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Lernhilfe

Um reinen Wein euch einzuschenken:
Ich tu mich mit der Sprache schwer,
mag Hirn und Zunge mir verrenken –
ein Kloß sitzt mir im Rachen quer.

Und das nach einem Dutzend Jahren,
die winters ich im Land verlebt,
um ‘nen Thesaurus anzusparen,
in dem sich’s leicht nach Worten gräbt.

Entschuldigung: Mir fehlt indessen
die stete Übung, Tag für Tag,
mit denen, die hier eingesessen,
und ihrem fremden Zungenschlag.

Ich bin durchaus nicht faul gewesen,
hab mich mit Texten rumgequält.
Erfolg: Jetzt kann ich besser lesen
als schnallen, was man mir erzählt.

Soll etwa schriftlich ich verkehren
mit meiner werten Nachbarschaft,
Gespräche gleichsam so entbehren
wie’n Sittenstrolch in Einzelhaft?

Da wär vielleicht die Pfingstmethode
nach Doktor Sanctus Spiritus,
seit Ewigkeit ja schon in Mode,
die endlich ich probieren muss!

Aus diesem Grund kann ich nur hoffen,
dass meinen Wunsch er sich notiert
und, für dergleichen Nöte offen,
mich rasch mit seiner Kur traktiert.

Dann müsste hier die Bude beben,
dass alles wackelt, wankt und klirrt,
und sich dazu ein Wind erheben,
als ob ein Engelsflügel schwirrt.

Und das nur wenige Momente,
im Nu hätt sich der Spuk verlorn –
doch wären meine Sprachtalente
mit einem Mal wie neugeborn!

Was stets mir spanisch vorgekommen
und es in Wirklichkeit auch war,
dräng plötzlich nicht mehr nur verschwommen
in mein geneigtes Ohrenpaar.

Müsst nicht mehr um Verständnis ringen
und, was noch wunderbarer ist,
mir selber von den Lippen gingen
die Worte ohne Galgenfrist.

Ja, selbst die größten Sprachexoten,
an denen man noch schwerer kaut,
von Fidschi die und den Lofoten,
sie klängen mir wie Mutterlaut!

Doch auf den Therapeuten eben
vorerst ich leider warten muss.
Zwei Wochen will ich ihm noch geben –
dann kann er mich, der Luftikus!

Gott im Azur

Gott im AzurDie Gegenwart des Religiösen
besticht in mancherlei Konnex,
ist mehr als nur im Dämmer dösen
der Sonntagspredigt, Tobit sechs.

Wie oft man noch in Häuserwände
ein kleines Tabernakel bohrt
der Jungfrau, dass sie Segen spende,
von frischen Farben stets umflort!

Doch auch der Trucker, dass den Laster
durch allerlei Gefahrn er führ,
trägt gern als Trost- und Heilungspflaster
ein Jesus-Poster an der Tür.

Und wie viel Feste sie noch feiern,
die ihren Heiligen geweiht –
nicht um sie lustlos abzuleiern,
nein, froh trompetet und schalmeit.

Ist etwa irgendwo erkoren
der hl. X zum Ortspatron,
dann hat für Kinder, hier geboren,
man meist auch einen Namen schon.

Na, und die Glocken, wie sie läuten,
auch wenn man nicht zur Messe muss –
nur um dem Gläub’gen zu bedeuten:
Die Hände hoch zum Angelus!

Da sollte es doch Wunder nehmen,
ließ man die Taube aus der Hand,
um mit ‘nem Spatz sich zu bequemen,
der doch dem Geist nicht grad verwandt!

Derselbe wurd ja ausgegossen
zu Pfingsten, wie die Kirche lehrt,
und kommt hier doch ins Hirn geschossen
an einem Tag nur hochverehrt.

Kein Gottesdienst, die Läden offen –
ein Montag ohne Festlichkeit.
Da heißt es, auf die Heil’gen hoffen:
Der nächste steht schon wo bereit!

Fehlprognose

FehlprognoseWas haben unsre Wetterfrösche
vor Pfingsten noch so laut gequakt –
die Sonne gar nicht mehr verlösche,
ein Superfest sei angesagt!

Holt eure Räder aus dem Schuppen,
macht euren Grill gefechtsbereit,
versammelt eure Freundestruppen
zu kollektiver Fröhlichkeit!

Je näher diesen Feiertagen
wir aber auf den Pelz gerückt,
schien desto sich‘rer umzuschlagen
die Stimmung, die so hoch entzückt.

Zu Pfingsten selbst ist nichts geblieben,
die ganze Euphorie lag flach.
Die Sonne war fast abgeschrieben,
es plätscherte aufs Studiodach.

Natürlich hat’s die Mikro-Meister
gebracht nicht aus der Grinsespur –
sie drehn auch weiter immer dreister
umsonst am Knopfe der Natur.

Da ähneln sie den Astrologen,
die x-mal in die Irre gehn
und einmal dabei unbetrogen
sich wunderbar bestätigt sehn.

Man kann durchaus ja falsch mal liegen –
Gewitterfront statt Sonne satt!
Doch ein „Bedaure!“ mal zu kriegen,
das steht auf einem andern Blatt!

Schnellimbiss

SchnellimbissWolln wir ‘ne kleine Pfingsttour machen?
Hier in der Stadt nur irgendwo?
Erst heute Abend soll es krachen,
bis dahin Sonne lichterloh.

Na, denn mal los ins Waldgehege,
wir wollen schließlich nichts entbehrn.
Da gibt es schatt’ge Wanderwege
und eine Krippe, einzukehrn.

Die Einkehr ham wir vorgezogen,
weil uns der Magen dran gemahnt,
dass, falls um seine Kost betrogen,
ihm fürn Spaziergang Schlimmes schwant.

Rouladen denn mit Rotkohl bitte!
Und Bratkartoffeln gerne auch!
Oh, selbst der nicht vorhandne Dritte
wär voll geworden wie ein Schlauch!

Im schönsten Eifer des Genusses –
o zartes Fleisch, o weicher Speck! –
das harte Echo eines Schusses:
Gewittergrummeln, ach, du Schreck!

Da trommeln schon mit wilden Hieben
die Wassermassen auf das Zelt.
Den Rotkohl schnell ins Mäulchen schieben,
Kartoffeln, was das Zeug nur hält!

Zum Auto sind’s nur ein paar Schritte,
wir durch den Regen, husch, husch, husch,
die Zündung an, ab durch die Mitte!
Ein Donnerschlag als Abschiedstusch.

 

Pfingstwunder

PfingstwunderWie gerne hätt ich mehr berichtet
und was, das aus dem Rahmen fällt –
doch Wunder hab ich nicht gesichtet
und nichts, was man so dafür hält.

Die Tage sind im Nu verronnen.
Es hat geregnet, Wind geweht.
Des Mais berühmte Wärmewonnen
verschaffte mir ein Heizgerät.

An draußen mocht ich gar nicht denken.
Von Frühlingssonne keine Spur.
Auf allen Park- und Wiesenbänken
statt Liebespaaren Wasser nur.

Auch sonst von Schnäbeln nichts zu sehen:
Die Enten, ungefüttert nun,
beleidigt in die Binsen gehen,
wo sie an Grün sich gütlich tun.

Dann lieber in der Bude bleiben –
ein Tässchen Kaffee, Buch zur Hand,
und wenn’s dich juckt, die Nase reiben
so ganz privat und unerkannt.

Doch weiß ich nicht, woran’s gelegen
(war’s diese Stille weit und breit?),
dass ein Gefühl sich wollte regen
von irgendeiner Festlichkeit.

Na, typisch für die Feiertage –
was ist daran verwunderlich?
Der Geist des Weines, beste Lage,
kommt dann doch immer über mich!

 

Schöne Feiertage

Schöne FeiertageBis Pfingsten nur noch zehn Minuten.
Auf Mitternacht der Zeiger kreist.
So seh den Samstag ich verbluten.
Ein neuer Tag, ein neuer Geist?

Jetzt ist die Grenze überschritten.
Kein Knall indes zerriss die Ruh.
Bin sanft darüber weggeglitten –
mit Pinsel, Kerze und „Fitou“.

Auch draußen alles noch beim Alten.
Fassaden, Bäume, Neonlicht,
gewohnt, die Normen einzuhalten.
Und niemand, der mit Zungen spricht.

Noch immer flüstert leis der Regen
sein feierliches Nachtgebet
dem Pflaster und Asphalt entgegen,
der halb schon unter Wasser steht.

Doch halt! Dies Plätschern, unverdrossen,
sollt dies vielleicht das Zeichen sein
für jenen Geist, der „ausgegossen“,
den Jüngern Flügel zu verleihn?

Ist es dem Himmel zuzutrauen,
dass Schauer er vom Stapel lässt,
um eine Kirche drauf zu bauen,
die gleich von Anfang an durchnässt?

Nun, die Geschichte mag uns lehren,
dass jene nicht gebaut auf Sand.
Die weiße Taube konnt sich nähren,
weil stets sie wo ein Körnchen fand.

Es muss an andren Gründen liegen,
dass just zu diesem Gründungsfest
dir Tropfen um die Ohren fliegen
wie Wespen um ein Wespennest.

Ja, so weit geh ich gar zu glauben,
dass unser Wetter, wie’s auch sei,
von irgendwelchen Daumenschrauben
himmlischer Folterknechte frei.

So ist’s ein Tag wie jeder neue,
dem dichtend ich entgegensann –
und mich als Rentner nicht mal freue,
dass zweimal lang ich schlafen kann!