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Das Montagsgefühl

Das Montagsgefühl, Gustave CaillebotteDass Montag ist, das müsste reichen.
Doch wenn es kommt, dann kommt es dick.
Es regnet schier zum Steinerweichen
den Häusern grade ins Genick.

Der Mond, der sich mit feisten Backen
noch gestern durch die Lüfte blies:
verhängt von schwammigen Schabracken,
die man am Tage Wolken hieß.

Die unwägbaren Wassermassen
versickern in der Erde Bauch.
Ich kann vor Trübsal mich nicht lassen.
Und Zahnweh hab ich schließlich auch.

Kein Stern, der freundlich lächelnd leuchtet.
Den Kosmos lässt der Globus kalt.
Die Hand, die blau dies Blatt befeuchtet,
sucht krampfhaft sich am Kuli Halt.

Da raunt der Himmel sein Orakel
der Wolke über mir direkt:
Ich schschicke ttropfige Ttentakel,
ich bbleibe bbleiern ggrau bbedeckt.

Ja, leer nur weiter wie aus Kübeln
mir aufs Gemüt dein trübes Nass:
Da hab ich Zeit, um nachzugrübeln,
warum ich grad den Montag hass.

Kurzbesuch

Kurze MondphaseWie schön, zu dieser Dämmerstunde
im blassen Blau den Mond zu sehn,
sein Licht, geschrumpft zu halbem Runde,
fast glänzender sich noch ergehn.

Ihn scheint es wenig nur zu scheren,
dass er der Sonne Launen spürt,
die immer mindern will und mehren,
die Glut so gern wie Asche schürt.

Er tanzt auf unsichtbarem Seile
mit des Artisten Sicherheit
‘ne kurze, wunderbare Weile
grad unterm Zelt der Ewigkeit.

Ihm folgen eh‘r wir als dem Sterne,
der machtvoll uns die Tage schenkt
und ungeachtet seiner Ferne
die schwachen Lider uns versengt.

Das Feuer, das wir nicht ertragen,
in ihm gespiegelt wird es mild,
in ihm erschaun wir mit Behagen
der Sonne kühles Ebenbild.

Indes um Worte ich gerungen,
verschwand er mir vom Firmament.
Die Finsternis hat ihn verschlungen,
wo jetzt ein Stern als Grablicht brennt.

Imagepflege

ImagepflegeWer hat dir diesen Namen, der so dröhnt, verliehen,
wer weihte dich dem Wütrich mit dem Hammerschlag?
Ich seh dich sang- und klanglos ja vorüberziehen,
in Windeseile wie gewöhnlich, Donnerstag.

Kaum würd ich deines Auftritts heut mich noch entsinnen,
wär’s beim Lever nicht stets das gleiche Ritual –
mit Katzenwäsche einen neuen Tag beginnen,
dann Frühstück fassen: Brötchen oder Toast nach Wahl.

Und auch danach kann deine Fährte ich nur finden,
weil ich wie stets die Zeit mir im Büro vertreib,
um größtenteils in klugen Worten mich zu winden,
die aus dem Hals ich hauche oder niederschreib.

Du lebst ja nicht im Striche kräftiger Konturen –
als vager Abglanz nur der Dinge, die geschehn.
Auch heute hab ich auf des Klappkalenders Spuren
nur flüchtig dich mit deinem Kürzel „Do“ gesehn.

Kannst, graue Maus, du dich nicht endlich mal ermannen?
Renn doch nicht immer fix und feige aus dem Blick!
Die Götterkeile, lass mit Stürmen sie bespannen
und stolz als deine Boten auf die Erde schick!

Wo nicht, dann lass dich doch auf andre Weise spüren:
Die Mittagssonne färbe grün am Firmament,
zeig blond und busig uns die wackeren Walküren,
`nen armen Sünder, der im Fegefeuer brennt!

Bestirn die Nacht mit Diamanten, Amethysten,
dem vollen Mond gib – Punkt, Punkt, Bogen – ein Gesicht,
lass Rosen blühen an den sand`gen Meeresküsten,
die man für Nixen, zum Verlieben schön, nur bricht!

Hör auf, so blutlos schemenhaft davonzuhuschen,
und würdig deinen mächt`gen Namen wieder trag.
Lass dir nicht mehr ins altverbriefte Handwerk pfuschen:
Sei wieder Donnerstag, der mit dem Paukenschlag!

Ein windiger Tag

Ein windiger TagWind, Wind, warum denn dieses Feuer,
das deiner Lunge du entringst,
dass mit `ner Glut, die ungeheuer,
du gar das Meer zum Kochen bringst?

Was für ein Wellen und ein Wogen
hast aus dem Wasser du gestampft,
mit Wolkenqualm es überzogen,
wie er in Hexenküchen dampft!

Vom Mond natürlich keine Rede
und von den Sternen keine Spur –
wie immer liegst du ja in Fehde
mit andern Mächten der Natur.

Wie gierig saugst du an den Spitzen,
die aufgeworfen deine Wut,
dass weißen Gischt sie um sich spritzen
als ihrer Adern salz`ges Blut!

Wie sinnlos wirfst du auf die Klippen
die Brandung, die sich panisch bäumt
und, Hals gebrochen jäh und Rippen,
verebbend sich im Meer verschäumt!

Hier lass ich mein Lamento enden,
weil ich zu Hause angelangt
und mir in sturmerprobten Wänden
nicht vor dem Ohrenbläser bangt.

Doch da er sich in seiner Hitze
auch polternd gegen Türen stemmt,
hab ich die meine an der Ritze
schön mit `nem Zettel festgeklemmt!

Dämmertörn

DämmertörnUnd wieder lauern vor der Flinte
die flüchtigsten Gedanken mir,
dass ich sie schieße und in Tinte
aufs Blatt, auf meine Strecke schmier.

So flüchtig etwa wie der Schimmer,
der westlich noch das Meer bedeckt,
als in der Dämmrung ich wie immer
die Nase in den Wind gesteckt.

Ein zart orangefarbner Streifen
lag hell noch überm Horizont,
um bis zu`n Bergen auszugreifen,
die kalt schon warn und unbesonnt.

Doch wie ich schlurfe so und schaue,
verändert sich die Szenerie:
Das Abendrot mutiert ins Graue –
so rasch indes wie Gene nie.

An einen Vorhang musst ich denken,
der stets im Hintergrund bereit,
sich zügig nach dem Akt zu senken,
bevor noch jemand Beifall schreit.

Ich latsche, latsche und ich lande
im leeren Kinosaal der Nacht.
Zum Glück war seitlich überm Strande
der Mond noch nicht ganz ausgemacht.

Der hing da noch als Deckenlampe,
zur Sichel sparsam abgedimmt,
hoch über der verwaisten Rampe,
dass wenigstens die Richtung stimmt.

So hab ich gut nach Haus gefunden,
den Blick nach oben stets gewandt,
vom Lichte, diesem schmalen, runden,
geführt an kosmisch langer Hand.

Und dann vergingen nur Minuten,
bis ich zur Flinte wieder griff
und mir, wie schon gesagt, ihr Guten,
die Kugel um die Ohren pfiff!

Von Mond zu Mond

Von Mond zu MondErst jetzt vor wenigen Minuten
hab kurz den Schimmer ich gespürt,
der auf des Himmels dunklen Routen
den Mond auf seinem Wege führt.

Doch eh ich mehr noch sehen konnte,
war hinter Dächer er entflohn
und der von diesem bleich Besonnte
längst über alle Berge schon.

Grad heute find ich’s jammerschade,
dass mir sein kühner Flug entging,
wo ich doch sonst an seinem Pfade
mit des Poeten Treue hing!

Der Herbst bestimmt die Wetterlage
nach allen Regeln seiner Kunst –
halkyonisch schon die letzten Tage,
die Abende mit leichtem Dunst.

Und auf den hohen Himmelsauen,
da wo der Wind die Schäfchen treibt,
wie zaubrisch wär er anzuschauen,
der Mond im Nebel, lichtbeleibt!

Verpasst nun mal. Doch gut zu wissen,
dass der Trabant noch länger kreist,
und wenn wir heute ihn vermissen,
er morgen umso schöner gleißt.

Was macht es, wenn um tausend Meilen
ich meine Bleibe dann verlegt?
Er wird sie immer mit mir teilen,
solang mein Herz noch für ihn schlägt.

Mondlose Nacht

Mondlose NachtAnstatt massiv sich aufzustauen,
verteilten übern Himmel sich
die Wolken, die beim Mondbeschauen
mir andernfalls sehr hinderlich.

Doch war die Sicht auf den Trabanten
auch so noch völlig ungewiss,
da Nebel ihre Netze spannten
zum Trocknen in die Finsternis.

Und warn auch winzig ihre Maschen,
es schlüpften immer wieder doch
die Schauer durch, die kurzen, raschen,
und machten alles trüber noch.

Was letztlich nicht verhindern sollte,
dass er verschwommen wo zu sehn.
Doch ich konnt glotzen, wie ich wollte,
er ließ mich heut im Regen stehn.

Da fing es langsam an zu dämmern
dem Hirn, das manchmal sich verrennt,
dass sie nicht jeden Abend hämmern
die Scheibe da ans Firmament.

Prosaischer gesprochen: Nächte,
in denen dieser Spaß entfällt,
sind mondlos und nach höchstem Rechte
den andern völlig gleichgestellt.

Mag astronomisch das auch stimmen,
wird’s dicht’risch auf den Punkt gebracht:
Sieht Mondlicht man in Wolken schwimmen,
erschaut das Urbild man der Nacht!

Der Dauerbrenner

Der DauerbrennerWie könnte ich mich denn enthalten,
zu feiern seine Wiederkehr?
Gehört er nicht zu den Gestalten,
dern Tod uns unerträglich wär?

Seitdem wir in der Wiege lagen
und stumm uns in die Welt gestaunt,
kam er mit leisem Flügelschlagen,
uns freundlich in die Kammer schau’nd.

Und in dem zauberischen Schimmer,
den um die Schläfen er uns wand,
zerging der schwarze Schatten immer,
der groß in jedem Winkel stand.

Als später dann mit glühnden Wangen
die ersten Küsse man getauscht,
hat lächelnd uns sein Blick umfangen,
da wo im Park die Eiche rauscht.

Erinnert euch der vielen Stunden,
die er geheimnisvoll erhellt,
und jeder Fessel euch entbunden
an diese trübe Erdenwelt!

Er ist nun mal nicht wegzudenken
aus unsrer aller Lebenslauf –
ein Kork, der niemals zu versenken,
taucht jede Nacht er wieder auf.

Und treuer ist er uns geblieben
als alles, was wir sonst gewohnt:
Dahin so viele schon der Lieben,
lebendig leuchtend noch der Mond!

Bei Mondschein wieder

Bei Mondschein wiederDer Vorhang, halb nur zugezogen,
gab mir ein Stückchen Himmel frei,
da kam doch grade angeflogen
des Mondes volles Konterfei.

Im Nu er meine Augen bannte,
dass unbewegt sie hingestarrt,
wie kurz er auf der Häuserkante,
doch nirgends sonst im Raum geharrt.

Da war auch nichts, ihn abzufedern
an Wolken in dem ganzen Lauf,
er glitt wie auf geölten Rädern
bis zum gewohnten Gipfel auf.

Nun, auch fürn lustigen Trabanten,
der nächtlich seine Späße treibt,
hockt man nicht ewig in den Wanten,
nicht unbegrenzt im Ausguck bleibt.

Ich musste mich um andres kümmern,
was wichtiger als Nacht und Mond:
mit Lyrik eine Welt zertrümmern,
in der zu leben sich nicht lohnt.

Was, edler Leser, einst zu schaffen,
gerechtem Zweifel unterliegt,
da mit den rein poet‘schen Waffen
man höchstens über Herzen siegt!

Doch schön und gut, die Illusionen,
sind sie das Salz nicht im Gedicht?
Ich werd die Missgeburt nicht schonen,
solang die Muse für mich ficht!

Flohzirkus

FlohzirkusDa strahlt er mitten überm Meere
Zufriedenheit behäbig aus,
als ob zu Füßen ihm nur wäre
ein einz’ger großer Augenschmaus.

Der Zustand scheint ihn nicht zu scheren,
in dem sich der und der Bereich,
er muss die Erde überqueren
und findet überall sie gleich.

Na gut, aus der enormen Höhe
nimmt er ja nur das Gröbste wahr,
Globalstrukturen und nicht Flöhe
wie diese Tier- und Menschenschar.

Und wenn, dann säh er nur Gewusel,
Gekrabbel ohne Ziel und Zweck,
als stünden alle unter Fusel
und hätten alle einen weg.

Das wär noch das geringste Übel,
dass man aufs Saufen nur erpicht
und hauptbeschäftigt mit dem Kübel,
in den man seinen Bauch erbricht.

Doch diese Hektik hat hienieden
durchaus und leider ihren Sinn:
Sie dient dem Krieg und nicht dem Frieden
und nur persönlichem Gewinn.

Die kurze Sicht: fürn Mond ein Segen,
der ja nur ewig abwärts schaut.
Sonst würd es Ekel ihm erregen,
der ihm die ganze Tour versaut.