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Trostpflaster

TrostpflasterEin Asternsträußchen schmückt mir heut
den Tisch, an dem ich schreibe,
als fröhlich-bunter Therapeut
für Pein an meinem Leibe.

Denn eben hat ein netter Herr
mit teuflischen Geräten
mir jovial befohlen: Sperr
den Mund mal auf zum Jäten!

Und hat mit rüder Ruckelei
am Backenzahn gezogen,
der samt der Wurzel eins, zwei, drei
aus seinem Loch geflogen.

Ich weiß nicht, was die Quecke denkt,
doch würd es gerne wissen,
wenn sie, die so am Boden hängt,
brutal herausgerissen.

Das Pflänzchen, das aus meinem Schlund
gewaltsam auch geborgen,
zeigt blutig immerhin und wund
beleidigt sich bis morgen.

Im Kiefer, wo die Tat geschah,
die Schmerzen sich verbreiten,
dass schier ich der Verzweiflung nah
zu Pilln mich lass verleiten.

‘ne Schwellung aber, toi, toi, toi,
ist vorerst nicht zu fühlen,
und dass nicht Schlimmeres mir dräu,
liegt Eis bereit zum Kühlen.

Im Übrigen muss als Asket
ich heut mein Leben fristen –
mit absoluter Nulldiät
auf Weisung des Dentisten.

Wo alle Freude unterdrückt
und Übel überwiegen,
wie so ein Sträußchen da entzückt –
ich könnt das Heulen kriegen!

Herbstlich beizeiten

Herbstlich beizeitenFür unsre Spatzen kaum noch Krumen,
statt Rosen Astern in der Flur:
Aus Vögeln redet sie, aus Blumen,
und immer ehrlich, die Natur.

Sie sagt: Der Sommer ist gewesen.
Sie sagt: Das Jahr nimmt seinen Lauf.
Im Süden heißt es Trauben lesen,
im Norden: Spannt die Schirme auf!

Herr Celsius muss kürzertreten,
doch dicke tut sich Herr Beaufort:
Der platzt vor Stolz aus allen Nähten
und orgelt sich in jedes Ohr.

Die Heizung langsam höherschrauben.
Den Pulli plätten und den Schal.
Bei Sturm empfohlen: Regenhauben,
die lege man zurecht schon mal.

Im satten Grün der Eichenkronen,
im mild’ren, das die Linde ziert,
sieht immer mehr man Motten wohnen:
die Blätter, die zu Braun mutiert.

Und auch an roten wird’s nicht fehlen,
sofern man auf ein Ahorn trifft,
die diesem nichts an Schönheit stehlen,
sind fürs Gedeihn sie ihm auch Gift.

Man sollte sich nicht unterstehen
dem Laub, das auf dem Weg verstreut,
bedenkenlos zu Leib zu gehen,
das hat schon manchen Fuß gereut

Der unversehns den Halt verloren,
weil ihn die Bodenhaftung floh
auf Blättern, die gegerbt, gegoren
in Schauern, Morgentau & Co.

Und dann der Lüfte kühles Schweigen,
wenn morgens dämmernd man erwacht –
kein Zwitschern hört zum Himmel steigen,
nur Lärm man, den die Mülle macht.

So muss er notgedrungen kommen,
der Herbst, wie er uns prophezeit.
Da seh ich ihn auch schon verschwommen –
im Fenster da, im Nebelkleid!