Gastfreunde

GastfreundeDie gleiche Szenerie wie gestern,
vor-, vorvorgestern und, und, und…
Ich sitz bei meinen Musenschwestern
und pflege unsern Künstlerbund.

Denn wie sie’s immer schon gehalten:
Sie bringen Pegasus auf Trab
und steigen, göttliche Gestalten!,
in meiner dürft’gen Hütte ab.

Und so betretend meine Schwelle
und mein bescheidenes Gelass,
erheben sie zur Außenstelle
dasselbe gleichsam des Parnass.

Auch er muss mit der Zeit ja gehen,
dass er nicht Jüngerschaft verlier,
und nicht so kleinlich mehr drauf sehen:
„Was ist denn das für ein Quartier!“

Ich will dem Berge nicht bestreiten,
dass reicher er an Pomp und Pracht,
doch etliche Bequemlichkeiten
stehn nicht einmal in seiner Macht.

Die Damen scheinen es zu schätzen,
wenn’s auch zu sagen sie sich ziern,
dass selbst in ihren dünnen Fetzen
im Winter sie bei mir nicht friern.

Kamin und Scheite? Nicht vonnöten.
Nur Heizungsrippen, steif und stumm,
die sich zwar nicht romantisch röten,
doch Wärme streuen ringsherum.

Anstatt der Flammen, züngelnd, zischend,
anstatt des Spans, der knirscht und knackt,
glüht hier ein Lichtchen, das erfrischend
gedämpft an seinem Dochte zwackt.

Auch Nektar heißt’s hier nicht entbehren,
wenn auch nicht echt nach Götterart,
doch nach den Flaschen, die sie leeren,
trifft sie der Unterschied nicht hart.

So plaudern wir ‘ne ganze Weile
an meines Heims Elekroherd,
bis unvermittelt, Zeus!, zur Eile
das Trüppchen treibt sein Flügelpferd.

Und schon sind sie davongeflogen,
kaum dass sie noch Adieu gehaucht,
und neunfach fühl ich mich betrogen
um diese Muse, die man braucht

Um sich was Feines auszudenken,
das kunstvoll man in Zeilen gießt,
es einem Publikum zu schenken,
das es begeistert lobt und liest.

Nur Leergut hat man hinterlassen
an Buddeln, Gläsern und so fort;
jetzt erst einmal ‘nen Feudel fassen
und rundherum klar Schiff an Bord!

Weg mit den Resten und den Flecken –
anstatt des Stifts herrsch nun das Tuch!
Den Barden morgen wieder wecken,
am Abend, wenn sie zu Besuch!

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