Kahlschlag

KahlschlagHeut hat’s schon wieder kahle Stellen;
gelichtet das betagte Haupt.
Erst jüngst begann es abzupellen,
jetzt sieht man es schon halb entlaubt.

Wie wenig Zeit war doch vonnöten,
bis dieser böse Streich gelang
und eine Lockenpracht ging flöten,
die wild einst diesem Haupt entsprang!

Und was vom Scheitel ihm gerissen,
weil es nicht fest genug vertäut,
das liegt nun schäbig und verschlissen
im Rinnstein irgendwo verstreut.

Der Wind heult und die Schauer prasseln
auf dieses platte Strandgut ein.
Doch könn’n auch sie nicht mehr vermasseln –
kaputter kann kein Friedhof sein.

Der Schädel aber, der die Krone
aus Jade und aus Jaspis trug,
er schimmert nackt wie ‘ne Melone –
na, noch nicht ganz, doch nackt genug.

Enthäutet recken sich die Äste
bittflehend in den Abendwind,
am Ärmel baumelnd Blätterreste,
die ihnen seltsam grün noch sind.

Neu mischt der Herbst des Jahres Karten.
Die Dame Sonne nicht mehr stach.
Jetzt heißt es auf den Frühling warten.
Doch wächst nicht alles wieder nach.

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