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Lautmalerei, 2

Was nützen mir die besten Schwarten,
wenn mich das Leben überrollt
und mir auf meinen Geistesfahrten
den nötigen Respekt nicht zollt?

Soeben hab ich ausgelesen
was über Lärm – ein Strafgericht,
das mit ‘ner Flut gewitzter Thesen
mir richtig aus der Seele spricht.

Dem Krach in vielerlei Gestalten,
vom Peitschenknall zum Froschkonzert,
wird da ein Spiegel vorgehalten,
der so schon an den Nerven zerrt.

Um wieviel mehr im echten Leben,
das er wie Jericho bedröhnt,
wird einmal aus den Angeln heben,
was er vorab mit Taubheit krönt!

Wie hält dies ewige Getöse,
das sich aus tausend Quellen nährt,
der Mensch nur aus, dass samt Gekröse
er aus der Haut nicht ständig fährt?

Doch gibt es auch so trübe Tassen,
die mit dem Lärm sich arrangiern
und ihre Harley heulen lassen,
um Muskelkraft zu demonstriern.

Und andre, die sich auch nicht sträuben
und grad sein Übermaß erfreut,
weil gerne sie mit Rock betäuben
den Brägen, der Gedanken scheut.

O dass man solche Idioten
doch endlich einmal Mores lehrt!
Man zeige mir den Gord’schen Knoten
und reich mir Alexanders Schwert!

Könnt grade jetzt ich gut gebrauchen:
Mein Nachbar bohrt sein Nachtgebet.
Doch lass ich meinen Zorn verrauchen –
denn, uff, die letzte Strophe steht!

Fast ein schöner Tag

Fast ein schöner TagDas war ein Tag so recht zum Schmusen,
schön warm und gar nicht schwül dabei.
Am blauen Himmel nicht ein Flusen –
blitzblank gefegt wie’n Hirschgeweih.

Die Sonne schickte ihre Schauer
aus goldnen Funken übers Land
mit einer ausgemachten Dauer,
die rosa erst ihr Ende fand.

Auch atmete in ruh’gen Zügen
‘ne leichte Brise unentwegt,
dem Wunsch nach Kühle zu genügen,
den auch der größte Hitzkopf hegt.

Und dann die Bäume und die Blumen –
wie konturiert und farbensatt
in diesem Bad von Lux und Lumen,
das heller war als tausend Watt!

Ja, mehr, als ob die ganze Erde,
ihr höchste Würde zu verleihn,
von einem Ohr zum andern werde
bekränzt mit einem Heil’genschein!

So etwas ist nicht leicht zu kriegen,
da braucht’s ‘nen Sommertag wie heut,
an dem sogar die Harleys schwiegen,
die übers Land sich wohl verstreut.

Rein nichts hat darauf hingedeutet,
dass noch ein Unheil in Verzug –
und dennoch wurd er ausgeläutet
mit Trauer übern Unglücksflug.

Sturm angesagt

Vor dem SturmAm Fenster seh ich mählich gleiten
den letzten Dämmer in die Nacht
und einen Himmel, dessen Weiten
das Feldgrau des Gewölks bewacht.

Da zieht kein Stern auf seinen Bahnen,
da flammt kein Feuer auf im All –
die Wipfel hier nur der Platanen,
sie rauschen wie ein Wasserfall.

Die Straßen endlich leer geworden,
die Dezibels davongefegt,
die hartgesottnen Harley-Horden
ham ihren Stert nach Haus bewegt.

O wie ich mich der Stille freue
in meiner Klause Schummerlicht
und mir gestatte ohne Reue
Frascati, freddo, zum Gedicht!

Doch innerlich bin ich getrieben,
weil ich des Umschwungs mir bewusst,
den man im Radio just beschrieben:
Gewitterfront und Regenfrust.

Dem Frieden da ist nicht zu trauen –
fängt es nicht immer harmlos an,
wenn fern sich schon zusammenbrauen
die Brecher über Maus und Mann?

So weit werd ich’s nicht kommen lassen:
Ich setz mich ab ins Federland,
und tief am Fuß der Kissenmassen
verschlafe ich den Weltenbrand.

 

Im Auge des Sturms

Im Auge des SturmsLängst Mitternacht schon überschritten,
und immer noch bläht sich der Wind.
O die wir tags den Sturm gelitten,
wie müde seiner wir nun sind!

Wo immer er ein Opfer findet,
sei es ein Blatt, ein Hälmchen nur,
er peitscht’s, bis es sich krümmt und windet
wie ‘n armes Schwein in der Tortur.

Und viele, die’s nicht überleben:
Was matt und welk schon im Geäst,
bleibt da nicht länger schwächlich kleben –
ein jäher Stoß gibt ihm den Rest.

Vom Himmel ist kein Licht zu hoffen;
betongrau schirmt ihn eine Wand
Gewölk, die nirgends richtig offen
fürn Blick auf Sterne und Trabant.

Doch immerhin ist das Gelärme
der Straßen endlich abgeflaut:
Motorgebrumm der Autoschwärme,
der Harley dumpfer Macho-Laut.

Man kann ein bisschen sich besinnen,
auf Kerze und Bordeaux gestützt.
Ein Käfig gleichsam dies hier drinnen,
den Mr. Faraday mir schützt.

Mag die Natur die Ihren strafen,
ich leide deshalb keine Qual.
Vielleicht werd ich nicht ruhig schlafen,
doch sicher schlaf ich allemal.

Easy Rider

Easy RiderHört sie übers Pflaster donnern,
Bull’n mit animal’scher Kraft,
Bass von Dreißig-, Vierzigtonnern,
riesig, nein, titanenhaft!

Erdgedröhn von ihren Hufen,
hoch es schallt zum Himmelsdach,
selbst die Hölle, unberufen,
macht nicht solchen Krach.

Tief die Treiber auf dem Nacken,
fest die Hörner angepackt,
Volk von schwarzen Lederjacken:
Schlage, Herz, im Kolbentakt!

Wie’s da weht um Helm und Hose,
wie die Landschaft rast vorbei!
Alles flattert, alles lose,
Ritt, so frisch und frei!

Wälder fliegen um die Ohren,
rasch pulsiert der Meilenstein,
irgendwas im Grün verloren,
Rehe mögen es wohl sein.

Eil mit ungebremster Wonne,
eile, dass du schneller bist
als die sinkende, die Sonne,
eh zu scheinen sie vergisst!

Tiefer noch an die Maschine,
ans metall’ne Tier!
Nase riecht am Gasoline
würzig im Visier.

Lasst es knattern, lasst es heulen,
sind kein Betverein.
Kesseln wollen wir und keulen –
lenken kurz nur ein.

Ungern wir entweichen
Sattel und Montur,
dass Zentaurn wir gleichen
doppelter Natur.

Höchstes der Gefühle:
Schwellendes Gebrumm,
anspringt unsre Mühle,
noch ein Kick und wumm!

Lang den Kurs wir lieben,
schimmernd den Asphalt,
ach, dahinzustieben,
so zur Kraft geballt!

Kick heißt unser Leben,
Harley unsre Braut!
He, so Gas zu geben!
Weh’, wenn sie erheben
‘ne Motorrad-Maut!