Das ganze Land im Fußballfieber.
Ein neuer Titel ist in Sicht.
Der Dichter aber dichtet lieber,
weil dieser Hafer ihn nicht sticht?
Im Gegenteil, er zieht mit Freude
sich möglichst viel Partien rein,
dass seine Leidenschaft vergeude
er auch einmal fürs Wadenbein.
Da gibt’s ‘ne Menge zu bemerken
an Fakten, die er sonst nicht kennt,
zum Beispiel auch die Kopfballstärken,
die wichtig, wenn die Hütte brennt.
Und auch gezielte Ruppigkeiten
schon im neutralen Mittelfeld,
die ihn verpflichten, einzuschreiten,
den Zensor, der die Pfeife hält.
Im Hin und Her der Pässe, Flanken,
paart Kampfkraft sich mit Präzision,
bis schließlich Abwehrmauern wanken
und Tore falln als Stürmerlohn.
Und wer die Palme dann errungen,
genüsslich übern Platz stolziert,
dieweil mit unverbrauchten Lungen
von Fans die Hymne intoniert.
Dann rauscht es mächtig von den Rängen
in siegestrunkner Sangeslust
von kolorierten Menschenmengen
aus voller Patriotenbrust.
Die Fouls, vom eignen Team begangen,
empörten ohnehin sie nie –
doch jetzt, im sel’gen Rausch gefangen,
verzeihn sie selbst dem Gegner sie.
Die Sache geht indes noch weiter:
Es handelt sich um ein Turnier –
die nächste Sprosse auf der Leiter
hat schon die Mannschaft im Visier.
Man muss sich mühsam vorwärtstasten,
mal auch mit Glück und Fantasie –
oft springt per Zufall in den Kasten
der Ball vom Hintern oder Knie.
Ich lausch nach draußen: Grabesstille.
Im Fernsehn läuft ein Match zurzeit.
Des Fußballvolks gebrochner Wille
jetzt stumm nur noch nach Toren schreit.
Als gäbe es ‘ne Ausgangssperre,
so öd die Straße und so leer;
nicht mal das übliche Geplärre
vom Schuppen um die Ecke her.
Man fühlt es wie ‘ne Spannung liegen
in dieser schwülen Sommerluft.
Dann das Finale: Elf, die siegen –
und Leidenschaft, die jäh verpufft.