem Dichter keine Stunde schlägt.

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