Zur Unzeit

Zur UnzeitIst da vielleicht was schiefgelaufen?
Wir haben ja schon Anfang Mai –
und Wasser muss die Erde saufen,
als wär’s der süße Märchenbrei.

Die Sintflut will partout nicht stoppen,
vom Himmel rauscht es wie verrückt –
ein Wetterchen, um Skat zu kloppen
im Winkel, den ein Ofen schmückt.

Die armen Bäume da am Wege,
wie’s denen auf die Ohren knallt –
wie Watschen links und rechts und schräge
brutal in ihren Blätterwald!

Und auch den leidgeprüften Ziegeln,
der Dächer schützend schupp’ge Haut,
sieht man den kahlen Scheitel schniegeln
was in den Wolken ausgebraut.

Wenn’s noch April wär, meine Güte!,
man nähm es ja gelassen hin –
doch jetzt im Mai fehlt dem Gemüte
für diesen Schweinkram jeder Sinn!

Wer trägt die Schuld an der Misere?
Sankt Peter, Zufall, die Natur?
Oder gibt Homo sich die Ehre:
„Allgegenwärtig meine Spur!“

Egal. Hiermit ich appelliere
an Noah, Zeus, den Drachengott:
Bewegt doch endlich die Scharniere
und schließt das leid’ge Schleusenschott!

Wahrscheinlich hat es eh verschlafen
so’n Schnarchhahn aus dem Götterkreis,
der da im ew’gen Heimathafen
von Zeit und Stunde nichts mehr weiß.

Doch andrerseits: Ich fress ‘n Besen,
macht’s wer da auf die schnelle Tour.
Man hat ja Einstein auch gelesen
und misst nicht mit der Erdenuhr.

So will ich in Geduld mich üben.
Zumal ich nicht des Trostes bar:
Schlürf ich nicht Wein in kleinen Schüben,
nicht Sonne vom vergangnen Jahr?

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