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Spur gehalten

Spur gehaltenOft wandern wir auf krummen Wegen,
als ob das Ziel verloren sei,
nicht sichtbar häufig und entlegen –
und doch im Hinterkopf dabei.

Schau rückwärts von der hohen Warte,
die du nach all den Jahrn erreicht,
und sieh, dass deine Erststandarte
der heutigen noch immer gleicht!

Nach Studium und Staatsexamen
hast als Jurist du reüssiert,
weil dir als Kind bereits der Rahmen
von Recht und Regel imponiert.

Asklepios’ Künste dir gefielen,
dass du ‘ne Praxis aufgemacht?
Das liegt wohl an den Doktorspielen,
die dir den Körper nahgebracht.

Du bist im Lehramt aufgegangen
und trägst dein Wissen weiter fort?
An deinen Lippen hat gehangen
schon einst die Schar im Kinderhort.

Und wenn, um Seelen aufzurichten,
du sonntags von der Kanzel brüllst:
Die Saat der Muttermilch-Geschichten,
die du mit spätem Leben füllst.

Ja, selbst der Lump, der machtbesessen
nach Tausenden die Opfer zählt,
hat wohl aus niedrigen Int’ressen
auch Frosch und Fliege schon gequält.

Dass ich mich aber hier versuche
an Versen, die auf Reime stehn,
ich gerne auf das Konto buche
vom angebornen Wortverdrehn.

So treibt am Ende wohl fast jeder,
was früh sich angedeutet hat –
der eine mit der spitzen Feder,
der andre mit dem Sägeblatt.

Nur wenn die Jobs ein bisschen schräger,
scheint dieser Schluss mir nicht probat.
Wie wird der Mensch zum Kammerjäger?
Ein schönes Thema fürn Traktat.

Ortsbegehung

imagesEin großes Krankenhausgelände.
Bemerkenswerter Baumbestand.
Gebäude ohne Zahl und Ende,
Modern und Muffig Hand in Hand.

Auch vom Format her unterschieden –
hier unscheinbar nur ein, zwei Stock,
da, abgeschaut den Pyramiden,
ein klotzig aufgeführter Block.

Ein Schornstein irgendwo am Rande
aus einem kleinen Kraftwerk ragt
gleich der Agave Blütenstande,
der kühn sich in die Weite wagt.

Patienten aber Mangelware.
Kaum einer schleppt sich siech vorbei.
Sogar im Flur die Notfallbahre
zeigt nur ihr leeres Konterfei.

Der Klinik schöne Sonntagsbilder:
Ein Park, dem Paradiese gleich –
wärn da nicht diese Hinweisschilder
für den und jenen Fachbereich

Auf medizinischem Gebiete,
in griechisch-röm’schem Stil gestelzt,
dass du bei deiner Stippvisite
gehörig auch in Ehrfurcht fällst.

Unglaublich dass in der Idylle
Asklepios‘ hohe Kunst gedeiht
und man so manches Leibes Hülle
gar neue Innerein verleiht!

Von solchem Ruhm ist dieses Spittel,
dass weltweit Aufsehn es erregt
und mancher seiner höhren Kittel
die Nase drum noch höher trägt.

 

Spaziergang am Spital

Spaziergang am SpitalNur in der Bude Trübsal blasen?
Ein kleiner Rundgang ums Spital!
Putzmunter mümmelten da Hasen
(Kaninchen! Aber reim das mal!).

Der Weg lag wunderbar im Schatten,
die Linden dichtbelaubt: August!
Die hohen Stämme zu begatten,
umhalste Efeu sie voll Lust.

Passanten kamen mir entgegen,
Patienten auch, noch leicht lädiert,
mit Schritten, schlurfenden und trägen,
und mit Bandagen ausstaffiert.

Oft saßen diese auch auf Bänken,
die längs des Hospitals gereiht,
um einer Krankheit zu gedenken,
die schon vom Bettenzwang befreit.

Und immer wieder mir zu Füßen
‘ne Amsel flink im Trippelschritt,
ganz dicht und ohne Angst zu büßen
ihr Zutraun mit ‘nem Hackentritt.

Ich glaub, dass kaum ein Weg sich findet,
der friedlicher und stiller wär,
obwohl zwei Adern er verbindet,
gewichtig für den Stadtverkehr.

(Das alte Bild von der Oase
inmitten einer Wüste X
schafft optisch immer noch Emphase,
und ich bedien mich dieses Tricks!)

Ein kurzes Glück, doch tief genossen.
Nach Hause mit gelöstem Gang,
die Wohnungstüre aufgeschlossen,
die quietschend in den Angeln schwang.

Was störn mich die profanen Wände,
die Bleibe hier im Mietgeschoss?
‘n Katzensprung nur zum Gelände,
dem heil’gen des „Asklepios“!

Der Aufschneider

Der AufschneiderAuf langen Fluren seht ihn wandern,
taucht er die Hand mal nicht in Blut,
von einem Lagerraum zum andern,
zu inspiziern sein Krankengut.

Nie geht er solo auf Visite,
Weißkittel trotten ihm zur Seit.
Er prüft auf Herz und auf Rendite,
bevor er wem ein Lächeln leiht.

Er liebt die große Entourage,
die seinem Status Ehr’ erweist,
der sich auch äußert in der Gage,
die Honorar honorig heißt.

Wie unerschütterlich sein Wissen,
sein diagnostisch siebter Sinn!
Der Kranke sinkt belehrt ins Kissen
und nimmt’s wie Gottes Ratschluss hin.

Womit wir seinen Ruf nicht schänden:
Er ist der Herrscher der Station,
Chirurg mit goldnen Gummihänden,
wer weiß, Asklepios in Person.

Zumindest Chefarzt mit der Würde,
die für ‘nen Magier sich schickt,
der oft kurz vor der letzten Hürde
noch wen zurück ins Leben flickt.

Doch diese hohe Kunst zu heilen,
die er so fruchtbar praktiziert,
vergiftet auch mit tausend Pfeilen
die Seele, die ihr Herz verliert.

Das heißt sub rosa nicht gesprochen:
Der Halb-, Voll-, Mittelgott in Weiß,
das ist ein arroganter Knochen
und bräuchte mal ‘nen Tritt in’n Steiß!

(Den kann indes kein Siecher leisten –
zum einen, weil er eh geschwächt,
zum andern, weil ein solch Erdreisten
ihn um des Feldschers Hilfe brächt.)

Was mag er sich nur dabei denken,
wenn auf so hohem Ross er thront?
Dass ein paar Jahre Leben schenken
ihn selber vor dem Tod verschont?

Den Zweikampf wird er glatt verlieren,
zu dem ihn fordert einst Freund Hein –
der kann mit Sense operieren;
Skalpelle sind da viel zu klein.