Mondaufgang

MondaufgangSchon aufgefahrn ‘ne ganze Strecke,
kommt grad er hinter Dächern vor,
sieht aus mit seiner fehl’nden Ecke
wie Vincent mit verbundnem Ohr.

‘ne Piepe jetzt nur noch im Munde,
dann wär die Illusion perfekt,
dass in des Monds sensiblem Runde
vergöttlicht unser Maler steckt.

Na ja, wer wird an Wunder glauben –
ein Spiel nur müß’ger Fantasie;
der über Firste steigt und Gauben
schon manchem sein Gesicht verlieh.

Das scheint ihn aber nicht zu scheren –
er spult sein Pensum ruhig ab,
die pflichtgeflognen Meiln zu mehren
in stetigem Trabantentrab.

Man meint, er hätte keine Eile,
wenn man nur flüchtig ihn gewahrt –
begafft man ihn indes ‘ne Weile:
„Na, der ist aber fix in Fahrt!“

Jetzt ist er schon ein Stück gestiegen
und treibt im offnen Himmelsmeer.
Wie fern ihm schon die Dächer liegen,
o Küste ohne Wiederkehr!

Dann ist der Spuk auch schon verschwunden,
der Ozean hat ihn verschluckt –
Beginn der langen, langen Stunden,
in denen man ins Leere guckt.

Die Nacht, sie macht mir Angst und Bange,
glimmt traulich nicht ein Lämpchen wo –
als wäre heimlich was in Gange,
als ob ein Ungewitter droh!

Im Kosmos meiner kleinen Kammer
ist stets ein Lichtlein aufgestellt,
verscheucht mir solchen Katzenjammer,
wenn mondgleich es mein Blatt erhellt.

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