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Für Waffennarren

So eilt nur, Brüder, zu den Waffen,
auch wenn zurzeit kein Streit in Sicht,
es gilt, Gewissheit sich zu schaffen,
dass notfalls dieser Joker sticht.

Und wenn gesalbt ihr sie in Händen
wie Kerzen in ‘ner Prozession,
dann spürt, wie sie euch Segen spenden
zu künft’ger Siege süßem Lohn!

Versteht sich: Nicht zu Überfällen
sei so ein Prügel rasch zur Hand;
bloß gegen solche Spießgesellen,
die gegen euch den Hahn gespannt.

Nur Notwehr darf den Abzug drücken –
nein, wartet, dieses Bild ist schief,
denn mit dem Wort auch die sich schmücken,
die gern sich wehren präventiv.

So hat zu defensiven Zwecken
der Colt auch seinen Ruf verlorn
und sollte endlich doch verrecken
als Schnapsidee, die tot geborn.

Das sehn auch die, die uns regieren,
und wärn das Teufelszeug gern los,
weshalb sie’s kräftig exportieren,
und zwar zu Friedensfürsten bloß.

Da red man nicht von schnödem Schacher!
Es geht ja auch um Wohl und Weh
der Dealer und Geschäftemacher
und ihr Verdienst ums Staatsbudget!

Indessen bleibt das Unbehagen,
dass keineswegs genug geschieht,
um diese Pest zu Grab zu tragen,
die ewig Gräber nach sich zieht.

Als ob wir nicht ein Beispiel hätten,
das mutig an die Dinge rührt –
das Warnsignal bei Zigaretten:
Genuss, der auf den Friedhof führt!

Was zeigt, dass unsrer Führungsriege
es an Entschlossenheit nicht fehlt
und sie im Anti-Tabak-Kriege
ihr Äußerstes an Mitteln wählt.

Was hindert sie, beim Waffenhandel
genauso konsequent zu sein
und ihren edlen Sinneswandel
als Warnung in die Welt zu schrein?

„Dies Schießgewehr hier zu gebrauchen,
kann Folgen haben, die fatal,
denn wenn der Lauf beginnt zu rauchen,
krepieren Menschen jedes Mal.“

Der münd’ge Bürger allerorten,
der sonst zur Flinte griff im Zorn,
er wirft bei diesen schönen Worten
sie unverzüglich wohl ins Korn.

Eine amerikanische Tragödie

Eine amerikanische TragödieGesetz und Ordnung müssen walten,
dass Friede herrscht in Wald und Flur –
man könnte fromm die Hände falten,
wär’s nicht ein Spruch der Diktatur.

Ich schwenk mal rüber zu den Staaten,
die viel auf ihre Freiheit schwörn,
und wundre mich der Missetaten,
die locker diesen Ruf zerstörn.

Die haben da ‘ne Knüppeltruppe,
die nicht viel Federlesens macht
und nach dem Motto „Mir doch schnuppe!“
ihr Knarrenfeuer gern entfacht.

Da kann es öfter denn passieren,
dass jemandem die Stunde schlägt,
weil vor den Cops, die ihn visieren,
er irgendwie sich falsch bewegt.

Und sei’s, dass er ‘nen Hundeknochen
für seinen Waldi hochgereckt –
der Bulle wird auf Notwehr pochen,
wenn er ihn blindlings niederstreckt.

So ist die Freiheit auch, zu sterben,
ganz unbegrenzt in diesem Land.
Der Cowboys und Banditen Erben
sind schnell noch mit dem Colt zur Hand.

Ein Mädchen, siebzehn Jahre eben,
der Schießwut jüngst zum Opfer fiel.
Ein Messer, heißt’s, wollt sie erheben –
schon wurd sie einer Kugel Ziel.

Das arme Kind war psychisch leidend
und hätte Hilfe wohl gebraucht –
doch nicht so plötzlich und entscheidend,
dass der Revolver danach raucht.

So hat die schöne Lebensreise
ein Kerl ihr kurzerhand storniert.
Der wird bloß auf Beamtenweise
vom weitren Dienste suspendiert.

Doch sind ‘ne Menge Ordnungshüter
von seinem Schlage landesweit
zum Schutz der höchsten Lebensgüter
noch unvermindert dienstbereit.

Gut betucht

Gut betuchtNatürlich will seriös er scheinen
und ist dabei ein Modegeck.
Von feinstem Tuch an seinen Beinen
die Hose, die so glänzt wie Speck.

Von herbstlich ahornfarbnem Leder
die Schuhe, die er dazu trägt.
So teure Botten hat nicht jeder –
ob er mit Mandelmilch sie pflegt?

Krawatte, klar. Von reiner Seide.
Doch nicht zu knallig, eh’r gedeckt.
Das Sakko auch ‘ne Augenweide.
Und sitzt, wir ahnten’s schon, perfekt.

Das sind die Unvollkommenheiten,
die heut ihm rauben nicht die Ruh,
doch in den alten, bessren Zeiten
gehörten Stock und Hut dazu!

Ach, ich vergaß, ihn vorzustellen:
Ein Herr*, der in Geschäften macht –
von toten Leopardenfellen
bis zu lebend’ger Menschenfracht.

(*Hier ist mit lebenden Personen
die Ähnlichkeit ja so frappant,
und sind doch ihrer auch Legionen,
dass sie mit Namen nicht genannt.)

Gern handelt er auch mit Papieren,
dern Steig’rung er an Wert verheißt,
und wenn sie diesen just verlieren,
er andre umso lauter preist.

Auch Landesfrüchte armer Staaten
sind ihm Objekt, zu spekuliern,
Garanten schöner Zuwachsraten –
auch derer, die im Dreck krepiern.

Doch zweifellos die Top-Rendite
erzielt er mit ‘nem Waffendeal –
so’n Panzer ist die halbe Miete
fürn Park- und Protzerdomizil.

(Gewissensbisse ausgeschlossen.
Er schläft so ruhig wie ein Kind:
Geht nicht die Lief’rung von Geschossen
an Länder, die (noch) friedlich sind?)

So scheffelt er sich die Millionen,
mit denen er Millionen kränkt –
und weiß, das Vaterland wird’s lohnen,
indem es ihm die Steuern senkt.

Kotau der Ober-Ignoranten
vorm Fetisch Unternehmergeist:
Des Volks bekreuzte Abgesandten
genauso dumm wie jener dreist.

Im schönen Aufputz einer Würde,
die ihm des Schneiders Elle maß,
nimmt leichter er so manche Hürde
und gibt geschäftlich richtig Gas.

Nach außen eine weiße Weste
aufs rabenschwarze Herz gepappt,
so zeigt von sich er nur das Beste –
und, Teufel auch!, der Schwindel klappt!

Der allerschlimmste Menschverächter,
den irgend man sich denken kann,
maskiert sich so zum Tugendwächter
und ordensreifen Biedermann.

(Nur halb ist schuldig er zu nennen,
wenn er so gierig rafft und raubt,
da ja, von dem wir Gleiches kennen,
der Staat die Schandtat ihm erlaubt.)

Kann zur Räson man jemand bringen,
des edle Seelenkräfte ruhn,
und Maß in Dingen auch erzwingen,
die nicht mit Stich und Stoff zu tun?

Natürlich nicht. In seiner Wiege
schon lag der zierlich kleine Colt,
dass mit Gewalt er einmal kriege
des Erdennachbarn Geld und Gold.

Und dies ihm aus dem Sinn zu schlagen,
die Welt nicht über sich gewann:
Mit offenkund’gem Wohlbehagen
sah als den Ihren sie ihn an!

Ach, blind geboren, blind gestorben.
Nur schade, wenn sein Leben flieht,
dass, den er „redlich“ sich erworben,
den Marmorstein er nicht mehr sieht.