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Der Sonne nach

Auf einen Wetterumschwung hoffen?
Auf etwas Sonne, lang entbehrt?
Ach, eher sind wir abgesoffen,
als dass uns mal ein Hoch beschert!

Dem Sommer war nicht anzumerken,
dass er des Jahres heiße Braut,
er prunkte mit virilen Werken,
die nur dem Herbst man zugetraut.

Der hat das Ruder übernommen
und diesen wind’gen Kurs behält,
auf dem bisweilen nur verschwommen
die Sonne aus den Wolken fällt.

Da galt’s, ‘ne Arche sich zu suchen,
um dieser Trübsal zu entfliehn,
und einen Touri-Trip zu buchen
mit besten Wettergarantien.

Ich habe Helios angerufen,
dass er als Fachmann sich erklärt –
der meint, dass ohne Schlittenkufen
man immer gut in Spanien fährt.

Denn er höchstselbst in diesen Landen
auch gern im Winter noch verweilt
und, da genug davon vorhanden,
die Wärme mit den Leuten teilt.

Mit diesem göttlichen Orakel
begab ich mich getrost auf Fahrt –
jetzt wussten wir, wo ein Debakel
mit Frost und Hagel uns erspart.

So kam man an die „Sonnenküste“
(bis Málaga ein Katzensprung),
wo ich zum Bleiben mich nun rüste
in ewig heitrer Witterung.

Drei Tage sind derweil verstrichen,
seit uns der Flieger ausgespuckt,
in denen es zu sommerlichen
Vergnügen uns sofort gejuckt.

Zunächst ein Essen um die Ecke
im anspruchslosen Strandlokal,
dass gleich ich auf der Zunge schmecke
die Landeskost zum ersten Mal.

Vorzüglich, hm!, die frischen Sachen,
die jüngst erst aus dem Meer gefischt
und für gefräß’ge Nordmann-Rachen
gleich haufenweise aufgetischt.

Da galt es, sich zu konzentrieren
ganz auf den zu beladnen Bauch
und kau’nd das Auge zu verlieren
fürn Seeblick mit Hibiskus-Strauch.

Am zweiten Tage ausgeflogen
nach Osten an der Küste lang,
wo uns ein Städtchen angezogen,
das hoch sich auf ‘nen Felsen schwang.

Gekrönt von Mauern und von Zinnen,
die noch ein Sultan einst gebaut,
von wo mit seinen Sultaninnen
im Sommer er aufs Meer geschaut.

Tag drei auf kurvenreicher Strecke
hinauf ins höhre Hinterland
bis zu dem malerischen Flecke,
der uns von früher schon bekannt.

Vom Parkplatz dann noch ein paar Schritte
‘ne Steigung hoch von zig Prozent,
schon warn wir in des Dorfes Mitte,
wo gegen man die Kirche rennt.

Doch statt nach pappigen Oblaten,
die frömmelnd man zerkauen muss,
stand uns als echten Satansbraten
der Sinn nach fleischlichem Genuss.

Wir mussten uns nur niederhocken,
wo man auf Tapas sich versteht.
Im Kirchturm nebenan die Glocken
ersetzten uns das Tischgebet.

Und nun? Die gute Fee verschwunden,
die liebevoll mich hergebracht,
dass in den tausend künft’gen Stunden
die Einsamkeit mir bange macht!

Na, na, mein Freund, nicht gleich verzagen,
geht doch erst los mit dem Pläsier –
ein blaues Band von Sonnentagen
schlingt heiter sich ums Leben hier.

Im Winde sich die Palmen wiegen
und endlos sich am Ufer reihn,
in deren Nestern Kinder kriegen
die selbst noch grünen Papagein.

Dem stillen Meer nicht anzumerken
die Energie, die’s aufgestaut,
wenn’s mit den höchsten Seepferdstärken
dem Firmament entgegenblaut.

Tavernen, gleichsam aufgefädelt
wie Perlen auf dem Rosenkranz,
dass seinen Gaumen man veredelt
mit Zunge und mit Hummerschwanz.

Die Götterkost und das Gefilde,
das Berg und Meer perfekt vereint,
bewirken, dass auf manchem Schilde
der Name „Paradies“ erscheint.

Wie diesem Urteil sich nicht beugen?
Was gibt es, das man mehr begehrt?
Allein schon täglich Sonne säugen
ist dieses Lobs vollkommen wert.

Dann in der vierten Nacht ein Rauschen,
das Regen mich erahnen ließ.
Sollt meinen Traum ich deshalb tauschen?
Auch Wasser braucht’s im Paradies.