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Eine sichere Bank

Die Könige in alten Zeiten.
die wussten sich noch anzuziehn,
sie liebten solche Kostbarkeiten
wie Purpur oder Hermelin.

Und was an Goldgerät sie brauchten,
um ihre Macht zu demonstriern,
das ließen diese Top-Erlauchten
mit Edelsteinen reich verziern.

Indes der Bauer auf der Weide
mit Mühe seine Kuh genährt,
hat jener Säcke voll Geschmeide
den Favoritinnen verehrt.

Ja, noch bis heute ist im Schwange
der Spruch, den man nicht leicht vergisst,
dass nächtlich er bei starkem Drange
in einen goldnen Topf gepisst.

Die große Neigung zu Karfunkeln
ist heute keineswegs passé,
und manche Maid trägt, hört man munkeln,
Millionen überm Dekolleté.

Wer aber kann sich so was leisten?
Nicht jeder ist ein Geldmagnat.
Darum begnügen sich die meisten
mit einem Talmi-Surrogat.

Doch muss das immer lose hängen
wie Obst von Arm und Hals und Ohr?
Ist das, zumal bei größren Mengen,
nicht eher lästig als Dekor?

Kann dir genauso gut nicht schmücken
den Leib ein findiger Artist,
ihm einen Stempel aufzudrücken,
der absolut einmalig ist?

Dann lass dich mit ‘ner Nadel ätzen
von einer Hand, die kompetent,
und ohne diese zu verletzen,
dir Muster in die Pelle brennt.

In tausend Ängsten schwebt der Reiche,
dass jemand seine Klunker klaut.
Dir drohn nicht solche Schelmenstreiche –
du trägst dein Schmuckstück in der Haut.

Der schöne Schein

Ein ausgeprägter Sinn fürs Schöne,
er zeichnet auch die Tiere aus;
man denk nur an die tausend Töne
im bunten Riesenrad des Pfaus.

Und auch ans schimmernde Gefieder,
wie Treibarbeit so filigran
das Gegenteil von blass und bieder
beim Silber- und beim Goldfasan.

Gewiss wolln sie die Damen locken,
die fliegen ja auf das, was schrill,
doch ebenso den Gegner schocken,
der ihnen an die Wäsche will.

Der Mensch, ein Sonderfall auf Erden,
der auf die andern Wesen spuckt,
hat, um genauso fesch zu werden,
just dies von ihnen abgeguckt.

Ja, schon die ältesten Schamanen
erkannten seine Wirkung gut
und hampelten vor unsern Ahnen
mit kolossalem Kegelhut.

Und dann bei Sioux und Huronen
und anderen der Häuptling, how!
Da mocht man keinen Vogel schonen
für so ‘ne prächt’ge Federschau.

Selbst Schmerzen hat man gern ertragen,
auf die man sonst doch keinen Bock,
galt’s durch die Lippen ja zu schlagen
‘nen kleinen attraktiven Pflock.

Doch selten war man so bescheiden,
was das Material betrifft,
viel lieber mochte man schon leiden,
was mühsam von weither geschifft.

Die Herrscher aller Regionen
verschmähten jeden schnöden Tand
und gönnten ihren goldnen Kronen
Rubin, Smaragd und Diamant.

Da musste auch die Kutte passen,
vor der die Untertanen knien –
zig Schnecken erst zur Ader lassen,
dann rings gesäumt mit Hermelin!

Der Papst selbst, der in Jesu Namen
zum Mentor sich der Armen macht,
ließ seinen Eifer nie erlahmen
sein Gut zu mehrn für Prunk und Pracht.

Und auch die in den tiefren Rängen,
sie setzten ihren Ehrgeiz drein,
sich flächendeckend zu behängen
mit Seide, Samt und Edelstein.

So wies dem Volk man, dem gemeinen,
mit einer Brust, von Dünkel breit,
um möglichst gottgesandt zu scheinen,
die Würde seiner Fürstlichkeit.

Doch warn die Bürgerlichen besser?
Kaum dass sie sich im Wohlstand sahn,
da haben sie’s vielleicht noch kesser
den hohen Herren nachgetan.

Man sah sie mit ‘nem Mühlsteinkragen,
geplättet und gefältelt fein,
‘ne Kette an die Wampe schlagen
und einen Säbel keck ans Bein!

So warfen gern sie sich in Pose
in ihrem besten Sonntagsstaat,
dass sie vom Hute bis zur Hose
geglänzt als Fürstenimitat.

Stets ist der Mensch sich gleichgeblieben,
die Macht nur ging von Hand zu Hand.
Was an Geschichte er geschrieben,
ist nur der Weisheit erster Band.

Noch immer protzt ja mit Juwelen
manch‘ König, der schon längst schachmatt,
und blendet just die schlichten Seelen,
die einstens er geplündert hat.

Die Sucht, mit irgendwas zu prunken,
und sei man auch das kleinste Licht,
ist demokratisch nun gesunken
bis in des Volkes tiefste Schicht.

‘ne ausgesprochne Klunkertante
(„Schaut her, ich hab ein Schweinegeld!“)
ist beispielsweise auch Jolanthe,
die Fleischersfrau aus Elberfeld.

Nobel entlohnt

Ganz früher mussten Majestäten
noch richtig für ihr Gold was tun –
sie zehrten faul nicht von Diäten
und warn auch dienstlich nicht immun.

Gab’s irgendwo ‘ne Schlacht zu schlagen
(und derlei kam nicht selten vor),
riskierten selbst sie Kopf und Kragen
und schwangen sich aufs Ross empor.

Bis schließlich in Verruf geraten
ihr Einsatz in der Vorderfront,
weil man der Krieger Heldentaten
ja auch vom Hügel lenken konnt.

Doch als der Himmel einmal trüber
und fast es gar geregnet hätt,
ging man doch lieber dazu über,
den Krieg zu führn im Kabinett.

Die Praxis hat man beibehalten,
weil keine besser war als sie –
sie schützt den fetten, feigen Alten
und seine Brut, die Dynastie.

So haben Könige und Kaiser
zwar weiter für den Krieg gehetzt,
doch fanden’s für die Herrschaft weiser,
wenn nur das Volk ihm ausgesetzt.

Mit dieser praktischen Devise
bestand man manchen steifen Wind,
dass trotz der Monarchien Krise
noch ein’ge mit am Ruder sind.

Zwar nicht, den Kurs noch zu bestimmen,
doch als ‘ne Art Galionsfigur,
am Bugspriet immer mitzuschwimmen
gewichtig in des Staatsschiffs Spur.

Man gibt sich bürgerlich gekleidet,
Brokat und Hermelin verschmäht,
dass man sich kaum noch unterscheidet
von Bolle, der auf Brautschau geht.

Nur bei besondren Festlichkeiten
gräbt man die bunten Fummel aus,
um pfauenhaft einherzuschreiten
im Adel seines Körperbaus.

Auch sonst nur Pflichten, Pflichten, Pflichten,
denn schließlich ist man ja noch wer –
doch nicht, um Völker zu vernichten,
was ihnen heute zu vulgär.

Nein, Hände tausendfach zu schütteln
und zierlich Grüße auszuteiln,
um die zum Jubeln aufzurütteln,
die sich an „Royals“ noch begeiln.

Dies ist im Grund ‘ne manuelle
und somit schlichte Tätigkeit,
sich speisend aus der alten Quelle,
das Schwert zu führn geschickt im Streit.

Doch gern geübt, weil ungebrochen
dazu auch diese Tradition:
Man muss nur auf den Stammbaum pochen
und fürstlich fließt der Staaten Lohn.

Die Könige kommen

Die Könige kommenFühlt unter Wundern, unter Zeichen
man sich im Glauben nicht bestärkt?
Da kann ein Regenbogen reichen,
den jäh am Himmel man bemerkt.

Hat so nicht einst den Bund besiegelt,
den Jahve mit den Juden schloss,
der IrisSchopf, der schön gestriegelt
in Kurven auf die Erde floss?

Dreikönigstag. Die Majestäten,
anstatt Kamelen unterm Stert,
ham für den Aufmarsch sich erbeten
`nen Lieferwagen als Gefährt.

Da thronen sie in bunten Trachten,
die ein gewalt’ger Turban krönt,
indes nach Süßigkeiten schmachten
die Kinder, die nicht goldverwöhnt.

An Weihrauch ebenso wie Myrrhe,
die an die Krippe einst gelegt,
herrscht heute eh ja große Dürre,
weil Krösus selbst zu sparen pflegt.

Die Kirche aber, nie verlegen
um Tricks, die Welt zu hintergehn,
behilft sich mit `nem Bontje-Regen,
der schön wie Manna anzusehn.

So zieht sie hin, die Karawane,
dass laut es durch die Straßen hallt,
indem auf rollnder Ottomane
sie zu den Gotteshäusern wallt.

Da macht sie jeweils eine Pause
für ein, zwei Augenblicke dann,
weil hier ja Jesus auch zu Hause,
vertreten durch den Gottesmann.

Die Stimmung: feierlich gehoben,
wie sich`s fürn Staatsbesuch gehört,
den auch der dunkle Himmel droben
nicht mit `ner kalten Dusche stört.

Obwohl sich immer schwärzer ballen
die Wolken , die da eilig ziehn,
doch ohne dass noch Tropfen fallen
auf Purpur und auf Hermelin.

Statt dessen wölbt ein Regenbogen
sich lächelnd über ihn hinweg
und senkt, o Wunder, ungelogen
sich haargenau auf diesen Fleck!

Mummenschanz

Bunte VögelWas Menschen so Geschichte nennen,
das ist ein ew’ges Kappenfest.
Mit Kopfputz und Geklingel rennen
die Brüder, die man herrschen lässt.

Da wird in feierlicher Runde
‘ne Krone wem aufs Haupt gedrückt,
und schon ist er in aller Munde
zum Kreis der Götter aufgerückt.

Da tritt sein väterliches Erbe
ein Knabe an aus Fürstenstand
und fördert gleich das Pelzgewerbe,
das ihn mit Hermelin umwand.

Der Papst, sich Majestät zu geben,
trägt zwar Kothurnen nicht zur Tracht,
doch lässt er überm Scheitel schweben
‘ne Mütze, die ihn größer macht.

An Herz und Geist gerad die Kleinen,
die hochgespült der Zufall blind,
sie wollen mehr nach außen scheinen,
als von Natur sie wirklich sind.

Was könnte da wohl besser passen
als Putz und Flitter aller Art,
mit denen man die dumpfen Massen
auch optisch ausgezeichnet narrt?

Der rote Faden, der die Zeiten
durchzieht in eher dunklem Grau,
das ist der Potentaten Schreiten
in ihrer blut’gen Modenschau.

Karneval der Tiere

Karneval der TiereDas macht gewiss die Sommerhitze:
Im Traum sah ich ‘nen irren Zug,
‘ne Königin an seiner Spitze,
die eine goldne Krone trug.

Ihr nach das fröhliche Gepränge
von Hofstaat und Nobilität.
Das Ganze zog sich in die Länge,
dass ich das Ende kaum erspäht.

Wie eine schillernd schöne Schlange
sich windend ihres Weges zieht,
war diese Prozession in Gange,
doch schweigend, ohne Laut und Lied.

Ich meinte Fürsten zu erblicken,
die schritten in den ersten Reihn
mit Zobel, Hermelin und Flicken
von Purpur auf dem Wämselein.

Dann kamen sichtlich die Prälaten,
Gemisch aus Rot und Violett,
mit ihren seidnen Unikaten
nach dem sakralen Etikett.

Und all die andern von Geblüte,
die nicht von Sterblichen gesäugt,
das ganze Aufgebot der Hüte,
vor denen man den Nacken beugt.

Dahinter, eskortiert von Knappen,
die ganze edle Ritterschaft
mit ihren Schwertern, Lanzen, Wappen,
gerüstet mit des Panzers Kraft.

Und dann die Burschen, Zofen, Pagen,
genauso prächtig ausstaffiert
mit buntgewürfelten Kledagen,
von kindlichem Geschmack diktiert.

Es folgten schließlich, schwer mit Ketten
behängt das pelzige Ornat,
die großen Tiere aus den Städten,
die Handelsherrn mit Sitz im Rat.

Und diese ganze stumme Rotte,
das fiel im Traume selbst mir auf,
bewegte sich in leichtem Trotte,
doch ohne Pferd, in eignem Lauf.

Indem sie ihre dünnen Füße
(ich weiß nicht, waren’s mehr als zwei?),
als ob man eine Sünde büße,
geknickt hielt und verrenkt dabei.

Doch wie ich mich dem Bilde nahte,
zerriss es und ich wurde wach.
Ameisen warn’s in vollem Staate –
ja, das erinnre ich noch schwach.

Mag das ein anderer verstehen;
die Biester waren nie mein Fall –
indes possierlich anzusehen,
so menschlich da beim Karneval.