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Die letzte Ernte

Da seht der Erde Schätze schwinden,
selbst Luft und Wasser werden knapp,
und für ‘ne karge Ernte schinden
sich viele schon vergeblich ab!

Der Grund dafür ist nicht verborgen:
Es ist des Menschen stete Gier,
sich üppiger noch zu versorgen
als für den Schlaf ein Murmeltier.

Doch füllt man seine Speisekammer
nicht nur aus Not bis oben an,
es liegt ja darin grad der Jammer,
dass vieles sie entbehren kann.

Reichen denn nicht nur wen’ge Sachen
von grober, aber guter Art,
um einen Magen satt zu machen,
der sich Genügsamkeit bewahrt?

Des Tages Appetit zu stillen,
die Kost man nicht nach Kilos wieg,
und um ‘ne Thüringer zu grillen,
braucht’s nicht ‘ne halbe Wurstfabrik!

Kassandrarufe in der Wüste!
Wer immer schon am Braten roch,
wie dass der freudig nicht begrüßte
die Haxe von ‘nem Kirmeskoch!

In diesen Überfluss geboren,
der ständig neue Wünsche weckt,
verschließt der Schlemmer seine Ohren
der Warnung, die ihm bitter schmeckt.

Was soll er denn noch überlegen?
Er lässt sich blind vom Bauch regiern
und ohne Angst vor Schicksalsschlägen
die Parzen seine Stullen schmiern.

Dass um ihn her das Elend lauert
in jedem Winkel dieser Welt,
er glaubt es nicht und erst erschauert,
wenn’s seinen Nachbarn schon befällt.

Dann schimpft er plötzlich auf das Leben,
das launisch, böse, ungerecht;
„gern käm ich, dir was abzugeben,
doch geht’s mir, Nachbar, selber schlecht“.

Den überlässt er seinem Lose
und frisst sich selbst an Klößen fett,
ein Heuchler, der die Butterdose
zur Not im Safe verschlossen hätt.

Das Ganze typisch für die Massen,
dern Glaube sie zu Mitleid zwingt,
doch die gewohnt, ihn anzupassen
dem Reibach, den er ihnen bringt.

Man wird die Erde also plündern,
bis auch der letzte Halm geknickt
und aus den abgezehrten Mündern
der Hunger seine Seufzer schickt.

Dann hat genug nur noch zu mähen
der Schnitter, der von Fleisch entblößt.
Der Satte wird um Gnade flehen,
der Schmachtende vom Leid erlöst.

Horrortrip

Längst ist der Globus überladen
mit seiner bunten Völkerfracht,
die sich schon alle fünf Dekaden
verdoppelt auf die Reise macht.

Und dennoch Tag für Tag ihm steigen
die Leute zu in großer Zahl,
die nicht einmal ihr Ticket zeigen,
denn Schwarzfahrn ist darauf legal.

Drum wird die Achse ihm nicht brechen,
wie schwer auch dieser Zuwachs wiegt;
es fehlt ihm allerdings an Flächen,
dass jeder auch ein Plätzchen kriegt.

Man wird sich auf die Füße treten,
je dichter man zusammenrückt,
und mit den Fäusten sich bekneten,
wenn’s auf die Hühneraugen drückt.

Es wird indes noch schlimmer kommen,
ist man erst derart eingezwängt,
dass jede Nase wie benommen
am Atemhauch des Nachbarn hängt.

Dann wird der Typ selbst explodieren,
der niemals aus dem Ruder lief,
um augenblicklich zu vertieren
zur Bestie, die in ihm nur schlief.

Dann wird im Jähzorn man zerstören
das Hindernis aus Fleisch und Bein
und hoch und heilig darauf schwören,
(aus Notwehr nur!) im Recht zu sein.

Dann mag dir bloß das Trittbrett dienen
für deine ungewisse Fahrt:
Man stößt brutal dich auf die Schienen,
dass du auf Schotter aufgebahrt.

Ja, in dem ganzen großen Wagen,
der wie mit Viechern vollgestopft,
geht man so roh sich an den Kragen,
dass rot es von Wänden tropft.

Und ist man erst so schön in Gange,
dann gibt es auch kein Halten mehr,
man haut und sticht und schießt so lange,
bis alle Magazine leer.

Zum ersten und zum einz’gen Male
verwischt der Völker Unterschied:
Gemeinsam bleicht im Jammertale
man nach dem Menschheitssuizid.

Der Globus aber rumpelt weiter,
die Polster noch von Blut bekleckst,
und braucht nicht mal ‘nen Zugbegleiter,
weil bald schon Gras darüber wächst.

Gans zufällig

Was für ‘ne klösterliche Stille!
Kein Menschenauflauf: Wochentag.
Um uns herum die Herbstidylle
wie auf ‘nem Bild von Bruegel lag.

Und unbeschwert sind wir gegangen
auf dem gehegereichen Pfad,
um unversehens anzulangen
am Wasservogel-Reservat.

Da tummelten auf ihrem Teiche
die Enten sich aus aller Welt
und Gänse, auch so schwanengleiche,
dern langer Hals ins Auge fällt.

Um sie uns näher anzugucken,
schlurften wir langsam auf sie zu;
das schien indes sie nicht zu jucken
als ziemlich flugerfahrne Crew.

Ein Trupp stand auf der Uferwiese
grad da, wo diese eingezäunt,
und lauschte still der Expertise
von irgendeinem Vogelfreund.

Wir also zu den Pseudo-Schwänen
in Richtung auf den Wiesenrand,
da sahn wir am Geländer lehnen
zwei Leute, die uns wohlbekannt.

Hallo, hallo! Erstaunte Blicke.
Ein Zufall, auf den Punkt genau.
Wir sind nicht Freunde grade, dicke,
doch schätzen uns aus dem e. V.

Wobei hier mal aus voller Kehle
besonders einem Lob gebührt,
weil ständig er mit Leib und Seele
den Tieren nach der Bleibe spürt.

Ihm helfen dabei jene Ringe,
die vieln er um die Füße legt,
damit es festzustelln gelinge,
wohin sie’s nach der Brut verschlägt.

Er kennt wohl jede Lebensphase
des Zuggeflügels der Region,
und kaum direkt vor unsrer Nase,
erwacht auch unsre Neugier schon.

Denn weil so viele fremd uns waren,
haben nach manchen wir gefragt,
die untern bunten Entenscharen
da auf dem Teiche mitgequakt.

Dann drehten wir den Rest der Runde;
ich aber lachte insgeheim,
mach ich doch dank berufnem Munde
mir jetzt auf Gänse einen Reim.

Umleitung

Schon lichten sich die Nebelschwaden
und Regen bleibt uns heut erspart.
Wie sollte sich da nicht entladen
die Lust auf eine Wanderfahrt?

Zunächst mal auf die Autopiste!
Die Route war uns zwar vertraut,
doch weiterrollend in der Kiste,
sahn jäh die Straße wir verbaut!

„Anlieger frei“. Das ließ uns hoffen,
es müsste wo ein Ausgang sein,
wir taten so, wie mitbetroffen,
und bogen in die Lehmspur ein!

Indessen schon nach kurzer Strecke
ein Gutteil dieser Hoffnung schmolz,
denn plötzlich schickte um die Ecke
die Trasse uns ins Unterholz.

Wir fanden uns im Walde wieder,
der herbstlich trist und desolat,
die Räder ächzten auf und nieder
auf einem krummen Wurzelpfad.

Dann aber teilte sich die Schneise,
drei Wege standen uns zur Wahl,
mit einem Wort, die Dschungelreise
war aus, finito erst einmal.

Jetzt hieß es, nicht den Mut verlieren.
Da kam die gute Fee auch schon,
die lief mit ihrem Hund spazieren
hier fern der Zivilisation.

Indem sie kurz den Kopf nur wandte,
sah das Dilemma sie uns an
und en passant die Botschaft sandte:
„Da geht es nur zu Fuß voran.“

Nun, mit Gerüttel und Gerumpel
zurück denn über Stock und Stein.
Mag uns der „Golf“, der alte Kumpel,
den Holzweg noch einmal verzeihn!

Aufs Navi jetzt die Augen flogen,
das ja bisher noch nicht im Spiel,
das führte uns in hohem Bogen
mit sichrem Pfeil an unser Ziel.

Die Laune war uns nicht verdorben,
so’n kleiner Umweg ist ‘n Klacks.
Jetzt schnell die Tickets noch erworben –
und in den Park zu Fuchs und Dachs!

Wachstumsschäden

Die Wurstelei, sie nimmt kein Ende,
steht auch das Wasser schon zum Hals.
Und brav im Schoße ruhn die Hände –
bei unsren „Machern“ jedenfalls.

Allüberall brennt schon die Hütte,
nimmt das Desaster seinen Lauf,
doch legen eher noch ‘ne Schütte
an Kohln die „Brandbekämpfer“ drauf.

Durchaus im übertragnen Sinne,
denn „Kohle“ heizt die Wirtschaft an,
und ohne Aussicht auf Gewinne
noch keiner ein Projekt begann.

Derweil sich weiterhin vermehren
die Menschen wie im Sauseschritt
und von der Erde Früchte zehren,
die halten nicht das Tempo mit.

Der Mangel aber wird grassieren,
der stets die gleichen Blüten treibt:
Die Preise steigen, explodieren,
bis Brot man auf Rezept verschreibt.

Gekämpft wird nur mit halbem Herzen,
es sei denn kurz vor einer Wahl,
denn schließlich will man’s nicht verscherzen
mit unserm Platzhirsch „Kapital“.

Der lässt in seinem Schatten äsen,
wenn sie beim Fressen ihn nicht störn,
auch andre artverwandte Wesen,
sofern sie nach dem Maul ihm röhrn.

Selbst mit dem Untergang vor Augen
besiegt die Gier noch die Vernunft –
da solln als Umweltgärtner taugen
die Böcke der Ministerzunft?

Die will‘s mit niemandem verderben,
scheut offne Worte wie die Pest
und lieber ihren Ämter-Erben
die ganzen Schulden hinterlässt.

Was für ‘ne miese Perspektive –
das dicke Ende scheint gewiss!
Der Fortschrittsglaube, der naive,
als größtes Rettungshindernis!

Doch hämmre das in einen Brägen,
der ganz von der Idee durchtränkt,
dass unser aller Heil und Segen
allein am Wirtschaftswachstum hängt!

So wär hier weiter nichts zu lösen,
als wie man einen Kreis quadriert.
Kein Wunder, dass die Brüder dösen –
schon Thales hat man nicht kapiert!

Zweierlei Maß

Die Gleichheit, die die Guillotine
in und mit Köpfen propagiert,
war eine nur dem Hirn entliehne,
die in der Wirklichkeit falliert.

Hat Könige und Bettelleute
sie auch egal vom Haupt befreit,
war’s doch so lange schon vor heute
und war auch nur für kurze Zeit.

Die Herrn und Damen, die zu’n bessern
sich stets, wer weiß warum, gezählt,
sie konnten die Idee verwässern,
bis an Noblesse es ihr gefehlt.

Und wieder gilt die alte Regel
„Quod licet Jovi…“, na, ihr wisst:
Den Streich von einem großen Flegel
man nicht an dem von Göttern misst.

Den ganz normalen Teufelsbraten
nimmt bald der Galgen in die Pflicht,
doch für der Letztren Missetaten
gibt es kein Hals- und Hochgericht.

Und da die ird’schen Majestäten
von Göttern glauben sich bestallt,
wolln sie in deren Stapfen treten
mit Willkür auch und mit Gewalt.

Ja, wie die höchsten Delinquenten
man dennoch weiterhin verehrt,
so sind auch schurkische Regenten
dem Pöbel aller Ehren wert.

Und hätten sie auch Dreck am Stecken,
dass förmlich es zum Himmel stinkt,
solange fremdes Blut sie lecken,
man ihnen Hosianna singt.

Zumal moralische Bedenken
als Mauerblümchen vegetiern
in den Rankünen und den Ränken,
die ganze Länder praktiziern.

Wollt ihr noch schnell das Beispiel hören,
das grad ich in die Finger krieg
und bestens kann heraufbeschwören
das Schmierenstück der Politik?

Zwei Oberhäupter großer Staaten.
Konflikt. Kontakt. Korrespondenz.
Ganoven beide. Autokraten.
Und tituliern sich „Exzellenz“.

Dem Winter entgegen

Wie könnte ich jetzt Sterne pflücken
von der Galaxis Straßenrand,
da dichte Dünste sie entrücken
der heischenden Poetenhand?

In ihren wallenden Gewändern,
die ihre Örter nicht erhelln,
entgehen sie Rabattenschändern,
die sie in Blumenvasen stelln,

Damit das Wesen, angebetet,
die Göttin ihrer Leidenschaft,
wie längst bekniet sie und beknetet,
von ihrem Glanz dahingerafft.

Verzeiht, hier muss ich kurz mal halten:
Mich überfordert der Vergleich,
jonglier ja mit Naturgewalten,
an deren Größe ich nicht reich.

Das Ganze noch mal glattgebürstet,
von Falten und von Flitter frei:
Ein Dichter, der nach Sternen dürstet,
und sieht sie nicht im Nebelbrei.

Ansonsten gibt es nichts zu meckern.
Die Winde wehen mäßig kalt,
und Regentropfen kaum bekleckern
die Sammetdecke von Asphalt.

Zu den geborstnen Eichelsplittern
haben Kastanien sich gesellt,
die wohl noch lange nicht verwittern
auf diesem tristen Trümmerfeld.

Ein Tuch von tabakfarbnen Blättern
hat übern Gehweg sich gelegt,
das ihm wie mit mobilen Lettern
ein wirres Muster eingeprägt.

Von ihren grünenden Geschwistern
harrn nur noch wenige am Zweig;
gelegentlich ein feines Knistern –
dann schluckt auch sie der Bürgersteig.

Die Vorbereitungen, sie laufen,
wie die Natur sie immer traf.
Bald geh ich mir mein Ticket kaufen
und flüchte in den Winterschlaf.

Das diskrete Haus

Ein rundes Haus mit tausend Zimmern,
das bodenlos im Raume schwebt;
darüber sieht man Sterne schimmern,
sofern man nicht im Keller lebt.

Die Mieter in den zig Etagen
sind meist sich völlig unbekannt;
wer reist mit Fahrstuhl-Equipagen,
reist gleichsam in ein fernes Land.

Selbst auf den langen Nachbarfluren
bleibt in der Regel man sich fremd,
man sichtet hier und da wohl Spuren,
doch ohne dass man sie durchkämmt.

Gepfercht in irgendeine Ecke
in diesem wackeligen Bau,
beglotzt man seine Zimmerdecke
und meint, dass man den Himmel schau.

Die Augen abgewandt, die Ohren,
und fühllos wie ein Automat,
geht jede, jeder traumverloren
den ausgelatschten Trampelpfad.

Und wär doch manches zu erlauschen
vom Keller aufwärts bis zum Dach,
was klarer als ein dumpfes Rauschen
und Nuscheln im Charakterfach.

Oft klingt es noch nach ganzen Sätzen,
solang Beherrschung überwiegt,
doch die zerfalln zu wirren Fetzen,
wenn wer sich in die Haare kriegt.

Mal auch ein Klatschen oder Kreischen,
dann kommt es schon zur Tätlichkeit,
im schlimmsten Falle gar Zerfleischen,
wenn Hass nach Blutvergießen schreit.

Auch Schüsse werden manchmal fallen
in irgend’nem Ganovennest,
die aber so verstohlen knallen
wie Winde, die man fahren lässt.

Wie oft hört man auch Kinder weinen,
weil Trost und Liebe ihnen fehlt,
weil, wie verstockte Große meinen,
nur Härte sie fürs Leben stählt.

Man scheut indes, sich einzumischen:
Man brächt nur Unrat an den Tag
und müsste von der Brille wischen
den schönen rosa Farbbelag.

Und kriegt man selber nicht am Ende
noch irgendwelche Schererein?
Wozu hat schließlich man die Wände,
wenn nicht, um ganz für sich zu sein?

Solln anderswo sich die Chaoten
die Fresse ruhig doch poliern –
von denen lasse ich die Pfoten,
denn heißt nicht wagen auch verliern?

Gemütlich fläz ich meine Beine
über das Sofatischchen hin
und komme mit der Welt ins Reine,
wenn ich im Fernsehbilde bin.

Denn jeden Abend zu begaffen
das Elend ich der Erde pfleg –
das kann kein Autounfall schaffen,
da stehn die Retter meist im Weg!

Demos für Dichtung

Das schöne Recht, zu demonstrieren,
wie’s im Gesetz ja Fuß gefasst,
hab nie genutzt ich, zu forcieren
Kritik an dem, was mir nicht passt.

Nicht dass mir alles nur gefiele,
ich seh schon, wo es hakt und hinkt,
doch auch dass zum ersehnen Ziele
mein eigner stiller Pfad mich bringt.

Ich kann mich nicht so hell empören,
dass es mich aus dem Häuschen trägt,
lass gerne meine Stimme hören,
sofern sie sich nicht überschlägt.

Und auch soldatisch vorzurücken
in breiter Front mit Schulterschluss
kann mich nicht sonderlich entzücken,
weil ich mich frei bewegen muss.

Womöglich noch mit ‘nem Plakate,
wie‘s hoch man in den Himmel hält,
dass wie Fronleichnam die Oblate
es allen in die Augen fällt!

Indes die Arme dir erlahmen
und heisrer deine Kehle schallt,
siehst nach dem Knüppel du schon kramen
die kampfbereite Staatsgewalt.

Ein Feigling also, eine Memme,
die vor der Obrigkeit sich duckt
und, bringt sie auch nur in die Klemme,
geduldig jede Pille schluckt?

Ich weiß, dass mit den Füßen scharren
schon glatter manchen Weg gemacht,
doch die auch, die zu Hause harren,
oft fälschlich unter Fluchtverdacht.

Denn jeder macht’s auf seine Weise.
Die Stiefel ich nicht gerne schnür,
ich protestiere lieber leise
durch die private Hintertür.

Halt mit Kritik nicht hinterm Berge –
vertraue sie der Feder an,
dass jeder Schnüffler, jeder Scherge
sie unverhohlen lesen kann.

Jetzt könnt ich manchen lächeln sehen:
Was ist das gegen Demos schon?
Die Menschenmenge! Fahnen wehen!
Parolen via Megafon!

Na klar, das muss man ihnen lassen:
Es klingt ihr Echo weit und breit
direkt ins Ohr der großen Massen.
Verbeugung ohne Dichterneid!

Könnt dem Poeten auch gelingen,
sofern er’s mit der Stimme Kraft,
selbst tote Steine zu bezwingen,
wie einst der Sänger Orpheus schafft.

Oder, was auch ein Wunder wäre,
man riss ihm plötzlich aus der Hand,
was zu der Musen Ruhm und Ehre
geduldig er dem Hirn entwand.

Drum tret ich besser aus dem Schatten
und schreiend durch die Lande zieh:
Zuhauf, ihr müden Leseratten,
mehr Eifer für die Poesie!

Im Oktober

Er guckte auch schon einmal netter.
Was zieht er heut für ein Gesicht
nach „Sieben Tage Regenwetter“,
als plagte ihn die liebe Gicht!

Missmutig lässt der Herbst entladen
Gewölk von seiner feuchten Fracht,
dass mal wir voll in Schauern baden
und mal im Nieseln still und sacht.

Hat er nicht Grund für seine Tränen,
mit denen er die Erde nässt?
Es reißt ihm ja in ganzen Strähnen
die Blätter ständig vom Geäst!

Die sammeln fern von ihrem Baume,
so wie dem Zufall es gefiel,
sich weit verstreut im Straßenraume,
dahingerafft mit Stumpf und Stiel.

Und während sie sich bunt verbluten,
vor Nässe wie im Fieber glühn,
scheint sich der Wind noch mehr zu sputen
und nimmt im Sturm das letzte Grün.

Wie kühl sind nun die Abendstunden;
der Nacht steht schon der Frost ins Haus!
Bald gehn die Kinder ihre Runden
und führen ihre Lichter aus.

Dann stapfen sie durch Nebelschleier
ein bisschen außer Reih und Glied
und singen zur Laternenfeier
ihr Sonne-Mond-und-Sternelied.

Wie fröhlich zieht die Rasselbande
dann wieder heim ins warme Nest!
Ein Ruch von Moder rings im Lande?
Ihr Herbst – das reinste Frühlingsfest!