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Im Laufe des Abends

Im Laufe des AbendsSchon sammeln sich die Schatten wieder
zum stillen Trauerflug der Nacht,
noch ohne Flitter ihr Gefieder –
nur hier und da ein Licht erwacht.

Noch huschen zwischen den Fassaden
wie Fledermäuse ohne Laut
die Tauben, gleichsam aufgeladen,
wie man so weiß sie blitzen schaut.

Das Lied der Straße ist verklungen.
Nur selten, dass sich noch entringt
ein schwacher Seufzer ihren Lungen,
der kaum bis zu den Traufen dringt.

Von Zeit zu Zeit gehn noch Passanten,
sind es noch Menschen oder nicht?,
so ohne Ecken jetzt und Kanten,
gespenstisch ohne Angesicht.

Bald sind auch sie nicht mehr zu sehen.
Was jetzt noch dämmernd, ungewiss,
wird bald mit beiden Beinen stehen
im tiefsten Sumpf der Finsternis.

Ich bohre ja mit meiner Feder
mich selber immer tiefer rein –
zieh noch bei Helligkeit vom Leder
und fechte noch bei Mondenschein.

Grad da ich diese Strophen schreibe,
denk unvermittelt ich: Wie spät?
Ich heb den Blick zur Fensterscheibe:
Kohlschwarze Flur, mit Gold besät.

Die Nacht ist weit schon fortgeschritten,
seitdem das erste Zeilenpaar
noch zögernd übers Blatt geglitten,
sich wohl bewusst der Sturzgefahr.

Da glimpflich nun die Kür gelaufen
und nicht ins Stolpern mehr geriet,
reicht wohl auch dieser Letternhaufen
für ein (zehn Strophen) großes Lied.

Du hättest auch mit neun begriffen,
o Les’rin, dass ich Schluss gemacht –
meine Maniern indes, geschliffen,
sie wünschen dir noch Gute Nacht!

Vor Einbruch der Nacht

Vor Einbruch der NachtNoch ist die Nacht nicht angebrochen.
Noch sieht man Farbe und Kontur.
Doch Schatten kommen angekrochen,
verdüstern langsam den Azur.

Rings überall auf den Fassaden
glimmt hier und da schon fahles Licht.
Und grelles, wo ein Kaufmannsladen
sich späte Kundschaft noch verspricht.

Wie sich die Schatten weitertasten!
Das letzte Blau schon aufgeleckt!
Dafür der Kopf der Peitschenmasten,
der glüh’nd sich übers Pflaster reckt!

Die wilde Mähne der Platanen,
im Punkerlook noch grade grün,
lässt nichts mehr von Pigmenten ahnen,
wie sehr sich auch die Augen mühn.

Die Straße ist in Sott versunken
(d. h. der kleine Ausschnitt meiner Welt),
betupft nur von den müden Funken,
die kunstvoll künstlich hergestellt.

Mein Kerzchen nur bei dem Geschehen
scheint recht in seinem Element:
Vorhin im Dämmer kaum zu sehen
und jetzt: Als ob die Hütte brennt’!

Wie gern in seinem warmen Scheine
ich über Zeiln und Strophen brüt,
bis mir ein Eifisch an der Leine
(hier hab zwei Bilder ich bemüht!).

Die Nacht ist nun ein Stückchen weiter.
Sporadisch nur noch Stadtverkehr,
nur noch ein später Pflasterschreiter,
das Halali der Feuerwehr.

Bald wird auch dieses ganz verstummen –
wenn Mitternacht erst mal vorbei.
Er dann auf Touren noch, auf krummen,
tut alles, dass er leise sei.

So geht das bis zur Morgenstunde,
wenn sich ein neuer Dämmer regt,
den wenig später, Gold im Munde,
Aurora schon zu Grabe trägt.

Als Freund des Pegasus indessen
verschlaf ich stets das Morgengraun,
hab lang im Sattel ja gesessen,
muss spätfrüh drum aufs Ohr mich haun.

Und noch bei Dunkelheit ich führe
den Klepper wieder in den Stall.
So ist es Sitte (nicht Allüre!)
beim Dichter, bei der Nachtigall.