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Schöner Feierabend

schoener-feierabendFür heute hast du deine Pflicht erfüllt.
Jetzt lehnst du dich zurück, entspannt.
Im Korb Papier, zerrissen und zerknüllt.
Was wichtig war, ist abgesandt.

Zufrieden greifst du dir die Jacke raus –
ein letzter Blick noch von der Tür:
Der Drucker, der Computer – alles aus.
Das war’s denn wieder. Ab dafür!

Gemächlich schlenderst du zu Heim und Herd.
Wie schön ist alles, wenn es blüht!
Der Frühling, den du im Büro entbehrt,
belebt dein sonniges Gemüt.

Leicht tragen dich die Füße und beschwingt.
Wie Zephir kommt ein Hauch geweht,
der Frische aus verborgnen Quellen bringt,
Erquickendes von Ganymed.

Zum Himmel schaust du auf ins lichte Blau,
das wie ein ries’ger Schirm sich spannt
und doch, dass diesem Braten man nicht trau!,
dich nicht beschützt vor Sonnenbrand.

Die Höhle dann, die bergende, erreicht,
machst du dir erst mal richtig Luft.
Das Knebeltuch dem offnen Kragen weicht,
Gebügeltes der Freizeitkluft.

Nun streifst du ab des Tages ganze Last
mit dem Geruch von Schweiß und Pflicht
und fühlst nur noch, was du geleistet hast,
an deiner Glieder Schwergewicht.

Und sinkst du dann auf deines Sessels Grund,
bist alle Erdenqual du los,
ja, gleichsam schon im Paradiese und
in Abrahams berühmtem Schoß.

Da schwebt auch Hebe dir entgegen schon,
dass sie mit Nektar dich erfreu,
heißt hier: Dionysos‘ spezieller Lohn,
weil seiner Rebe stets du treu.

Nun löst die Seele, löst die Zunge sich
von Vorschrift und Gepflogenheit,
und die Gedanken gehen auf den Strich,
von allen Hemmungen befreit.

Glückseligkeit, der Alten Lebensziel –
an jedem Abend dir präsent.
Was braucht‘s im Grunde denn dafür schon viel?
Ein Stübchen, wo ein Lichtlein brennt.

Den Boss, der tags dich kommandieren darf,
schließ in dein Nachtgebet mit ein.
Auf Kohle bloß und auf Karriere scharf,
lebt er ja nur dem großen Schein.

Himmlische Kunst

Himmlische KunstDie Brüder hatten einst gut lachen,
die von der Lukasgilde die,
mussten Gedanken sich nicht machen
über das Was – nur übers Wie.

Ein Bischof ließ zu Stuhle bitten,
ein Abt vom Kloster Soundso,
und hingegangen, hingeritten,
gab’s einen Auftrag von Niveau.

Da war ein Tafelbild gefordert,
dass eine Kirchenwand es schmück,
dort hat man ‘nen Altar geordert
mit Flügeln zwei bis drei, vier Stück.

Motive waren vorgegeben,
ein Mustermalbuch war zur Hand –
mit Szenen aus dem prallen Leben
der Bibel und dem heil’gen Land.

Hier neigt mit frisch geschärfter Klinge
sich Abram über seinen Sohn,
dass Gott er ihn zum Opfer bringe –
im Hintergrund naht Rettung schon.

Da finden wir in tiefstem Jammer
Maria unterm Kreuze stehn
sowie die leere Grabeskammer,
die die von Magdala gesehn.

Dazu in tausenden Legenden,
die außerhalb der Schrift tradiert,
die Heil’gen, die so schrecklich enden –
geköpft, gepfählt und blutverschmiert.

Ein Fundus, den beim besten Wühlen
man niemals ganz erschöpfen kann,
nicht an Figuren und Gefühlen,
nicht an Dramatik irgendwann.

‘ne Auftragsarbeit dieser Sorte
wünscht ich mir heute als Poet –
gewiss fänd ich die rechten Worte,
sobald das Thema erst mal steht.

Doch so was wie ‘ne Dichtergilde
hab ich noch nirgends aufgespürt,
schon gar nicht eine, die im Schilde
‘nen Mann des Evangeliums führt.

Und auch die eitlen Potentaten,
die einst belohnt ‘ne Hudelei,
sie wichen längst den Demokraten,
die mit der Börse nicht so frei.

Drum beug ich weiter vorm Parnasse
in Demut meine wunden Knie
und bleibe mangels Lesermasse
bei meiner Kammerpoesie.