Rotverschiebung

Euch zwei, drei Lesern, Advokaten
‘ner Kunst, die mählich Land verliert,
will ein Geheimnis ich verraten,
das nur noch euch wohl int’ressiert.

Ein Stimulans der Wortkaskaden,
der trockne Weiße und Rosé,
scheint meinem Magen eh’r zu schaden,
drum sag ich lieber ihm Ade.

Ein Testlauf mit der roten Rebe
recht vielversprechend schon begann;
wenn ich von dieser einen hebe,
falln die Beschwerden nicht mehr an.

Bis eben noch vor wen’gen Tagen
hat’s morgens mir im Bauch gewühlt,
der, ohne dass er vollgeschlagen,
sich wie ein Weinschlauch angefühlt.

So aufgebläht an allen Enden,
so prall zum Platzen bis zum Rand,
dass selbst die Haut rund um die Lenden
sich aus den Falten rausgespannt.

Dabei ein ständiges Rumoren,
als fände gleich ein Ausbruch statt,
dass froh ich war, wenn ungeschoren
die Nacht ich überstanden hatt.

Da kriegt den Roten ich zu fassen,
und schon war alles Schall und Rauch –
als wär die Luft herausgelassen,
wurd‘s wieder leichter mir im Bauch.

Und auch die Wirkung ist die gleiche –
er düngt das Feld der Fantasie,
so dass ich Lieder, versereiche,
auf ihrem fetten Boden zieh.

Auch diese hier noch frischen Zeilen
entspringen dem besagten Quell,
den Wassern, die Gebrechen heilen
und Dichter kürn genauso schnell.

Die Rebe hab ich lang gemieden
und ihr Bukett auch nicht vermisst,
doch schließ ich gerne mit ihr Frieden,
wenn sie mir so bekömmlich ist.

Will schnell noch mal die Kehle netzen
mit einem Schlückchen ganz bewusst –
hm, gar nichts daran auszusetzen,
macht eher auf das nächste Lust!