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Der schöne Schein

Ein ausgeprägter Sinn fürs Schöne,
er zeichnet auch die Tiere aus;
man denk nur an die tausend Töne
im bunten Riesenrad des Pfaus.

Und auch ans schimmernde Gefieder,
wie Treibarbeit so filigran
das Gegenteil von blass und bieder
beim Silber- und beim Goldfasan.

Gewiss wolln sie die Damen locken,
die fliegen ja auf das, was schrill,
doch ebenso den Gegner schocken,
der ihnen an die Wäsche will.

Der Mensch, ein Sonderfall auf Erden,
der auf die andern Wesen spuckt,
hat, um genauso fesch zu werden,
just dies von ihnen abgeguckt.

Ja, schon die ältesten Schamanen
erkannten seine Wirkung gut
und hampelten vor unsern Ahnen
mit kolossalem Kegelhut.

Und dann bei Sioux und Huronen
und anderen der Häuptling, how!
Da mocht man keinen Vogel schonen
für so ‘ne prächt’ge Federschau.

Selbst Schmerzen hat man gern ertragen,
auf die man sonst doch keinen Bock,
galt’s durch die Lippen ja zu schlagen
‘nen kleinen attraktiven Pflock.

Doch selten war man so bescheiden,
was das Material betrifft,
viel lieber mochte man schon leiden,
was mühsam von weither geschifft.

Die Herrscher aller Regionen
verschmähten jeden schnöden Tand
und gönnten ihren goldnen Kronen
Rubin, Smaragd und Diamant.

Da musste auch die Kutte passen,
vor der die Untertanen knien –
zig Schnecken erst zur Ader lassen,
dann rings gesäumt mit Hermelin!

Der Papst selbst, der in Jesu Namen
zum Mentor sich der Armen macht,
ließ seinen Eifer nie erlahmen
sein Gut zu mehrn für Prunk und Pracht.

Und auch die in den tiefren Rängen,
sie setzten ihren Ehrgeiz drein,
sich flächendeckend zu behängen
mit Seide, Samt und Edelstein.

So wies dem Volk man, dem gemeinen,
mit einer Brust, von Dünkel breit,
um möglichst gottgesandt zu scheinen,
die Würde seiner Fürstlichkeit.

Doch warn die Bürgerlichen besser?
Kaum dass sie sich im Wohlstand sahn,
da haben sie’s vielleicht noch kesser
den hohen Herren nachgetan.

Man sah sie mit ‘nem Mühlsteinkragen,
geplättet und gefältelt fein,
‘ne Kette an die Wampe schlagen
und einen Säbel keck ans Bein!

So warfen gern sie sich in Pose
in ihrem besten Sonntagsstaat,
dass sie vom Hute bis zur Hose
geglänzt als Fürstenimitat.

Stets ist der Mensch sich gleichgeblieben,
die Macht nur ging von Hand zu Hand.
Was an Geschichte er geschrieben,
ist nur der Weisheit erster Band.

Noch immer protzt ja mit Juwelen
manch‘ König, der schon längst schachmatt,
und blendet just die schlichten Seelen,
die einstens er geplündert hat.

Die Sucht, mit irgendwas zu prunken,
und sei man auch das kleinste Licht,
ist demokratisch nun gesunken
bis in des Volkes tiefste Schicht.

‘ne ausgesprochne Klunkertante
(„Schaut her, ich hab ein Schweinegeld!“)
ist beispielsweise auch Jolanthe,
die Fleischersfrau aus Elberfeld.

Macht was her

Er pflegt Kontakt zu höchsten Kreisen.
Man setzt ihn nirgends vor die Tür.
Muss seine Würde nicht beweisen –
sein bloßer Name bürgt dafür.

Er fühlt sich wohl in seiner Rolle.
Er liebt es, wenn man ihn hofiert,
liebt Sitzungen und Protokolle,
in denen man ihn oft zitiert.

Wie majestätisch kann er schreiten,
wie kühn reckt er sein Haupt empor
und schaut prophetisch in die Weiten
wie kaum ein Seher je zuvor!

So sticht er glücklich aus der Menge,
die fast ihn übersehen hätt,
und macht das Manko seiner Länge
mit ausgeprägten Gesten wett.

Und auch mit seiner Wunderwaffe,
dem Füller mit dem prallen Lauf –
sei’s Unterschrift, sei es Paraphe,
mit goldner Tinte trägt er auf!

Versteht sich, dass er seine Leute
mit väterlicher Strenge führt –
zwar spricht er nicht von Hundemeute,
doch mag’s, wenn er Gehorsam spürt.

Das gilt auch fürs Familienleben,
Verhalten: Pascha oder Pfau,
dem Junior manchmal eine kleben,
den Marsch mal blasen seiner Frau.

Mehr kann man praktisch nicht erreichen,
das Schicksal hat es gut gemeint,
und wird er einst vom Acker schleichen,
wird er im Kirchenblatt beweint.

Da kann man eigentlich nur hoffen,
dass auch noch dies ihm zuerkannt:
Der einz’ge Wunsch, der ihm noch offen –
ein Stückchen Blech am Ordensband.

Er bräucht nur einen Wegbereiter,
der für die Ehre ihn benennt:
„Verdienst“, „Gemeinwohl“ usw. –
als Dackelzüchter-Präsident.