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Beschränkter Freigang

J

Hellrot seh Blüte ich an Blüte
Hibiskus an dem kleinen Busch,
wenn nach dem Einkauf mit der Tüte
am Park entlang ich heimwärts husch.

Und nur ein Dutzend Schritte weiter,
schon spürbar an dem duft’gen Hauch,
kaum dunkler auf der Farbenleiter
ein voll erblühter Rosenstrauch.

Ich kann sie leider kurz nur sehen,
muss weiter mit der schweren Fracht,
doch reicht ein Blick, um zu verstehen,
dass längst der Frühling schon erwacht.

Na und? Der Lauf der Jahreszeiten.
Das Erste, was der Mensch bemerkt,
wenn nach des Winters Widrigkeiten
er sich am Kelch des Krokus stärkt.

Doch diesmal ist was schiefgegangen.
Zwar ließ der Lenz sein Banner wehn,
doch durfte niemand unbefangen
zum Gruße ihm entgegengehn.

Ein Virus hat uns aufgezwungen
der Häuslichkeit begrenzte Welt,
damit er von lädierten Lungen
und Schwächelnden sich ferne hält.

Das Motto heißt „Kontakt vermeiden“,
dass man nicht fremde Keime schluckt,
und mit Tapeten sich bescheiden,
die zwar geblümt, doch nur bedruckt.

Schon Wochen sind ins Land gezogen,
seitdem zu Haus wir arrestiert
und halb schon um den Lenz betrogen,
der fröhlich seinen Weg marschiert.

Wir aber stecken in der Krise
noch weiterhin wer weiß wie lang.
O Wunder einer Blumenwiese –
mir wird schon um den Sommer bang!

Herbstlich beizeiten

Herbstlich beizeitenFür unsre Spatzen kaum noch Krumen,
statt Rosen Astern in der Flur:
Aus Vögeln redet sie, aus Blumen,
und immer ehrlich, die Natur.

Sie sagt: Der Sommer ist gewesen.
Sie sagt: Das Jahr nimmt seinen Lauf.
Im Süden heißt es Trauben lesen,
im Norden: Spannt die Schirme auf!

Herr Celsius muss kürzertreten,
doch dicke tut sich Herr Beaufort:
Der platzt vor Stolz aus allen Nähten
und orgelt sich in jedes Ohr.

Die Heizung langsam höherschrauben.
Den Pulli plätten und den Schal.
Bei Sturm empfohlen: Regenhauben,
die lege man zurecht schon mal.

Im satten Grün der Eichenkronen,
im mild’ren, das die Linde ziert,
sieht immer mehr man Motten wohnen:
die Blätter, die zu Braun mutiert.

Und auch an roten wird’s nicht fehlen,
sofern man auf ein Ahorn trifft,
die diesem nichts an Schönheit stehlen,
sind fürs Gedeihn sie ihm auch Gift.

Man sollte sich nicht unterstehen
dem Laub, das auf dem Weg verstreut,
bedenkenlos zu Leib zu gehen,
das hat schon manchen Fuß gereut

Der unversehns den Halt verloren,
weil ihn die Bodenhaftung floh
auf Blättern, die gegerbt, gegoren
in Schauern, Morgentau & Co.

Und dann der Lüfte kühles Schweigen,
wenn morgens dämmernd man erwacht –
kein Zwitschern hört zum Himmel steigen,
nur Lärm man, den die Mülle macht.

So muss er notgedrungen kommen,
der Herbst, wie er uns prophezeit.
Da seh ich ihn auch schon verschwommen –
im Fenster da, im Nebelkleid!

Drinnen und draußen

Drinnen und draußenJetzt müssen ja die Rosen blühen
an Hecke und an Strauch,
mit Wangen, die wie Feuer glühen
vom heißen Zephirhauch.

Jetzt müssen ja die Lilien ragen
aus dichtbegrüntem Grund,
jetzt der die Blätter hochgeschlagen,
der Purpur-Türkenbund.

Jetzt muss mit seiner Kolbentraube
der Aronstab auch stehn,
jetzt um die heimelige Laube
der Weißdorn Blüten säen.

Jetzt glänzt am busch’gen Wegesrande
gewiss Johanniskraut,
und auf geblümtem Gartenlande
die Malve rosa blaut.

Jetzt sieht in aufgeschoss’nen Wiesen,
dern Kräuter Legion,
zuallererst man diesen:
den flammend roten Mohn.

Der Sommer führt den bunten Reigen
der Blumenvölker an,
Zikaden, die ihm dazu geigen
mit Hacke und mit Spann.

Und unsre Sonne gießt darüber
ihr Licht, das lau und lind,
indessen leichte Nasenstüber
verteilt ein lust’ger Wind.

O welche Lust und Lebensfreude
strahlt jetzt die Erde aus –
da kränkelnd ich die Zeit vergeude
im bleichen Dämmer meines Baus!