An der Strecke

Grad wie ich so ans Fenster trete,
um nur mal kurz zu kucken halt,
da schießt ‘n Ding wie ‘ne Rakete
westöstlich über den Asphalt.

Und eh ich mich noch fragen konnte,
was war das für ein Flugobjekt,
war’s schon wer weiß auf welchem Monte,
der Astronomen-Träume weckt.

Doch rasch ließ mich der Pulk erkennen,
der nahtlos sich an dieses schloss,
dass Sport im Spiel, ein Fahrradrennen
mit seinem umfangreichen Tross.

Ein Defilee von Mannschaftswagen
im Rücken dieser wilden Hatz,
um den Akteuren nachzutragen
Verpflegung neben Radersatz.

Was für ‘ne bunte Karawane
sich flüchtig da dem Auge bot,
das heißt, bei diesem Affenzahne
meist Werbung, des Athleten Brot!

Doch kaum war sie im Nichts verschwunden,
lag öder da die Straße noch,
und der Verkehr der Mittagsstunden
pfiff kläglich auf dem letzten Loch.

Doch war mein sportliches Int’resse
mit dem Ereignis nicht erschöpft,
so dass ich mir zunächst die Presse
und dann die Glotze vorgeknöpft.

Die vierte, hieß es da, Etappe
der Spanienrundfahrt sei in Gang
und alles andre als von Pappe
die ganze lange Strecke lang.

Der Radler war verdammt, zu strampeln
x Kilometer bis zum Ziel
und ohne Pause an den Ampeln,
damit er aus dem Takt nicht fiel.

Die Landschaft, Feld, Olivenhaine,
flog rechts und links nur so dahin
im steten Auf und Ab der Beine
und hoch die Knie bis fast zum Kinn.

Dann ging’s durch schmale Kleinstadtgassen –
auch die gemeistert, aber wie!
Am Straßenrand die Menschenmassen
begeistert bis zur Euphorie!

Drei Burschen waren ausgerissen
und schon mit großem Abstand vorn.
Das Hauptfeld hinterher verbissen
und warf die Flinte nicht ins Korn.

Doch so ‘nen Vorsprung, so’n soliden,
holt auch ein Coppi nicht mehr ein,
am Ende wurd im Sprint entschieden
der Sieg nur unter diesen drei’n.

Indes sich die Akteure quälten
durchs letzte Stückchen ihrer Tour
und schon die Kilometer zählten:
Granada – zwanzig, fünfzehn nur!

Und plötzlich, wie ein kühler Bronnen
im uferlosen Wüstensand,
als Eingangstor zu allen Wonnen
das Ziel da auf dem Gipfel stand.

Verzweiflungsspurt der tapfren Treter
die letzte Steigung hoch. Vorbei!
Und hundertsechzig Kilometer
fieln von den Beinen ab wie Blei.